Am kommenden Sonntag wird ein neues Kapitel in der Renngeschichte von Pikes Peak geschrieben: Ein 911 Art Car geht beim 98. Rennen des Pikes Peak International Hill Climb an den Start. Bei dem Fahrzeug handelt es sich um einen GT2 RS Clubsport, eines von zwei Fahrzeugen dieser Art, die in der Time-Attack-Klasse gegen den 935 von Jeff Zwart antreten werden. Serienmäßige GT-Fahrzeuge messen sich in dieser Klasse auf dem mehr als rund 1400 Höhenmeter erstreckenden Anstieg.
Der Wagen stammt aus der kreativen Feder von Pete Stout und Alex Palevsky, den Gründern des „000 Magazine“. Die Idee zu dem Design entstand aus Palevskys Wunsch, eine „Cars & Coffee“-Veranstaltung auszurichten, um die einzigartige Geschichte von Porsche farbenfroh zu zelebrieren. Das entsprechende Porsche-Treffen „Rare Shades“ gewann von Jahr zu Jahr an Beliebtheit und fand an zahlreichen Orten in den USA statt. Die fünfte dieser Veranstaltungen sollte im Sommer 2020 in Toronto ausgetragen werden, doch als das Coronavirus das öffentliche Leben zum Stillstand brachte, begannen Herausgeber Stout und sein Team, sich nach Alternativen umzusehen.
„Das Auto dient im Prinzip als Message an unsere Leser und Fans, dass Rare Shades weiterleben wird“, erklärt Stout. „Das wollten wir rüberbringen, zunächst nur als redaktionelles Projekt für ein Fotoshooting.“
Die Aufgabe, ein kreatives Design zu erarbeiten, wurde dem Creative Director von 000, Justin Page, übertragen. Er schuf eine dreidimensionale Vision, die zahlreiche Porsche-Farben ebenso wie unzählige Details aus der Ikonographie des Magazins kunstvoll in Szene setzt.
„Justins Design ist schon übertrieben“, gibt Stout zu, „aber genau das soll es auch sein. Die Farben spiegeln viele der ikonischen Lackierungen von Porsche wider, zum Beispiel Sternrubin, Mintgrün, Mexicoblau und Signalgelb. Und die „Null“ aus unserem Logo prägt das gesamte Design.“ Sie erscheint in Weiß in der Rückleuchte sowie wie über dem rechten Vorderreifen. „Und die Streifen, die aus der Motorhaube kommen, verweisen auf den Buchrücken unseres Magazins. Es gibt wirklich viel zu sehen!“
Das Fahrzeug war ein mutiges und fantasievolles Statement, doch zum Zeitpunkt seiner Konzeption nicht mehr als eine visuelle Übung für eine künftige Ausgabe von 000. Erst nach einem lockeren Gespräch mit einem Pikes Peak-Sieger zeichnete sich die Möglichkeit ab, diesen Wagen tatsächlich bei einem Rennen an den Start zu bringen.
„Ich fragte David Donner, ob er dieses Jahr am Bergrennen teilnimmt“, erzählt Stout, „und er verneinte. Es sei denn, ich würde ihm den GT2 RS leihen. Und nachdem alle ausgiebig darüber gelacht hatten, fragte ich ihn leise, wie wir es anstellen sollten.“
Donner ist sechsmaliger Champion von Pikes Peak, belegte dreimal in Monoposto-Rennwagen den ersten Platz in der Gesamtwertung und ist der bis dato letzte US-amerikanischer Sieger am Pikes Peak. Mit diesem berühmten Namen an Bord wandte sich Stout an die Sponsoren des Wagens, Michelin, Chopard, Champion und Meguiars, um zu seiner eigenen Überraschung festzustellen, dass sie alle bereit waren, den nächsten Schritt mitzugehen.
„Innerhalb von nur zwei Wochen haben wir ein „000“-Rennwagenprogramm aus dem Boden gestampft“, erzählt Stout. Und nur dank einer bestimmten Klausel im Regelwerk, die es früheren Siegern ermöglicht, sich noch in letzter Minute für ein Rennen anzumelden, war es den Organisatoren von Pikes Peak möglich, das Fahrzeug noch ins Starterfeld aufzunehmen.
Plötzlich war aus einem nur halb ernst gemeinten Vorschlag Realität geworden, und in gerade einmal drei Tagen wird das kleine Team bei einem der schwierigsten Rennen im Motorsport an den Start gehen. Glücklicherweise können sie auf die enorme Erfahrung von Donner bauen. Der unerschütterliche Lokalmatador ist das Bergrennen zuvor in einem Porsche Cup-Fahrzeug der Generation 997, einem serienmäßigen 911 Turbo S und einem GT3R (997) gefahren. „Der Clubsport aber ist mit seinen 700 PS plus zulässigen Traktionskontroll- und ABS-Systemen das perfekte Fahrzeug für Pikes Peak“, sagt Donner.
„Ich habe dieses Rennen schon auf Schotter, auf teilweise und auf vollständig asphaltierten Straßen gewonnen, ich habe die Entwicklung also miterlebt und kenne die Tricks“, betont Donner. „Die Strecke ist mittlerweile etwas holprig, man muss sich also den ebensten Weg suchen, auch wenn der nicht immer mit der Ideallinie übereinstimmt.“
Donner weiß auch um die Bedeutung einer guten Zeit im Qualifying, hat er doch im Laufe der Jahre gelernt, dass der genaue Startzeitpunkt am Renntag letztendlich über Sieg und Niederlage entscheiden kann. „In den Sommermonaten regnet es in Colorado meist am Nachmittag“, erklärt er, „sodass die schnelleren Fahrzeuge ihre Runden wahrscheinlich im Trockenen beenden können.“
Bei einem Fahrer mit einem solch beispiellosen Erfahrungsschatz werden hohe Erwartungen an den GT2 RS des 000 Magazins gestellt, doch für Stout und seine Kollegen ging es nie primär um die Gewinnchance, sondern genauso auch um die Geschichte dahinter.
„Es begann lediglich als Kunstprojekt“, betont Stout, „und schließlich wurde daraus etwas, von dem wir hoffen, dass es der Motorsport-Welt etwas zurückgibt. Das gilt insbesondere in diesem Jahr, in dem sie wirklich etwas Unterstützung gebrauchen kann. Kunst ist lebensnotwendig, gerade in Zeiten wie diesen. Uns wurde klar, dass wir nicht mehr die üblichen Geschichten schreiben konnten und beschlossen daher, ein ganz neues Kapitel aufzuschlagen.“