Marisa Leidel und Valentin Wetzel sitzen vor einem großen Pult mit Schaltelementen mitten in einem Dschungel aus Experiementierkabeln. Die Szene erinnert an den Physikunterricht in der neunten Klasse. Nur das kleine Aufgabenbuch mit dem Titel „Schulungsunterlage Steuerungstechnik“ und der Silhouette des Porsche 911 erinnert daran, dass die beiden eine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik bei einem modernen Automobilhersteller machen.

Valentin Wetzel, Marisa Leidel, l-r, Auszubildende bei Porsche, 2020, Porsche AG

Die Szene steht sinnbildlich für den fortschrittlichen Ansatz, den der Sportwagenbauer in seinem Ausbildungszentrum verfolgt, der weit über Löten und Schrauben hinaus geht. „Bei solchen Aufgaben entwickeln sich im Kopf ein Verständnis für die Komponenten und eine lösungsorientierte und logische Denkweise. Hier bildet sich die Basis, um das Wissen später auf andere Aufgaben und neue Technologien transferieren zu können“, erklärt Ausbilder Matthias Bauer.

Die Berufsausbildung bei Porsche verläuft anders, als man es sich vorstellt. Das erste Lehrjahr mit seinem Mix aus Basislehrgängen in Elektronik oder Steuerungstechnik und Blöcken in der Berufsschule folgt noch weitgehend einem klassischen Ausbildungsplan. Das ist eine wichtige Phase, in der sich die Azubis das fachpraktische Wissen aneignen. Ab dem zweiten Lehrjahr haben die Auszubildenden viel Gestaltungsspielraum, sie können je nach Interessen und Kompetenzen eigene Schwerpunkte setzen. „Diese Flexibilität unterscheidet Porsche definitiv von anderen Ausbildungsbetrieben“, sagt Marisa.

Es ist ein perfektes Lernumfeld für Menschen wie die Auszubildende im dritten Lehrjahr, die ihren Wissensdurst nicht gerne ungestillt lässt. Nach ihrer ersten Praxisstation in der Produktion in Zuffenhausen zu Beginn des zweiten Lehrjahres hat sie sich zum Beispiel sofort das Fachgebiet Robotik vorgenommen. „Ich bin im Werk ständig an Robotern vorbeigelaufen, hatte zu dem Zeitpunkt aber keine Ahnung, wie die funktionieren“, erzählt die 22-Jährige. Also sammelte sie Material zum Thema und legte los.

„Ausbildung funktionert heute nur noch gut, wenn man die Azubis ins tägliche Doing einbindet.“ Matthias Bauer, Ausbilder Elektroniker/-in für Betriebstechnik

Es gibt gute Gründe dafür, dass die Azubis bei Porsche so viele Entfaltungsmöglichkeiten haben. Das Berufsbild des Elektronikers ist nicht nur im Bereich der Anlagentechnik extrem vielfältig geworden. Um die Präzisionsmaschinen in den Porsche-Werken aufbauen und warten zu können, sind zumindest Kenntnisse in Elektronik, Robotik, Automationstechnik oder Informatik gefragt. So viele Themen nur in dozierendem Stil von Ausbilder zu Auszubildenden zu vermitteln, hält Matthias für unmöglich. „Ausbildung funktioniert heute nur noch gut, wenn man die Azubis in das tägliche Doing einbindet“, sagt er.

Marisa Leidel, Auszubildende bei Porsche, 2020, Porsche AG
In Projektarbeiten lernen Marisa Leidel (...)
Valentin Wetzel, Auszubildender bei Porsche, 2020, Porsche AG
(...) und Valentin Wetzel, das Wissen in der Praxis anzuwenden

Das bedeutet auch, dass ihm die Lehrlinge manche Aufgaben bisweilen sogar abnehmen. „Es kommt schon vor, dass ein Kollege aus dem ersten Lehrjahr zu uns aus dem zweiten kommt, wenn er etwas noch nicht versteht“, sagt der 22-jährige Valentin. Auch das ist von den Ausbildern durchaus gewollt, weil beide Azubis vom gegenseitigen Lernen profitieren – sowohl inhaltlich als auch persönlich. Einer gewinnt neues Wissen dazu und lernt zudem, sich die richtigen Ansprechpartner zu suchen, der andere wiederholt und festigt damit bestehendes Wissen und gewinnt an Selbstvertrauen.

Valentin Wetzel, Marisa Leidel, Auszubildende bei Porsche, Matthias Bauer, Ausbilder Elektroniker/-in für Betriebstechnik bei Porsche, l-r, 2020, Porsche AG

Marisa und Valentin sind mittlerweile in einer Phase ihrer Ausbildung, in der sie ihre Fähigkeiten auch durch Anwendungen erweitern. Das geschieht in Projektarbeiten zwischen die unternehmensinternen Fachseminaren, der Berufsschule und den Praxis­einsätzen in den Werken in verschiedenen Aufgabenbereichen. Aktuell konstruieren die Azubis in Teamarbeit mit den Industriemechanikern und dualen Studenten der Informatik eine Roboterzelle, an der später komplette Aus- und Weiterbildungslehrgänge stattfinden sollen.

Sie sind dabei nicht nur für den Aufbau der Elektronik zuständig, sondern haben auch das gesamte didaktische Konzept mit ausgearbeitet. Die Vielfalt solcher Projekte ist unbegrenzt. Marisa hat mit ihren Kollegen zum Beispiel schon ein praktisches Elektronikseminar für duale Studenten konzipiert und durchgeführt. Valentin war dabei, als im Ausbildungszentrum der eigens für alle Porsche- Standorte entworfene Desinfektionsmittelspender entstand.

Matthias begleitet die Projektarbeiten eher im Hintergrund, lässt die Azubis ihre eigenen Ideen entwickeln, steuert nur punktuell nach und lernt selbst dazu. „Es gibt bei solchen Projekten immer Leute, die neue Wege finden, die ich selbst nicht im Blick habe“, sagt der Ausbilder. Dazu fällt Marisa und Valentin jeweils sofort ein Erlebnis ein. Im Ausbildungszentrum wird auch mal vehement über eine Platine zu viel im Modellauto oder einen zusätzlichen Batterieschalter im Desinfektionsmittelspender diskutiert. In beiden Fällen haben sich die Nachwuchskräfte durchgesetzt.

Generell erkennt Matthias an, dass es durchaus Themen gibt, in denen die Azubis ihm ein Stück voraus sind. Die Welt ist im Wandel, junge Menschen wie Marisa und Valentin sind mit Smartphones aufgewachsen und finden sich wie selbstverständlich im digitalen Zeitalter zurecht. Ihr Wissensvorsprung in solchen Bereichen zeigt sich natürlich auch ab und zu, wenn solche Themen in der Berufsausbildung auf dem Plan stehen. „Damit muss man als Ausbilder umgehen können“, sagt Matthias. Solche Situationen würden ihm immer wieder bewusst machen, dass auch seine Ausbildung nie zu Ende sei und es immer Neues zu lernen geben würde.

„Man braucht immer wieder den Input der Ausbilder. Unsere fachliche Kompetenz entwickelt sich durch den Austausch mit ihnen.“ Valentin Wetzel, Auszubildender

Durch den innovativen Ausbildungsansatz ändert sich auch das Verhältnis zwischen Ausbilder und Auszubildenden. Denn ohne Meister geht es natürlich auch dann nicht, wenn der Nachwuchs viel Vorwissen mitbringt und gut voneinander lernen kann. „Man braucht immer wieder den Input der Ausbilder. Unsere fachliche Kompetenz entwickelt sich erst durch den Austausch mit ihnen“, sagt Valentin.

Matthias und seine Ausbilderkollegen sind Sparringspartner für die Azubis, sie stehen bei Problemen und Fragen bereit, begleiten Projekte, setzen bewusste Lernimpulse und verteilen die anfallenden Aufgaben. Das geschieht nicht immer nur nach fachlichen Gesichtspunkten. Manchmal erhält ein eher introvertierter Auszubildender auch ein Projekt, bei dem er sich vielleicht auch mal überwinden muss. Schafft er es, aus sich rauszugehen, stärkt das seinen Charakter. Zum Fördern gehört eben auch das Fordern.

Unser Ausbildungsangebot (m/w/d)

Porsche bildet junge Menschen in acht technischen und zwei kaufmännischen Berufen zu den Fachkräften der Zukunft aus.

Technische Ausbildungsberufe

  • Kfz-Mechatroniker Pkw-Technik
  • Kfz-Mechatroniker System- und Hochvolttechnik
  • Industriemechaniker Automobilbau
  • Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker
  • Fahrzeuginnenausstatter
  • Fahrzeuglackierer
  • Elektroniker für Betriebstechnik
  • Fachkraft für Lagerlogistik
     

Kaufmännische Ausbildungsberufe

  • Industriekaufleute
  • Industriekaufleute mit Zusatzqualifikation „Assistent für internationales Wirtschaftsmanagement mit Fremdsprachen“
     

Info

Text erstmalig erschienen im Magazin „Campus“.

Text: Benjamin Büchner

Fotos: David Breun

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