Von Shari Langes kann man mindestens drei Dinge lernen. Erstens: Auch wenn man medizinische Informatik studiert, kann man bei einem Automobilhersteller landen. Zweitens: Bewirb dich auf alle Fälle bei ­Porsche, auch wenn du unsicher bist, ob der Job zu hundert Prozent deiner ist. Drittens: Als IT-lerin und Auto-Fan kannst du mit deinem Job auch glücklich werden, ohne direkt die Software für den neuen Taycan fortzuschreiben.

Shari ist 33 Jahre alt und die jüngste von drei Töchtern einer Arztfamilie. „Von klein auf habe ich mich für Medizin interessiert“, sagt sie. Aber auch für Technik. 2006 machte sie ihr Abitur. „Mir war klar, dass ich in die IT gehe.“ Sie habe gegoogelt, ob es eine IT-Verbindung zur Medizin gibt. So wie es Wirtschafts- oder Technische Informatik gibt. Tatsächlich: Die Hochschule Heilbronn bietet den Studiengang Medizinische Informatik an. Im Studium lernte sie neben der Softwareentwicklung auch Grundlagen der Medizin kennen. Was diese beiden Aspekte miteinander gemein haben? Um patientenzentrierte Software zu entwickeln, muss der Mensch im Mittelpunkt stehen. Ein Credo, das bis heute für Shari gilt.

„Als Product Ownerin identifiziere und priorisiere ich die Anforderungen der Kollegen und entscheide, was zu tun ist, während das Produktteam entscheidet, wie die Sache umgesetzt werden soll.“ Shari Langes

2012 stieg Shari als IT Business Consultant beim Unternehmen Kaufland Informationssysteme ins Berufsleben ein. Drei Jahre später übernahm sie die erste Führungsposition und baute sowohl in Deutschland als auch Bulgarien neue Teams im Bereich Anwendungsentwicklung auf. 2018 wechselte sie nach Zuffenhausen, zu Porsche. „Die Marke hat auf viele Bewerber eine hohe Anziehungskraft. Auf mich auch! Ich liebe schnelle Autos und mag gerne sportliches Fahren.“

Sie bewarb sich auf die Stelle als Service Managerin Collaboration. „Es war ein absolut sympathisches Gespräch. Ich habe sofort bemerkt: Hier gibt es eine offene Kultur, die auch gelebt wird, das war wirklich toll.“ Im Herbst 2019 schuf Porsche die Abteilung Digitaler Arbeitsplatz mit 75 Leuten, etablierte agile Arbeitsmethoden und Produktteams; jedes Team mit eigenem Verantwortungsbereich. Shari gehört inzwischen als Product Ownerin Collaboration zu einem sechsköpfigen Team. Anders als in herkömmlichen Strukturen wird hier abteilungsübergreifend gearbeitet: in zweiwöchigen Sprints, in denen neue Softwarefunktionen umgesetzt werden. Wie können wir die tägliche Zusammenarbeit der Porsche-Kollegen erleichtern? Was können wir IT-seitig tun, um mobiles und virtuelles Arbeiten zu unterstützen? Wie können wir unsere internationalen Tochtergesellschaften virtuell näher zu uns holen und den Informationsaustausch vereinfachen? Das ist nur ein Auszug der Fragen, mit denen sich das Produktteam Collaboration befasst.

„Als Product Ownerin“, sagt Shari, „identifiziere und priorisiere ich die Anforderungen der Kollegen und entscheide, was zu tun ist, während das Produktteam entscheidet, wie die Sache umgesetzt werden soll.“ In Echtzeit an ein und demselben Word-Dokument arbeiten und Änderungen des Kollegen, egal wo der sitzt, sofort sehen? Läuft! Auch der mobilen Zusammenarbeit haben die Leute von der Agilitäts-Einheit Beine gemacht. Shari: „Es gab vorher keine mobilen Apps, um von unterwegs auf Dokumente oder Notizen zugreifen zu können. Das ist nun anders.“ In der Abteilung arbeiten Leute zwischen Ende zwanzig und Anfang sechzig, regelmäßig kommen Werkstudenten hinzu. „Alter spielt keine Rolle, das Mindset ist entscheidend.“ Und der Mensch. „Oft reicht es aus, nur zuzuhören und am Prozess zu schrauben, anstatt IT-seitig etwas Neues einzuführen.“

Schöne neue Welt: Die Digitalisierung sorgt für viele neue Jobprofile. Beispiele gefällig? Ein Product Manager trifft Kunden, holt Feedback ein. Ein Product Owner stellt mit Entwicklern die korrekte Ausführung von Prozessen sicher. Ein Management Scientist vermittelt zwischen Fachbereichen. Ein Data Scientist ist Analyst und ein Data Steward überwacht Qualität und Integrität von Daten.

Neben der IT ist das Wandern eine große Leidenschaft von Shari – meist in der Gruppe, selten allein. „Letztes Jahr habe ich eine siebentägige Alpenüberquerung mit mehreren Leuten gemacht und muss sagen: Nach einem anstrengenden Aufstieg die wunderbare Aussicht auf dem Gipfel zu genießen, macht im Team gleich viel mehr Spaß als allein. Zusammen mit anderen bin ich stärker motiviert. Und wenn man wirklich Großes erreichen will, schafft man es im Team deutlich leichter.“ Mehr Ideen und viele Diskussionen, aber am Ende auch mehr und meistens bessere Lösungen. Porsche überrascht sie auch nach zwei Jahren immer wieder aufs Neue: „Neulich war ich im Taycan-Werk: Da lag kein Staubkorn auf dem Boden! Das spiegelt die Liebe wider, die die Leute in der Produktion haben: Hochglanzautos produzieren mit ganz viel Herzblut.“

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Text: Jo Berlien

Text erstmalig erschienen im CAMPUS Magazin.

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