Klasse LMP1: Rennen
Die Piloten Earl Bamber (NZ), Nico Hülkenberg (DE) und Nick Tandy (GB) sahen mit dem 919 Hybrid auf den Tag genau 45 Jahre nach dem ersten Porsche-Gesamtsieg an der Sarthe als Erste die Zielflagge. Das Schwesterauto mit dem Fahrer-Trio Timo Bernhard (DE), Brendon Hartley (NZ) und Mark Webber (AUS) machte den Triumph mit Platz zwei perfekt. Romain Dumas (FR), Neel Jani (CH) und Marc Lieb (DE) brachten den dritten Porsche 919 Hybrid auf Platz fünf ins Ziel.
Bei der 83. Auflage des 24-Stunden-Rennens in Le Mans wurde der komplexe Rennwagen maximal gefordert. Aufgrund der immensen Leistungsdichte, insbesondere zwischen den drei Porsche 919 Hybrid und den Prototypen von Audi, wurde das Rennen zwei Mal rund um die Uhr praktisch im Qualifying-Modus ausgetragen. Im Abschlusstraining belegten die drei Porsche nicht nur die Plätze eins bis drei, sondern stellten auch einen neuen Qualifying-Rundenrekord für die 13,629 Kilometer lange Strecke auf. Spitze waren darüber hinaus auch die Boxenstopps: Die Mannschaft an der Porsche-Garage fertigte ihre drei Prototypen regelmäßig bedeutend schneller ab, als dies der Konkurrenz gelungen war.
Der siegreiche Prototyp mit der Nummer 19 war als Dritter ins Rennen gegangen, in der Anfangsphase sogar bis auf Position acht zurückgefallen und dann lange Sechster. Es ist ausgerechnet die Rookie-Besetzung, die den Klassiker gewann. Weder Formel-1-Pilot Nico Hülkenberg – der als Start- und Zielfahrer die emotionalsten Momente des Rennens aus der Cockpitperspektive erleben konnte – noch Earl Bamber brachten Le-Mans-Erfahrung mit. Nick Tandy, der dritte Fahrer im Siegertrio, hatte immerhin bereits zwei 24-Stunden-Rennen in Le Mans für Porsche in der GT-Klasse absolviert. Mit superschnellen Runden, hoher Konzentration und Souveränität fuhren die drei ein fehlerfreies Rennen und verdienten sich so den Sieg.
Porsche ist der erfolgreichste Hersteller in Le Mans
Zu Beginn des materialmordenden Marathons hatte der Porsche mit der Nummer 17 das Feld angeführt. Er wurde allerdings am Ende des ersten Renndrittels durch eine einminütige Stop-and-Go-Strafe auf Platz vier zurückgeworfen. Timo Bernhard, Brendon Hartley und Mark Webber ließen sich nicht aus der Ruhe bringen und fuhren nach einer Aufholjagd noch bis auf Platz zwei vor.
Die Besatzung des dritten 919 Hybrid hatte ein vergleichsweise schwieriges Rennen. Pole-Mann Neel Jani verlor kurz nach dem Start die Führung an Timo Bernhard, phasenweise kämpften die Fahrer mit der sensiblen Bremsstabilität ihres Autos, und zwei kleinere Ausritte erschwerten den Vorwärtsdrang zusätzlich. Mehr als Platz fünf ließ die Chronologie der Ereignisse für das schnelle Trio mit der Nummer 18 diesmal nicht zu.
Keine andere Marke hat beim härtesten Langstreckenrennen der Welt so viele Erfolge vorzuweisen und ist so eng mit dem Mythos Le Mans verknüpft. Auch der bis dato letzte Sieg war ein Doppelsieg gewesen, 1998 angeführt von Allan McNish/Laurent Aiello/Stéphane Ortelli im Porsche GT1.
Erst im vergangenen Jahr war Porsche, angezogen vom neuen Effizienzreglement, in die Topklasse des Langstreckensports zurückgekehrt. Im Entwicklungszentrum Weissach entstand das technologisch anspruchsvollste Fahrzeug des gesamten Starterfeldes. Der Porsche 919 Hybrid bringt es mit einem hochmodernen Downsizing-Turbomotor und zwei Energierückgewinnungssystemen auf rund 1000 PS Systemleistung und funktioniert als rasantes Forschungslabor für maximale Effizienz zukünftiger Straßensportwagen.
Klasse LMP1: Stimmen zum Rennen
Matthias Müller, Porsche-Chef: „Dieser Doppelsieg in Le Mans ist ein grandioser Erfolg, von dem wir nicht zu träumen gewagt hätten. Das Team hat über drei, vier Jahre einen Bombenjob gemacht und diesen Erfolg verdient.“
Wolfgang Hatz, Vorstand Forschung und Entwicklung: „Ein Le-Mans-Doppelsieg im zweiten Einsatzjahr ist der Lohn für den Mut unserer Ent-wickler – bei der Konzeption des 919 Hybrid und für den großen Einsatz von 230 Mitarbeitern.“
Fritz Enzinger, Leiter LMP1: „Schon bei unserem zweiten Versuch den 17. Gesamtsieg für Porsche zu holen, ist eine unglaubliche Leistung. Ich kann nur danke sagen an diese Mannschaft. In den vergangenen dreieinhalb Jahren ist ein fantastisches Team entstanden, das einfach Spaß am Sport hat, das hundert Prozent Einsatz gibt. Der ganze Vorstand stand von Anfang an voll hinter uns. Dass wir es heuer schon geschafft haben, werde ich wohl erst in paar Tagen richtig begreifen. Ich weiß, wie viele Kollegen sich ganz diesem Ziel verschrieben und es mit immensem Einsatz verfolgt haben. Noch mal danke an alle – wir sehen uns zum Feiern in Weissach.“
Andreas Seidl, Teamchef LMP1: „Zu diesem Erfolg fehlen mir eigentlich die Worte. Wir können noch gar nicht fassen, was wir da erreicht haben. Eine sensationelle Belohnung für die harte Arbeit, die das ganze Team hier an der Strecke und daheim in Weissach in den vergangenen dreieinhalb Jahren geleistet hat.“
Alexander Hitzinger, Technischer Direktor LMP1: „Wir sind super glücklich und zufrieden. Das Gefühl, Le Mans zu gewinnen, ist unbeschreiblich. Ich freue mich irrsinnig für das Team, das so viel Herzblut und harte Arbeit in dieses Projekt gesteckt hat.“
Timo Bernhard: „Hut ab vor den Kollegen der Nummer 19, sie sind ein sehr starkes Rennen gefahren. Wir waren gut unterwegs, hetzten aber der Zeit hinterher, die wir uns durch die Stop-and-go-Strafe eingehandelt haben.“
Brendon Hartley: „Auf der letzten Runde sind mir die Tränen gekommen. Für dieses Ergebnis haben alle so hart gearbeitet! Unser Traum war es, aufs Podium zu kommen. Einfach unglaublich.“
Mark Webber: „Mein Rennen war unproblematisch, der Porsche 919 Hybrid lief tadellos. Mit einem Satz Reifen kamen wir vier Stints weit. Glückwunsch an die Jungs vom Schwesterauto mit der 19.“
Romain Dumas: „Das ist ein toller Erfolg für Porsche. Leider hatten wir mit unserem Auto einige Probleme, die uns früh zurückgeworfen haben. Aber so ist es nun einmal. Das Wichtigste ist, dass wir gezeigt haben, dass Porsche in Le Mans gewinnen kann.“
Neel Jani: „Wir haben eher ein schwieriges Rennen erlebt. Aber wir sind ins Ziel gekommen und nehmen Punkte für die Meisterschaft mit. Für das Porsche Team ist der Doppelerfolg natürlich toll.“
Marc Lieb: „Es ist ein großartiger Tag für das gesamte Team und für Porsche. Für unser Rennen hatten wir uns mehr ausgerechnet. Es war einfach nicht unser Tag. Trotzdem feiern wir heute Abend.“
Earl Bamber: „Das ist wirklich ein unglaubliches Gefühl. Ich habe mich über jeden einzelnen Stint gefreut. Für mich war es ein sehr langer Tag. Aber jetzt bin ich trotzdem voller Adrenalin und hellwach.“
Nico Hülkenberg: „Ich habe jeden Moment genossen, diese Autos bereiten großen Spaß. Das Tempo war enorm hoch, das hatte ich von einem Langstreckenrennen so nicht erwartet. Und ich hätte nie damit gerechnet, diesen Klassiker sofort beim ersten Mal zu rocken – angesichts der vielen Herausforderungen wäre das auch dumm gewesen.“
Nick Tandy: „Das ist so ein fantastischer Tag. Ich kann es gar nicht glauben, dass ich jetzt mit Porsche Le-Mans-Sieger bin.“
Klasse LMP1: Ergebnis
1. Hülkenberg/Tandy/Bamber (DE/GB/NZ), Porsche 919 Hybrid, 395 Runden
2. Hartley/Webber/Bernhard (NZ, AUS/DE), Porsche 919 Hybrid, 394
3. Tréluyer/Lotterer/Fässler (F/DE/CH), Audi R18 e-tron quattro, 393
4. Di Grassi/Duval/Jarvis (BRA/F/GB), Audi R18 e-tron quattro, 392
5. Jani/Dumas/Lieb (CH/F/DE), Porsche 919 Hybrid, 391
6. Wurz/Sarrazin/Cornway (A/F/GB), Toyota TS 040, 387
Klasse GT: Rennen
Patrick Dempsey hat mit Porsche seinen größten Erfolg als Rennfahrer gefeiert. Mit dem 470 PS starken 911 RSR von Dempsey Proton Racing kam der US-Schauspieler bei der 83. Auflage des Langstreckenklassikers in Frankreich vor mehr als 260.000 Zuschauern als Zweiter der Klasse GTE-Am ins Ziel. Seine Teamkollegen bei seinem dritten Start mit Porsche in Le Mans waren Porsche-Werksfahrer Patrick Long (USA) und Marco Seefried (Wildschönau), mit denen er 2015 erstmals die komplette Sportwagen-Weltmeisterschaft WEC bestreitet.
Mit dem 911 RSR zeigten sie bei ihrem ersten gemeinsamen Le-Mans-Auftritt eine starke Teamleistung. Vor allem in der Schlussphase des härtesten Autorennens der Welt nutzten sie ihre Chance: Nachdem sie am Morgen etwas zurück gefallen waren, eroberte Patrick Long um die Mittagszeit nach hartem Kampf den dritten Platz zurück. Beim nun schon zwölften Le-Mans-Start seiner Karriere schöpfte er mit seiner Klasse und seiner Routine das volle Potenzial des 911 RSR mit der Startnummer 77 aus und legte damit den Grundstein zum Erfolg. Le-Mans-Neuling Marco Seefried passierte die Ziellinie nach einem fehlerlosen letzten Stint schließlich als Zweiter.
Auf Podiumskurs lag bis dreieinhalb Stunden vor dem Ziel auch der vom Porsche Team Manthey eingesetzte 911 RSR mit Michael Christensen (Dänemark), Richard Lietz (Österreich) und Jörg Bergmeister (Langenfeld). Doch zwei Boxenstopps mit Reparaturarbeiten kosteten das Trio insgesamt mehr als 30 Minuten und dadurch den scheinbar schon sicheren dritten Platz. Bereits nach der ersten Rennstunde war am Samstag wegen eines Defekts im Antriebsbereich der Le-Mans-Traum ihrer Werksfahrerkollegen Patrick Pilet (Frankreich), Frédéric Makowiecki (Frankreich) und Wolf Henzler (Nürtingen) geplatzt.
Klasse GT: Stimmen zum Rennen
Frank Walliser, Leiter Motorsport: „Heute ist ein großer Tag für Porsche. Wir sind alle stolz auf die Fahrer, die für Porsche den 17. Gesamtsieg in Le Mans geholt haben. Aus GT-Sicht war es leider nicht das Le Mans, das wir uns vorgestellt hatten. Von der Strategie her waren wir gut aufgestellt, sind mit der Startnummer 91 auch ein gutes Rennen gefahren, hatten dann aber technische Probleme mit unseren 911 RSR, die uns zurück geworfen haben. Umso erfreulicher ist, dass der baugleiche 911 RSR in der Klasse GTE-Am mit Patrick Dempsey, Patrick Long und Marco Seefried auf dem hervorragenden zweiten Platz ins Ziel gekommen ist.“
Richard Lietz: „Das Fahren hat sehr viel Spaß gemacht, in der Nacht haben wir uns sogar bis auf Platz zwei vorgekämpft. Zum Schluss hatten wir mit dem Stoßdämpfer Pech. Wir haben auf jeden Fall sehr viel gelernt. Ich freue mich schon auf Le Mans 2016.“
Michael Christensen: „Mein erstes Le Mans war ein unvergessliches Erlebnis. Meine Teamkollegen haben mir von diesem Rennen vorgeschwärmt. Doch alle meine Erwartungen wurden übertroffen. Schade, dass die Geschichte diesmal noch kein Happy-end hatte.“
Jörg Bergmeister: „Mit einer Podiumsplatzierung wären wir äußerst zufrieden gewesen. Leider kamen uns technische Probleme dazwischen - was bei einem 24 Stunden-Rennen immer passieren kann. Le Mans war für mich trotzdem ein Highlight des Jahres.“
Patrick Dempsey: „Für uns waren vor allem die letzten Rennstunden ein erbitterter Kampf, bei dem das ganze Team alles gegeben hat. Glücklicherweise sind wir mit dem Podium belohnt worden. Allein dafür hat sich die harte Arbeit in den letzten Wochen und Monaten gelohnt.”
Patrick Long: „Wenn ich eines bei meinen zwölf Le-Mans-Starts gelernt habe, dann das: In der entscheidenden Phase brauchst du ein heiles Auto, nur dann hast du eine Chance. Mit Patrick fahre ich zum dritten Mal in Le Mans, und wir haben immer von einem gemeinsamen Podium geträumt. Jetzt ist dieser Traum in Erfüllung gegangen.”
Marco Seefried: „Le Mans ist ein cooles Rennen, aber ich habe nicht gedacht, dass durchgehend dieser Speed gefahren wird. Es war harte Arbeit und die Mannschaft hat alles richtig gemacht.“
Klasse GT: Ergebnis
Klasse GTE-Pro
1. Gavin/Milner/Taylor (GB/USA/USA), Chevrolet Corvette, 337 Runden
2. Rigon/Calado/Beretta (I/GB/MC), Ferrari 458 Italia, 332
3. Bruni/Vilander/Fisichella (I/SF/I), Ferrari 458 Italia, 330
4. Sörensen/Thiim/Nygaard (DK/DK/DK), Aston Martin, 330
5. Lietz/Christensen/Bergmeister (A/DK/D), Porsche 911 RSR, 327
6. MacDowall/Stanaway/Rees (GB/NZ/BRA), Aston Martin, 320
Klasse GTE-Am
1. Collard/Perrodo/Aguas (F/F/P), Ferrari 458 Italia, 332 Runden
2. Dempsey/Long/Seefried (USA/USA/D), Porsche 911 RSR, 331
3. Sweedler/Bell/Segal (USA/USA/USA), Ferrari 458, 330
4. Perrodo/Collard/Aguas (F/F/P), Ferrari 458 Italia, 330
5. Giammaria/Mann/Cressoni (I/GB/I), Ferrari 458 Italia, 326
6. Chen/Vanellet/Parisy (TWN/F/F), Porsche 911 RSR, 320
8. Chen/Kapadia/Maassen (TWN/GB/NL), Porsche 911 GT3 RSR, 316
Info
Der vierte Lauf der Sportwagen-Weltmeisterschaft WEC findet am 30. August auf dem Nürburgring statt.