Als Multi-Talent hat er die Entwicklung des Unternehmens Porsche während der vergangenen sieben Jahrzehnte nicht nur persönlich miterlebt, sondern auch mitgestaltet.
Die Karriere des Porsche-Urgesteins beginnt bereits im April 1943. Der damals 14-Jährige tritt als einer der ersten Auszubildenden in die Porsche KG ein. Nach der Rückkehr von Porsche aus dem österreichischem Gmünd nach Stuttgart im Jahr 1949 ist Linge der erste Mechaniker und an der Produktion des ersten in Stuttgart gebauten Porsche 356 beteiligt. 1952 entsendet ihn Ferry Porsche in die USA, wo er bis 1956 federführend beim Aufbau des Porsche-Kundendienstes mitwirkt.
Linge erzielt drei Klassensiege in Folge bei der Panamericana
Auch im Rennsport ist Herbert Linge aktiv. Etwa bei der Panamericana von 1952 bis 1954, wo er als mitfahrender Mechaniker für drei Klassensiege in Folge den mexikanischen Verdienstorden erhält. Unvergessen die Mille Miglia 1954 als Copilot von Hans Herrmann, als die beiden im 550 Spyder auf einen Bahnübergang zurasen und sich plötzlich die Schranke schließt. Herrmann und Linge ducken sich, passieren die Gleise unbeschadet.
Gleich mehrfach beendet Herbert Linge die Mille Miglia und die Targa Florio als Klassensieger, feiert Gesamtsiege bei der Rallye Lüttich-Rom-Lüttich, bei der Tour de Corse oder beim Marathon de la Route auf dem Nürburgring. Ganz besonders schlägt sein Herz aber für die 24 Stunden von Le Mans. Als Fahrer ist er elfmal dabei, kommt achtmal in Wertung und steht gleich mehrere Male als Klassensieger zuoberst auf dem Treppchen. Bis 1969 gehen nicht weniger als 90 Klassensiege und sechs internationale Rekorde auf sein Konto.
Linge schreibt Renn- und Filmgeschichte
Doch Herbert Linge schreibt nicht nur Renn-, sondern auch Filmgeschichte: Als Double für Steve McQueen startet er 1970 beim 24-Stunden-Rennen mit einem zum Kamerawagen umfunktionierten Porsche 908. Danach wechselt Linge ins neu geschaffene Porsche-Entwicklungszentrum Weissach, wo er bis zum Ende seiner beruflichen Laufbahn 1987 als Betriebsleiter tätig ist. An der Planung und Konzeption des Porsche Standortes Weissach hat Linge von Beginn an maßgeblichen Anteil. Ende der 1950er Jahre konnte er Ferry Porsche von seiner Heimatgemeinde Weissach überzeugen.
Neben seiner anspruchsvollen Tätigkeit als Betriebsleiter engagiert sich Herbert Linge in besonderer Weise für die Sicherheit im Motorsport. Er gründet 1972 die Sicherheitsstaffel der Obersten Nationalen Sportkommission für Automobilsport (ONS). Die ONS-Staffel rettet vielen Rennfahrern das Leben und Herbert Linge erhält dafür 1982 das Bundesverdienstkreuz.
Auf den Rennstrecken der Welt
Auch als Ruheständler ist Herbert Linge von 1987 an weiter auf den Rennstrecken der Welt zu finden. Bis 1990 leitet er die ONS-Sicherheitsstaffel und bis 1993 den Porsche Carrera Cup. Mit Porsche ist Herbert Linge bis heute eng verbunden. Dank seiner seit 1950 ununterbrochen geführten Tagebuchaufzeichnungen ist er immer wieder ein verlässlicher Zeitzeuge und Teilnehmer bei Veranstaltungen im historischen Motorsport. Zuletzt im Mai 2018, als er sich im Rallye-Elfer aus dem Jahre 1965 auf den Bergstraßen der Rallye Monte Carlo auf Spurensuche begibt. Vor 53 Jahren hatte er dort zusammen mit dem späteren Porsche Rennleiter Peter Falk den ersten großen Motorsporterfolg für den noch jungen 911 eingefahren: Platz fünf bei der berühmtesten Rallye der Welt.