Das Glück, so sagt man, gehört den Tüchtigen. Für die Familie Aureli heißt das, im richtigen Moment die richtige Entscheidung zu treffen – und damit aus einer Krise als Gewinner hervorzugehen. Alfredo Aureli, der einst das in der Holzverarbeitung führende Unternehmen SCM-Group mit 3600 Mitarbeitern von seinem Vater übernommen hatte, wollte sein unternehmerisches Risiko in den 1980er-Jahren schmälern. Ausgehend von einer innovativen Idee gründete er eine neue Firma in der Verpackungsindustrie.
Startpunkt war die Entwicklung eines batteriebetriebenen Roboters, der automatisch Paletten jeder Größe umrunden und dabei die Ladung mit Stretchfolie überziehen kann. Erfunden in einer Umgebung, in der innovative Ideen geradezu in der Luft liegen: Das Gebiet zwischen Bologna und Rimini heißt in Fachkreisen weltweit nur „Packaging Valley“. Mehr als 170 Firmen aus der Verpackungsindustrie haben sich hier niedergelassen und erwirtschaften jährlich rund sechs Milliarden Euro Umsatz. 27 Prozent aller Verpackungsmaschinen weltweit stammen aus der Emilia-Romagna. Kurz: Das Herz von Europas Verpackungsindustrie schlägt in Italien. Am intensivsten in Villa Verucchio, einer malerischen Kleinstadt keine Autostunde von den Stränden Riminis entfernt. Die Aurelis kennt hier jeder, seit Alfredos Vater das Unternehmen SCM 1932 gegründet hatte.
Mit dem Weitblick und der Zielstrebigkeit, die er bis heute ausstrahlt, meldete Alfredo Aureli seinen „Robot“ weltweit zum Patent an und entwickelte auf der Basis der mobilen Maschine eine vollautomatische Variante für die Verpackung direkt am Ende von Fertigungsstraßen. Deren Herstellung übernahm die 1987 gegründete Robopac Sistemi, die später gemeinsam mit Robopac unter dem Dach der Aetna Group zusammengefasst wurde. Heute gehören zu der Gruppe außerdem die Unternehmen Dimac (seit 1989) und Prasmatic (seit 2010), beide seit mehr als 30 Jahren Produzenten von Verpackungsautomaten vorwiegend für die Lebensmittelindustrie. Und mit Valentina und Enrico Aureli sind 2000 und 2001 die Kinder von Firmeninhaber und Präsident Aureli in das Management des Unternehmens eingestiegen. Seit 2005 sind die beiden Geschäftsführer der Aetna Group S.p.A. und kümmern sich um die strategische Ausrichtung der Firma.
2008 holte die Aetna Group Porsche Consulting mit ins Boot
Eins haben die beiden geschäftsführenden Geschwister ganz sicher von ihrem Vater geerbt: den Familiensinn, kombiniert mit dem Willen und den Ideen zum Erfolg. „Unser beider Interesse“, berichtet Valentina Aureli, „galt von Anfang an kompromisslos dem Wohl des Unternehmens.“ Im Vordergrund standen zunächst qualitative und operationelle Verbesserungen, gefolgt von Wachstum. 2008 holte die Aetna Group deshalb Porsche Consulting mit ins Boot. Den entscheidenden Impuls für diese Wahl gab ein Vortrag des damaligen Geschäftsführers des italienischen Büros von Porsche Consulting, Federico Magno, an einer Mailänder Universität. „Seine Präsentation war einfach ganz anders als die sonstiger Beratungsfirmen“, sagt Enrico Aureli. „Dahinter stand deutlich spürbar die praktische Erfahrung eines Vorbildunternehmens – Porsche.“
Das erste Thema und Leuchtturmprojekt der Kooperation mit Porsche Consulting war ein Klassiker: Lean Production. Die Fabrikation der verschiedenen Robopac-Halbautomaten lief in Inselmontage und zeitlich unterschiedlichen Phasen ab, sodass die Durchlaufzeiten differierten und keine fließende Produktion möglich war. Arbeiter, Management und Berater erstellten gemeinsam das Konzept für eine Montagestraße mit definierten Taktzeiten und ausgeglichenen Arbeitsabläufen. Dadurch stieg nicht nur die Produktivität, durch die Optimierung der Arbeitsstationen verbesserten sich auch die ergonomischen Bedingungen für die Mitarbeiter sowie die Qualität der Produkte. Valentina Aureli schätzt insbesondere, dass die Berater von Porsche Consulting „uns aufzeigen, wo unsere Stärken liegen, und dabei helfen, das System zu überarbeiten und die Mitarbeiter zu motivieren“.
Wirtschafts- und Finanzkrise: das Glück der Tüchtigen
Der Zeitpunkt für diesen ersten Erfolg hätte passender nicht sein können: Die Wirtschafts- und Finanzkrise in Europa traf 2008 auch die italienische Verpackungsindustrie hart. Die Aetna Group war – hier kommt das Glück der Tüchtigen ins Spiel – durch die verbesserte Wettbewerbsfähigkeit besser als andere darauf vorbereitet. „Wir hatten jetzt mehr Vertrauen in unsere Fähigkeiten und darin, erfolgreich zu sein“, sagt Valentina Aureli. Zug um Zug optimierte die Familie mit der Unterstützung von Porsche Consulting in den Folgejahren die wichtigsten Unternehmensbereiche. So steigerte beispielsweise die Neustrukturierung einer Fabrik nicht nur deren Produktivität, sondern verringerte den Flächenverbrauch auch um rund ein Drittel.
„Für die Zukunft“, erläutert Valentina Aureli, „haben wir zwei Kernziele im Fokus: noch besseren Service und noch stärkeres Wachstum – mit Porsche Consulting als Partner.“ Und sie ergänzt: „Wir wussten ungefähr, wo wir künftig hinwollen, aber uns fehlte eine Struktur und ein Maßnahmenplan.“ Zur Steigerung der Kundenzufriedenheit wurden in einer ersten Maßnahme die Angebots- und Orderzeiten optimiert. „Bei Robopac lag die Zeit zwischen Auftragseingang und Auslieferung einer Maschine im Durchschnitt zwischen sechs und acht Wochen. Heute sind wir bei vier Wochen“, sagt Enrico Aureli. „Unsere Liefertreue liegt jetzt bei fast 100 Prozent.“
Aureli: „Bis 2018 wollen wir die Größe unseres Unternehmens verdoppeln“
Serviceoptimierung und Wachstumsstrategie sind für die Aetna Group zwei Seiten einer Medaille. „Um näher am Kunden zu sein, wollen wir in allen wichtigen Märkten produzieren“, betont Enrico Aureli. Die Aetna Group muss wachsen, nur so lässt sich der Erfolg angesichts der Konkurrenz aus China und den USA langfristig sichern. Deshalb hat sie sich zum Ziel gesetzt, jedes Jahr den Umsatz um 30 Prozent zu erhöhen – teils durch organisches Wachstum und teils durch Zukäufe. Als Partner halfen die Porsche-Berater der Firma, eine Strategie nach dem Vorbild von Porsche zu entwickeln. Daraus wurden die Anforderungen, Kernbereiche und strategische Projekte definiert. Darunter fallen zum Beispiel die Mehrheitsbeteiligung an Verpackungsunternehmen in Spanien und Brasilien sowie geplante Zukäufe in den USA. „Bis 2018 wollen wir die Größe unseres Unternehmens verdoppeln“, sagt Valentina Aureli. Derzeit setzt die Aetna Group mit 470 Mitarbeitern rund 105 Millionen Euro jährlich um, insgesamt lieferte das Unternehmen zeit seines Bestehens mehr als 110 000 Verpackungsmaschinen in 120 Länder der Welt aus.
Zur Erreichung der ehrgeizigen Ziele setzt die Aetna Group vor allem auf ihre Innovationskraft. 20 Prozent der Mitarbeiter sind in Forschung und Entwicklung tätig, das Unternehmen besitzt 98 aktive Patente. Mit neuen, richtungsweisenden Innovationen will die Aetna Group den technischen Fortschritt in der Branche weiter maßgeblich vorantreiben und die Kunden mit der steigenden Wirtschaftlichkeit ihrer Produkte überzeugen. Dabei steht auch der Umweltgedanke im Vordergrund: Zukünftige Maschinen sollen weniger Folie einsetzen, wirtschaftlicher arbeiten und dadurch den Empfänger der Waren bei der Entsorgung des Verpackungsmaterials entlasten. „Unsere Maschinen“, fasst Enrico Aureli zusammen, „sollen in Zukunft nicht mehr die letzten in der Produktion unserer Kunden sein, sondern die ersten und wichtigsten in der Logistik.“
Info
Text erstmalig erschienen in „Porsche Consulting – Das Magazin 17“
Text: Peter Weidenhammer // Fotos: Franco Calegari