Eva Lys, bei den Australian Open haben Sie sich erstmals für die Hauptrunde eines Grand-Slam-Turniers qualifiziert. Der größte Erfolg Ihrer bisherigen Karriere?
Eva Lys: „Auf jeden Fall. Damit habe ich mir einen Traum erfüllt. Ich habe in der Qualifikation drei tolle Matches gespielt, das entscheidende an meinem 21. Geburtstag. Über dieses Geschenk habe ich mich am meisten gefreut. Allerdings, geschenkt wird einem in der Qualifikation eines Grand-Slam-Turniers nichts. Da gibt es viele Stolpersteine und man muss sich jeden Punkt hart erarbeiten.“
Was sind das für Stolpersteine?
Lys: „An einem Tag ist es die Gegnerin, die dir am meisten zu schaffen macht, am nächsten die Nervosität. Du verfolgst ein großes Ziel und weißt, dass du drei Matches gewinnen musst, um es zu erreichen. Da kommt es sehr darauf an, wie man mit dem Ganzen umgeht, wie gut man die Anspannung wegdrücken kann. In den meisten Fällen ist die Tagesform entscheidend.“
Die hat in der Qualifikation gestimmt. Wie haben Sie sich auf das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres vorbereitet?
Lys: „Mit meinem Vater Vladimir, der früher für die Ukraine Davis Cup gespielt hat und auch mein Trainer ist, bin ich kurz vor Weihnachten nach Australien geflogen. Ich brauche immer ein bisschen länger, um mich dem Wetter und der Zeitumstellung anzupassen. In den ersten Tagen hatte ich mit dem Jetlag zu kämpfen, da haben wir nicht viel gemacht. Diese Zeit haben wir genutzt, um uns Melbourne anzuschauen. Doch sobald es mir körperlich besser ging, bin ich voll ins Training eingestiegen.“
Nach der erfolgreichen Qualifikation trafen Sie am ersten Hauptrundentag auf die starke Spanierin Cristina Bucsa und haben den ersten Satz souverän mit 6:2 gewonnen. Was ist dann passiert?
Lys: „Nach dem ersten Satz habe ich zum ersten Mal wirklich realisiert, was da gerade passiert, dass ich im Hauptfeld eines Grand Slams aufschlage. Und natürlich war ich aufgeregt, ich bin ja kein Roboter. Ich bin dann plötzlich in eine kleine Abwärtsspirale gerasten, habe meine Dominanz verloren. Cristina ist eine sehr erfahrene Spielerin, die hat das sofort gespürt und für sich genutzt.“
Wie groß ist die Enttäuschung?
Lys: „Die Qualifikation für das Hauptfeld war der bisher größte Erfolg meiner Karriere. Das darf man nicht vergessen. Wenn man auf einem so guten Weg ist, ein Match zu gewinnen, noch dazu bei einem Grand Slam, dann ist da schon eine gewisse Enttäuschung. Doch wenn man nicht zwei Sätze auf einem hohen Level durchspielen kann, geht man leider nicht als Siegerin vom Platz. Dass ich verloren habe, lag nicht am Tennis. Da gehört auch die Tagesform dazu. Ich nehme das Ganze positiv und sehe dieses Match als wichtige Erfahrung für mich, aus der ich lernen werde und die mir für die Saison viel geben wird.“
Wie gut können Sie mit Niederlagen umgehen?
Lys: „Als Tennisspielerin ist es sehr wichtig, mit Niederlagen umgehen zu können. Im Endeffekt lernt man aus Niederlagen am meisten. Sie machen einen stärker. Man muss akzeptieren, dass sie zu einer Profikarriere dazugehören. Und je besser du lernst, mit Niederlagen umzugehen, desto schöner sind die Siege.“
Welche Ziele haben Sie sich für 2023 gesetzt?
Lys: „Mein Ziel ist es, die Top 100 zu knacken und dann immer im Hauptfeld bei Grand Slams aufzuschlagen. Ich bin sehr zufrieden damit, wie ich letztes Jahr die Saison beenden konnte. Ich weiß jetzt auf jeden Fall, dass in mir Potential für mehr steckt. Ich freue mich auf die nächsten Wochen und Monate, weil ich natürlich sehen will, wie gut ich dieses Potential umsetzen kann. Ich habe noch viel vor.“
Die Voraussetzungen für die erfolgreiche Australian-Open-Qualifikation haben Sie mit starken Leistungen 2022 geschaffen.
Lys: „Das war definitiv mein bisher erfolgreichstes Jahr. Ich habe mich weiterentwickelt, auf und neben dem Platz. Mein Saisonziel war, unter die Top 250 zu kommen, um mich für die Grand Slams qualifizieren zu können. Dieses Ziel habe ich schneller erreicht als geplant. Ich durfte in Wimbledon und bei den US Open Quali spielen und bin unglaublich zufrieden, wie das alles gelaufen ist. Beim Porsche Tennis Grand Prix konnte ich mein erstes WTA-Hauptfeld Match gewinnen. Ich hatte noch nie so viel Spaß auf dem Platz wie in den letzten Monaten.“
Was war das Highlight?
Lys: „Neben Wimbledon und US Open war das sicherlich mein Debüt mit dem Porsche Team Deutschland im Billie Jean King Cup. Mit den anderen Spielerinnen zusammen zu sein und für unser Land zu spielen, hat unglaublich vier Spaß gemacht. Für uns alle war das eine tolle Woche in Kroatien. Und dann zusammen auch noch diesen wichtigen Sieg zu feiern, das war auf jeden Fall ein toller Abschluss für ein überaus erfolgreiches Jahr 2022.“
Sie haben sich 2022 enorm verbessert, stehen in der aktuellen Weltrangliste auf Position 126. Was für eine Spielerin sind Sie?
Lys: „Ich bin eine sehr aggressive Spielerin. Ich nehme den Ball sehr früh, was der Gegnerin immer Zeit wegnimmt, zu reagieren. Deshalb haben viele Spielerinnern Probleme mit mir. Dazu kommt, dass ich gerade im vergangenen Jahr eine sehr starke Mentalität auf dem Platz entwickelt habe. Ich nutze jedes Match dazu, meine Stärken weiter zu verbessern.“
Sie werden im Porsche Talent Team gefördert. Wie sehr profitieren Sie davon?
Lys: „Für mich ist es eine unglaubliche Unterstützung und Motivation, unter so vielen guten Spielerinnen im Porsche Talent Team zu sein. Vor allem die vielen Lehrgänge und der Austausch mit erfahrenen Trainerinnen und Trainern haben mir immer sehr geholfen. Porsche hat zusammen mit dem DTB großen Einfluss auf meine Karriere.“
Im April findet der Porsche Tennis Grand Prix statt. Werden wir Sie in der Porsche Arena sehen?
Lys: „Das hoffe ich sehr. Der Porsche Tennis Grand Prix ist eines der Turniere, auf die ich mich am meisten freue. Ich war vor einem Jahr dabei, das war für mich als junge Spielerin ein unglaubliches Erlebnis. Seither hat das Turnier einen festen Platz in meinem Herzen. Für mich ist es eine unglaubliche Motivation, alles dafür zu tun, um auch in diesem Jahr dabei sein zu können.“