Werden Sie als Personalvorstand künftig mehr Zeit für Ihr Hobby Wandern haben? E-Autos werden von weniger Mitarbeitern gebaut.
Andreas Haffner: Keine Sorge, mir wird es bestimmt nicht langweilig. Wir bauen sogar noch Mitarbeiter bei konventionellen Antrieben auf, denn wir werden noch relativ lange unseren Dreiklang aus Plug-in-Hybriden, Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren und rein elektrisch betriebenen Sportwagen haben. Mindestens bis 2030.
Wie schwer ist es derzeit, Mitarbeiter zu bekommen?
Natürlich gibt es den Kampf um Spezialisten gerade in den Bereichen IT, Vernetzung und Digitalisierung. Und bei dieser Zielgruppe reichen längst nicht mehr die klassischen Recruitment-Werkzeuge und auch nicht die Strahlkraft der Marke Porsche alleine. Vielmehr müssen wir uns aktiver denn je zeigen, müssen für uns dort werben, wo wir entsprechende Kandidaten vermuten, und das auch international. Selbstverständlich nutzen wir dazu gezielt die sozialen Medien und schauen, wo sich Menschen online beruflich vernetzen.
Früher haben Unternehmen an Universitäten nach geeigneten Mitarbeitern gesucht, jetzt an Schulen. Wird Porsche irgendwann auch an Grundschulen präsent sein?
Ich kann mir jedenfalls vorstellen, dass Porsche an Grundschulen Kinder für technische Themen begeistert. Es ist heute eines unserer großen Probleme, dass Kinder zu wenig technisches Interesse haben. Dabei wollen wir auch die Mädchen für uns gewinnen. Der Beruf des Ingenieurs scheint vordergründig nicht so attraktiv. Oder haben Sie schon einmal in TV-Serien einen Ingenieur eine Hauptrolle spielen sehen? Da geht es ja schon los.
Muss man beim Suchen nach Frauen und Männern unterschiedlich vorgehen?
Ja, Frauen müssen spezifischer angesprochen werden. Und das machen wir auch. Unter anderem kooperieren wir mit der Femtech, einer internationalen Karriereplattform für Frauen in Ingenieur- und Naturwissenschaften.
Für den Elektro-Sportwagen Taycan werden 1.200 Mitarbeiter benötigt. Gibt es die überhaupt?
Bei Porsche tragen das Produkt, die Marke und das Image dazu bei, dass wir sehr viele Bewerbungen bekommen. Deshalb bin ich überzeugt, dass wir genug qualifizierte Bewerber finden werden. Ergänzend haben wir ein umfangreiches Schulungsprogramm entwickelt, mit dem wir in der Lage sind, die neuen Mitarbeiter optimal auf die jeweiligen Aufgaben vorzubereiten.
Haben Sie keine Angst, dass die alten Hasen die jungen Einsteiger nicht akzeptieren?
Nein, das ist ja prinzipiell nichts Neues für uns und das haben wir bisher auch gut hinbekommen. Wir setzen auf einen guten Mix aus neuen und bestehenden sowie jüngeren und älteren Kollegen, die in einem neuen Werk arbeiten, dessen Prozesse sich schon deutlich unterscheiden vom bisher Gewohnten. Auch die alten Hasen, die aus der Sportwagen- in die Taycan-Fertigung wechseln, werden sich also umstellen müssen.
Setzt Porsche verschiedene Arbeitsmethoden ein?
Ja. Neben den „klassischen“ Arbeitsmethoden setzen wir im Unternehmen immer mehr so genannte agile Arbeitsmethoden ein, die wir aber unseren jeweiligen Bedürfnissen anpassen. Selbst Betriebsvereinbarungen haben wir so mit unserer Arbeitnehmervertretung schon in relativ kurzer Zeit erarbeitet.
Können Sie ältere Mitarbeiter davon begeistern?
Neue Arbeitsmethoden auszuprobieren ist bei Porsche keine Frage des Alters. Es gibt bei uns auch viele ältere Mitarbeiter, die sehr daran interessiert sind, sich im Rahmen von Projekten mit innovativen Arbeitsformen zu befassen. Es wird aber keiner dazu gezwungen.
Hören Sie nicht das Argument: „Warum müssen wir neue Arbeitsformen haben, wir bauen gute Autos und sind erfolgreich?“
Ja, das ist schon so. Aber prinzipiell hat uns der Wille zur Veränderung schon immer ausgezeichnet. Und das überwiegt auch heute. Wir haben beispielsweise im Januar eine neue elektronische Lernplattform gestartet, die es den Mitarbeitern ermöglicht, sich höchst individuell den Themen der digitalen Transformation zu widmen und sich selbstbestimmt weiterzuentwickeln. Wir haben bereits mehr als 12.000 Registrierungen. Das spricht für sich.
Ist es ein Problem, dass die Fluktuationsquote bei Porsche bei nur 0,6 Prozent liegt?
Es ist zunächst einmal ein Indiz für ein Unternehmen mit einer guten Kultur. Und dann dürfen Sie nicht vergessen, dass wir seit 2010 von 13.000 Mitarbeitern auf jetzt mehr als 30.000 gewachsen sind. Das ist eine natürliche Frischzellenkur. Die größte Herausforderung ist es für uns, bei diesem Wachstum den Garagenduft nicht zu verlieren. Deswegen haben wir 2017 auch nochmals unser Kultur-Leitbild weiterentwickelt – und zwar Porsche-typisch durch eine Arbeitsgruppe von 85 Mitarbeitern aus allen Ebenen und Bereichen, die noch dazu über eine unterschiedlich lange Betriebszugehörigkeit verfügen.
Bauen Sie weiter auf?
Wir werden noch etwas wachsen, aber deutlich moderater als in der Vergangenheit. Wir müssen das Wachstum der vergangenen Jahre auch erst mal verdauen und die neuen Mitarbeiter strukturell und vor allem auch kulturell bei uns integrieren.