Es sind die schnörkellosen Sportwagen aus Stuttgart, zu denen sich James Dean ganz besonders hingezogen fühlt: Sie sind schnell und schön, emotional und pragmatisch – die unprätentiösen, intensiven Porsche passen zum unangepassten Lebensgefühl des jungen Schauspielers. Dean hat sich den Platz im Leben erst erkämpfen müssen, seiner kurzen Schauspielkarriere am New Yorker Broadway gingen magere Lehrjahre voraus. Jetzt, 1955, hat der 24 Jahre alte Bursche aus Indiana aber die Hauptrollen in seinen ersten Hollywoodfilmen ergattern können.

Mit seiner trotzigen, leidenschaftlichen und gleichzeitig verschlossenen Art erinnert er den Regisseur Elia Kazan an John Steinbecks Romanfigur Caleb Trask, der berühmte Autor höchstpersönlich nennt für die „Jenseits von Eden“-Verfilmung James Dean als Idealbesetzung: Er ist ein zerrissener Charakter, schwankt zwischen aggressiver Inten-sität und kaltem Gleich­mut, er ist zynisch und verletzlich zugleich. Dieser nach außen kaum zu verbergende Wesenszug prägt sein Schauspiel, Dean drückt seinen Rollen einen eigenen, schmerzhaften Stempel auf.

Zerbrechlichkeit unter einer hauchdünnen Schicht Coolness

Noch ahnen die großen Hollywoodstudios nur, welche Urgewalt hier herandrängt. Man versucht, den jungen Wilden zu domestizieren, aber der begegnet dem braven Mainstream des Filmgeschäfts mit Verweigerung, Skepsis oder sogar Verachtung. Der junge Schauspieler schlägt über die Stränge, er lebt schnell, unverstellt und störrisch. Obwohl man ihm die Ausübung „gefährlicher Sportarten“ verboten hat, steigt Dean in die rührige West-Coast-Rennszene ein, mit seinem Porsche 356 Speedster startet er erfolgreich bei lokalen Rennen.

Seine Unruhe und Lebensgier hat tiefgründige Ursachen. Als er neun Jahre alt ist, stirbt seine geliebte Mutter an Krebs, der gefühlskalte Vater findet nie einen Zugang zu dem bis ins Mark erschütterten Jungen, und so wächst Dean im puritanischen Haushalt der Tante auf – unverstanden, alleingelassen, verletzt. Sein Weg ans Licht wird zum Kampf gegen ein erdrückendes Übermaß an Teenageangst. Es ist diese Zerbrechlichkeit unter einer hauchdünnen Schicht Coolness, die ihn zum Helden eines jugendlichen Publikums werden lässt. Der unkonventionelle Bursche mit dem melancholischen Blick und den rüden Manieren taugt hervorragend als Projektionsfläche für die Jugend der Fünfzigerjahre, zwischen Weltkrieg und Rock ’n’ Roll.

Die Studios kämpfen um ihn

Als James Dean im September 1955 seinen Porsche 356 gegen den deutlich schnelle-ren 550 Spyder eintauscht, hat Porsche in den USA Individualistenstatus: Die Marke ist jung, die Autos sind beinahe schmerzhaft authentisch und kompromisslos sportlich. Dean findet sich in diesen zutiefst emotionalen Antimainstream-Autos wieder – und dabei ahnt er im September 1955, dass sein Durchbruch im Filmbusiness geschafft ist: Die Studios kämpfen um ihn, seine Agentin verhandelt bereits um deutlich höhere Gagen. Am 30. September macht er sich also kraftstrotzend und ausgelassen auf die Reise nach Salinas.

Schnurgerade stolpert die California State Route 46 in das weite Tal des Cholame Creek hinunter. Nur wenige Straßenkreuzer wanken wie chromglänzende, bunte Buckel aus Stahl durch das Tal. Und dann ist da dieser kleine, silberfarbene Porsche 550 Spyder, der wie ein Ufo aus den Hügeln herunterfegt, mit heiser hechelndem Vierzylinder-Boxermotor: sagenhafte 81 kW (110 PS) bei federleichten 550 Kilogramm und, wenn es der Fahrer darauf anlegt, beinahe 230 km/h schnell.

Sein Mythos lebt auch 60 Jahre danach weiter

Dean ist unterwegs zur Rennstrecke von Salinas, auf dem Beifahrersitz des puristischen Spyder kauert sich der deutsche Mechaniker Rolf Wütherich gegen den fauchenden Fahrtwind. Er hat Dean vorgeschlagen, den nur wenige Tage alten 550 Spyder vor seinem ersten Renneinsatz sorgfältig einzufahren: 320 Meilen von Holly­wood nach Salinas sind genau die richtige Dosis Straßenstaub und Fahrtwind, um den Mittelmotor-Sportwagen auf ein Racing-Wochenende vorzubereiten. Schließlich hat Dean den Sportwagen erst vor wenigen Tagen gegen seinen 356 Speedster eingetauscht. Die kompakte Fahrmaschine benötigt also noch etwas Auslauf.

Kurz vor 18 Uhr erreicht der 550 Spyder mit der auflackierten Startnummer 130 und dem Kosenamen „Little Bastard“ die verhängnisvolle Abzweigung zum High­way 41 nach Fresno. Dann kommt der Crash. Banal, überflüssig, fatal. Der Rebell mit dem wilden Herzen stirbt auf dem Weg ins Krankenhaus. Farewell, Jimmy! Sein Mythos lebt auch 60 Jahre danach weiter.

Weitere Artikel