Die Rückkehr des Königs

Der Countdown für das 98. Rennen des Pikes Peak International Hill Climb läuft. Jeff Zwart steckt mit seinem Porsche 935 bereits mitten in den Vorbereitungen.

Nach den ersten Testfahrten auf der Rundstrecke wurden die Proben nun an den Pikes Peak verlegt, wo das Team auf verkürzter und geschlossenen Rennstrecke wertvolle Erkenntnisse sammelt. „Das Spannende an den Vorbereitungen für Pikes Peak“, erzählt Zwart, „ist, dass wir immer jeweils in Dritteln trainieren, also unten, Mitte und oben. Erst am Renntag selbst werden diese drei Abschnitte kombiniert.“

Jeff Zwart, 935, 2020, Porsche AG
Zwarts Wagen im finalen Design mit dem traditionellen Pegasus des Hauptsponsors Mobil 1 sowie in aktuellen Werksfarben und den typischen Streifen des Salzburger 917 als Reverenz an die Gegenwart und Geschichte von Porsche Motorsport.

Die Piloten müssen mit zahlreichen Variablen rechnen und umgehen. Beispielsweise sind die Temperaturunterschiede zwischen Fuß und mehr als 4.000 Meter hohem Gipfel des Berges so groß, dass sich die Leistung der Reifen und des Motors zwischen zwei Höhenlagen komplett verändern kann. Mit zunehmender Höhe verändern sich die Aerodynamik, das Ansaugverhalten des Motors und der dem Fahrer selbst zur Verfügung stehende Sauerstoffgehalt.

Jeff Zwart, 935, Willow Springs, USA, 2020, Porsche AG
Jeff Zwart: „Ich beschreibe Pikes Peak immer als ein Lebewesen.“

„Unseren ersten Probedurchlauf starten wir morgens um 5:30 Uhr. Wenn der Berg dann um 8:30 Uhr für die Öffentlichkeit geöffnet wird, sind wir fertig“, erklärt Zwart. „Wir fahren also bei Sonnenaufgang, während das eigentliche Rennen aber erst um 10 oder 11 Uhr stattfindet. Bis dahin haben sich die Temperaturen schon wieder komplett geändert. Unten sind es meist zwischen 24 und 27 Grad, am Gipfel kann die Temperatur jedoch auf sieben bis zehn Grad fallen. Wir bewältigen im Rennen fast 1.500 Meter Höhenunterschied, da sind Schwankungen und Veränderungen vorprogrammiert. Ich beschreibe Pikes Peak immer als ein Lebewesen.“

King of the Hill

Regie-Legende Jeff Zwart bereitet sich vor, den Pikes Peak im neuen Porsche 935 zu bezwingen. Wie die Strecke – und die Fahrzeuge, mit denen er sie gefahren ist – sein Herz erobert haben.

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Eine weitere Veränderung stellt für Zwart der Porsche 935 dar. Seine Fähigkeiten hat der erfahrene Rennfahrer im Laufe der Zeit in wesentlich analogeren Fahrzeugen verfeinert, die nicht selten speziell für Pikes Peak gebaut wurden. „Ich bin eigentlich vom alten Schlag und fahre ohne ABS, Traktionskontrolle und all die anderen modernen Technologien, die Rennfahrzeuge heutzutage anbieten“, erzählt Zwart. „Daher liegt die größte Herausforderung für mich darin, diese so weit wie möglich zu meinem Vorteil zu nutzen, statt sie nur für etwas mehr Traktion oder Bremsleistung einzusetzen. Ich muss alles aus der Technologie herauskitzeln. In dieser Hinsicht habe ich wirklich noch einiges zu lernen.“

Doch Zwart scheint sich mit dem 935 bereits sehr gut arrangiert zu haben: „Das ist das komfortabelste Rennfahrzeug, das ich je gefahren bin. Es verhält sich bereits sehr neutral, und mein Ingenieur hat eine wirklich hervorragende Abstimmung gefunden. Die Kombination aus Turbo, Karosserie und Motorsport-Fahrwerk ist der Wahnsinn. Nun geht es für mich nur noch darum, die Grenzen auszuloten. Die Geschwindigkeit nicht mehr nur auszutesten, sondern auf Wettbewerbsniveau zu nutzen – das ist nochmal etwas ganz anderes.“

Fünf Jahre sind vergangen, seit Zwart zuletzt beim Pikes Peak an den Start ging – und an Konkurrenz wird es ihm nicht fehlen. In der Timeattack-Klasse, in der der 935 an den Start gehen wird, werden sich auch zwei 911 GT2 RS Clubsport dem Berg stellen. Einer mit David Donohue am Steuer, dem Sohn des legendären Siegers des Canadian-American Challenge Cup im Porsche 917/30 Spyder, Mark Donohue. Das zweite Fahrzeug wird von David Donner pilotiert, letzter unangefochtener US-amerikanischer Gewinner von Pikes Peak, dessen Familie seit Anbeginn Teil der Geschichte dieses Rennens ist.

Als nächstes steht für Zwart und sein Team weitere Tests auf dem Plan, bevor dann Ende des Monats die Rennwoche beginnt. Dabei wird jeder Abschnitt den Berg hinauf noch einmal abgefahren. Am Donnerstag steht das Qualifying an. Das Rennen selbst findet am Sonntag, 30. August, statt. „Es wird eine sehr interessante Woche“, sagt Zwart, „denn ich weiß noch nicht genug über das Auto, um einschätzen zu können, wie wir abschneiden werden. Ich hatte das große Glück, dass Bob Ingram mich in seinem 935 – einen von nur 77 Exemplaren – die schwierigsten Berge der Welt hinauffahren ließ, und ich muss ehrlich sagen, dass ich dort noch kein Auto lieber gefahren bin. Ich bin wirklich gespannt, was dabei herauskommt!“

Info

Fotos Action-Aufnahmen: Rupert Berrington

Fotos statische Aufnahmen: Jeff Zwart

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