Mit einer flinken Bewegung streift sich Stefan Fuhrmann einen weißen Wollhandschuh über. Nicht wegen der Umgebungstemperatur – diese beträgt an seinem Arbeitsplatz im Karosseriebau MSB des Porsche-Werks Leipzig konstant 22 Grad Celsius –, sondern um seine Fühlfertigkeit zu unterstützen. Gleichmäßig streicht er mit seiner rechten Hand über ein vor ihm liegendes unlackiertes Blechteil, mit Kreide zeichnet er einige Kringel darauf. Fuhrmanns Kreidezeichnungen bedeuten: Kratzer, Dellen, Fehler. „Solch grobe Unebenheiten wie bei diesem Teil dienen natürlich nur Vorführzwecken“, erklärt der Mitarbeiter aus dem Bereich Qualitätslenkung Kaufteile / Pressteile (PLG-QK1).

Im Alltag sind die Abweichungen von der Norm, die er und seine Kollegen erkennen müssen, in der Regel weit weniger auffällig. „Wenn eine Presse mit 1000 Tonnen Druck auf ein Teil einwirkt“, so Fuhrmann, „wäre darauf bereits ein menschliches Haar zu sehen“. Zumindest für speziell geschulte Mitarbeiter wie ihn – denn um solche Unebenheiten von bis zu einem Hundertstel Millimeter zu erkennen, bedarf es jahrelanger Erfahrung. Nicht einmal hochmoderne Scanner, die in Leipzig ebenfalls zum Einsatz kommen, könnten solch feine Produktionsfehler wahrnehmen, ergänzt Dr. Andreas Schmidt. Der Leiter Qualität am Standort Leipzig (PLGQ) bezeichnet das Abfühlen von Fahrzeugteilen daher gar als „Königsdisziplin“.

In gewisser Weise sind Fuhrmann und seine Kollegen ein Paradebeispiel dafür, was Qualität bei Porsche – in Leipzig, aber auch an allen anderen Unternehmensstandorten – bedeutet: konzentrierter hinsehen als andere und jedem noch so kleinen Detail auf den Grund gehen. „Wir möchten alles genau wissen und verstehen. Darin lassen wir niemals nach“, betont Frank Moser, Leiter Unternehmens-Qualität bei Porsche (GQ). Und Produktionsvorstand Albrecht Reimold betont: „Jeder Porsche ist ein Beweis unseres umfassenden Qualitätsverständnisses – nicht nur innerhalb der Produktion oder Entwicklung, sondern über sämtliche Unternehmensbereiche hinweg.“

Andreas Schmidt: „Qualität ist kein Zufall, sondern harte Teamarbeit“

Der Qualitätsprozess wird zentral gesteuert, aber dezentral in den einzelnen Ressorts und Bereichen umgesetzt – typisch Porsche, aber eine Besonderheit in der Automobilindustrie. In Leipzig, wo derzeit mehr als 25 Modellvarianten mit 20 Motorvarianten auf einer Linie produziert werden, sind rund 400 Mitarbeiter direkt im Qualitätsbereich tätig. „Darüber hinaus ist es jedoch extrem wichtig, dass jeder Mitarbeiter ein Verständnis für das Thema hat“, betont Andreas Schmidt.

„Denn Qualität ist kein Zufall, sondern harte Teamarbeit.“ Darauf weist auch Thomas Kanz, Betriebsratsvorsitzender von Porsche Leipzig, hin: „Das Qualitätsbewusstsein wird in einem hohen Maß in den Teams gelebt. Hier wird das Lieferanten-/ Kundenprinzip vollzogen. Soll heißen: Jedes Team gibt den nachfolgenden Team sein Produkt in bester Qualität weiter.“ Dieses System erstrecke sich über die gesamte Produktionskette. „In meiner früheren Tätigkeit als Qualitätslenker“, so Kanz, „war es meine Aufgabe diesen Grundgedanken zu unterstützen. Durch dieses Ineinandergreifen von Planung, Mitarbeiter am Produkt und Qualitätskontrolle konnten wir in der Vergangenheit den hohen Qualitätsansprüchen an unser Werk gerecht werden. Diesen Standard zu halten und noch weiter zu verbessern ist unser aller Ziel.“

Produktion Panamera, Leipzig, 2016, Porsche AG
Rund 400 Mitarbeiter sind direkt im Qualitätsbereich tätig

Besonders deutlich offenbart sich das Thema Qualität – nicht nur dem Namen nach – im brandneuen Leipziger Qualitätszentrum (QZ). Das rund 6000 Quadratmeter große Gebäude wurde im Juni eröffnet. Investitionssumme: 15 Millionen Euro plus Ausstattung. 150 Mitarbeiter sind hier tätig, rund 30 davon wurden im Zuge der jüngsten Erweiterung eingestellt. Insbesondere für den Serienanlauf neuer Fahrzeuge – wie für den Panamera, dessen zweite Generation erstmals komplett in Leipzig gefertigt wird und der Ende Juni seine Weltpremiere feierte – ist das QZ ein wichtiger Fixpunkt, um direkt vom Start weg höchste Perfektion zu ermöglichen.

Denn neben Design und Technik legen Kunden auch großen Wert auf gute Verarbeitung, Haptik und Wertigkeit. Diese „Anmutungsqualität“ ist neben der emotionalen, der funktionalen und der Servicequalität eine tragende Säule der Porsche- Qualitätsphilosophie – und ein Grund dafür, dass das Unternehmen seit Jahren auf den vorderen Plätzen im internationalen Qualitäts-Ranking des renommierten Marktforschungsinstituts J.D. Power ist. Bei der jährlich durchgeführten Studie werden Kunden in den USA und China zur Qualität ihres Neufahrzeugs befragt. Der in Leipzig produzierte Macan erhielt 2015 gleich im ersten Jahr seiner vollen Verfügbarkeit und 2016 die Auszeichnung „Highest Initial Quality – Compact Premium SUV“.

Der Vorstand macht sich einmal pro Monat ein Bild von der Fahrzeugqualität

Zurück ins Leipziger QZ: Dort finden sich neun Messplätze, Büros und ein großer Konferenzraum. Von hier aus macht sich auch der Porsche-Vorstand einmal pro Monat ein Bild von der Fahrzeugqualität am Standort. Zur Veranschaulichung dient etwa der Außenmeisterbock zur Vorserienqualifizierung von Karosserieteilen. Das heißt, hier wird unter anderem analysiert, wie verschiedene Bauteile insgesamt zusammenpassen. Stimmt die Bündigkeit? Ist das Fugenbild harmonisch? Auf den Zehntelmillimeter genau wird das untersucht – ebenso wie beim Cubing, wo die Prüfer alle Interieur-Teile in eine komplett aus Aluminium gefräste Karosse einbauen, um zu sehen, ob Sitze, Spiegel oder Scheinwerfer passen.

Im sogenannten Final Audit, das ebenfalls im QZ untergebracht ist, werden im Rahmen repräsentativer Stichproben komplette Fahrzeuge bis zu acht Stunden intensiv unter die Lupe genommen – unter einem speziellen harten Licht, das schon kleinste Fehler offenbart. „Dadurch, dass Porsche seine Bewertungssystematik bezüglich des Maßstabs im Audit vor einiger Zeit umgestellt hat, wurde die Anmutungsqualität nochmals deutlich verbessert“, weiß Martin Hübner, Qualitätslenkung Gesamtfahrzeug Panamera (PLG-QL).

Jeder Arbeitsschritt wird von einem speziellen Team analysiert und optimiert

Doch damit nicht genug: Nach einem ausgeklügelten System werden Fahrzeuge in Leipzig zusätzlich für die dynamische Kundenabnahme ausgewählt. Das heißt, auf einer 65 Kilometer langen Testfahrt, die auch ein Schlechtwegeprofil beinhaltet, untersuchen Audit-Mitarbeiter bei höheren Geschwindigkeiten Parameter wie Störgeräusche, Wasserdichtheit und Fahrfunktionen. „Bei einer Abweichung ist es meine Aufgabe, dieser entgegenzuwirken und schnellstmöglich eine ordnungsgemäße Abgabequalität herzustellen“, sagt Hübner. Gerade der neue Panamera bringe sowohl funktional als auch karosserieseitig eine enorme technische Entwicklung mit sich.

Daher wurde auch der Aufbau des Fahrzeugs in der QZ-Pilothalle detailliert durchexerziert, von der lackierten Karosse bis zur Erstinbetriebnahme. Pro Tag können hier bis zu zwei Vorserienfahrzeuge aufgebaut werden. Jeder Arbeitsschritt wird von einem speziellen Team begleitet, analysiert und optimiert. Auch ergonomische Aspekte wie Zugänglichkeit der Bauteile, korrekter Werkzeugeinsatz und Montierbarkeit spielen dabei eine wichtige Rolle. „Ergonomie bedeutet nicht nur zu reagieren, wenn das Produkt in der Linie ist, sondern auch neue Produkte von Beginn an entsprechend zu gestalten“, betont Anne Heinze. Als Koordinatorin Ergonomie (PLG-PO) weiß sie genau, wie wichtig das Thema auch in qualitativer Hinsicht ist. „Eine gute Ergonomie am Arbeitsplatz bewirkt mehr Motivation der Mitarbeiter, womit meist das Fehlerpotenzial sinkt – und das bedeutet eine gute Qualität der Produkte.“

Aus diesem Grund wurde in Leipzig in Zusammenarbeit mit der Abteilung Porsche Produktionssystem und Porsche Verbesserungsprozess (PLG-GP) auch ein Ergonomie-Baustein in die Trainingscenter Montage, Lack und Karosseriebau aufgenommen, wo Mitarbeiter entsprechend für ihre Tätigkeiten qualifiziert werden. Darüber hinaus werden im sogenannten Profiraum die modellspezifischen Aufgaben traininert. „Die Kollegen lernen dort für ergonomisch ungünstige Haltungen aus dem Linienalltag mehrere gute Ansätze, um die Belastungen variieren zu können“, sagt Heinze.

Produktion Panamera, Leipzig, 2016, Porsche AG
Die Mitarbeiter prüfen sehr genau die Qualität

Eine weitere Besonderheit bei Porsche ist, dass nach jedem größeren Arbeitsschritt Qualitätsprüfungen vorgenommen werden – und nicht nur am Ende des Produktionsbandes wie bei vielen anderen Herstellern. Denn eines ist klar: einen Fehler kurz nach der Entstehung zu beheben, ist weitaus günstiger als im fertigen Fahrzeug. Nicht zuletzt beim Anlauf des neuen Panamera war dies ein entscheidender Faktor.

„Während der verschiedenen Vorserien haben wir stetig an der Verbesserung der Abgabequalität der Rohkarossen gearbeitet“, berichtet Holger Kemenah, Leiter Fertigung Karosseriebau MSB (PLG-AP1). Durch gezielte Maßnahmen innerhalb der Fertigungsprozesse, der Mitarbeiterqualifizierung und der Kaufteilqualität habe das Team seine entsprechenden Kennzahlen kontinuierlich verbessert. „Das war nur möglich durch das hervorragende Zusammenspiel der verschiedenen Ressorts.“

Dies kann auch sein Kollege Alexander Fijak aus dem Bereich Steuerung Vorserienabwicklung (PLG-AM2.1-VS) bestätigen. „Wenn gewisse Themen unseren hohen Standards nicht entsprechen, werden Maßnahmen mit den einzelnen Fachbereichen Entwicklung, Planung und Steuerung definiert, um das vorgegebene Qualitätsziel zur nächsten Vorserienstufe zu erreichen.“ In Bezug auf den neuen Panamera sieht er es als großen Vorteil an, dass das Fahrzeug nun als Ganzes in Leipzig gebaut wird. „So können wir die komplette Qualität beeinflussen und haben kürzere Reaktionswege.“ Die Unterstützung der Vorserienmannschaft für die Kollegen in der Fertigung ist zudem bis drei Monate nach Produktionsstart eines Fahrzeugs gesichert.

Nachgelagerter Kontrollpunkt fungiert als letzte Qualitätsinstanz

Sozusagen als letzte Qualitätsinstanz fungieren in Leipzig Olaf Ischner und seine Kollegen in der Neuwagenaufbereitung (PLG-VO2). „Wir sind ein dem Bandende nachgelagerter Kontrollpunkt“, sagt er. Wenn Ischner bei seinen Prüfungen eine Beschädigung an einem Fahrzeug entdeckt – etwa am Lack durch den Transport innerhalb des Werks –, kommuniziert er das sofort in seinem Team. „Dann können meine Kollegen auch an anderen Fahrzeugen gezielt danach suchen.“ Teamübergreifend werden Beschädigungen an die Bandbetreuer gemeldet, dort schnellstmöglich analysiert, um zugrunde liegende Fehler in der Produktion sofort abstellen zu können.

Im Zuge der aktuellen Erweiterung des Kundenzentrums sollen die Fehlerpotenziale weiter verringert werden. „Drei Bereiche der Fahrzeugaufbereitung, die im Moment noch weitläufig in der Produktion verteilt sind, werden dann hier zusammengefasst“, weiß Ischner. Dadurch werden nicht nur lange Laufwege der Kollegen verringert, sondern die Fahrzeuge auch nicht mehr so viel zwischen den Bereichen bewegt. „Das minimiert auch die Gefahren für Beschädigungen.“

Standort Leipzig wächst

In Bezug auf das starke Wachstum des Standorts Leipzig spielen in Sachen Qualität zwei weitere Bereiche eine wichtige Rolle: die Infrastruktur und die Qualifizierung der Mitarbeiter. „Qualität beginnt bei uns schon bei der Planung von Projekten“, sagt etwa Marco Raue, Projektleiter Werkstrukturplanung (PLG-X). Er war unter anderem für Planung und Inbetriebnahme des neuen Casinos III am Standort verantwortlich. „Wir schauen unsere Lieferanten genau an, lassen uns immer Referenzobjekte zeigen und sprechen mit den jeweiligen Betreibern. Damit haben wir die Gewissheit, dass die Ausführung später unseren hohen Anforderungen entspricht.“ Auch Raue betont, dass dies ohne Teamarbeit nicht zu bewältigen wäre. „Wir arbeiten mit vielen internen und externen Fachplanern ganz eng zusammen.“ Herausforderungen werden wöchentlich in Teamrunden besprochen und Lösungsansätze gemeinsam diskutiert. In Bezug auf das Wachstum des Standorts sieht er die wesentlichen Herausforderungen in übergeordneten Themen wie dem schonenden Umgang mit Flächen und den stetig wachsenden Verkehrsströmen.

Stetig wächst am Standort Leipzig auch die Zahl der Mitarbeiter. Im Herbst soll die Mitarbeiterzahl von 4000 erreicht werden. Entsprechend wichtig ist das Thema Qualifizierung der Belegschaft. Auch an deren Qualität wird in Leipzig intensiv gefeilt. Dr. Kristina Porsche ist in der Abteilung Ausbildung und Qualifizierung (PLG-MT) für die Einarbeitungsprogramme neuer Mitarbeiter und die Koordination überfachlicher Schulungen zuständig. „Insgesamt findet Qualifizierung bei Porsche Leipzig bedarfsorientiert statt“, sagt sie. „Es wird also eine Bedarfsanalye durchgeführt, eine Zielvereinbarung erstellt und nach der Schulung wird der Transfererfolg beurteilt.“

Die Zielstellung für ihre Abteilung liege künftig darin, insbesondere die fachlichen Maßnahmen stärker zu zentralisieren, um dort Synergieeffekte aus den Erfahrungen verschiedener Fachbereiche nutzen zu können. „Zudem arbeiten wir gerade an der Einführung des Dualen Studiums, für das wir in Leipzig im September die ersten Studenten erwarten.“ Um die Qualität in der Qualifizierung auch künftig weiter zu steigern, will Porsche Leipzig für seine Mitarbeiter auch E-Learning-Angebote etablieren, wo es sinnvoll erscheint. „Darüber hinaus ist unser Ausbildungs- und Qualifikationszentrum gerade im Bau, in dem moderne Schulungsräume beste Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeiter bieten werden“, sagt Porsche. Ende des Jahres wird es eröffnet – und die Qualität am Standort Leipzig damit noch ein bisschen besser.

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Verbrauchsangaben

Panamera Turbo E-Hybrid

WLTP*
  • 1,7 – 1,2 l/100 km
  • 11,7 – 10,5 l/100 km
  • 29,9 – 27,6 kWh/100 km
  • 39 – 27 g/km
  • B Klasse
  • G Klasse

Panamera Turbo E-Hybrid

Kraftstoffverbrauch* / Emissionen*
Kraftstoffverbrauch* kombiniert (WLTP) 1,7 – 1,2 l/100 km
Kraftstoffverbrauch bei entladener Batterie kombiniert 11,7 – 10,5 l/100 km
Stromverbrauch* kombiniert (WLTP) 29,9 – 27,6 kWh/100 km
CO₂-Emissionen* kombiniert (WLTP) 39 – 27 g/km
CO₂-Klasse B
CO₂-Klasse bei entladener Batterie G