„Mama“ war Julians erstes Wort. So weit, so normal. Aber danach verlief seine Kindheit irgendwie in anderen Bahnen. Porsche war und ist die Guideline seines Lebens. Sobald man mit dem gelernten Porsche-Mechaniker über die Zuffenhausener Marke redet, blüht der Hüne richtig auf. Nicht umsonst hat er den magischen Nummerncode „911“ innen auf dem rechten Oberarm tätowiert. Porsche – das ist sein Leben. Julian Klein ist der jüngste Sohn von Lea Klein, und wer Lea schon mal erlebt hat, der weiß sofort, warum Julian so ist. Lea Klein fährt gern Porsche, gern schnell und hat einen Lebenslauf immer nah dran an den Rennern für die Straße. Das hat auf ihre drei Kinder – Tochter, Sohn, Sohn – abgefärbt. „Na ja, auf zwei von dreien“, zwinkert sie. Der Dritte im Bunde, Stammhalter Mario, ist aber deshalb nicht aus der Art geschlagen, sondern hat beruflich mit Immobilien zu tun – wie die Mutter seit ein paar Jahren auch.
Es ist schon eine ganz besondere Familie, die wir da durch Zufall kennengelernt haben. Wobei: Familie? War nicht auch ein Mann beteiligt? „Der Vater meiner Kinder war irgendwann nicht mehr bei uns“, erklärt Lea lapidar und sehr glaubhaft. Nicht weil sie es sagt, sondern weil sie ganz viele Dinge nicht sagt. Eine Mutter mit drei Kindern ist bei den Kleins normaler Alltag. Lea ist eine sehr junge Mutter: „Ich bin mit meinen Kindern groß geworden. Was Besseres kannst du dir gar nicht wünschen. Es war genau richtig – nicht immer einfach, aber richtig.“ Genau betrachtet, ist nichts einfach im Leben. Zum Beispiel Rennfahrer werden. Mit vier Jahren hat Lea in einem BMW 2002 auf Papas Schoß am Lenkrad gesessen und schon damals im Brustton der Überzeugung verkündet, dass sie genau das vorhat. Der süße Fratz! Alle haben gelacht. Geglaubt hat‘s keiner. Dann mit sechs oder sieben Jahren hat sie vom Schulhof ihrer Grundschule aus den ersten Porsche 911 ihres Lebens vorbeifahren sehen und gewusst: „Genau so einen will ich später fahren.“ Von da an war alles klar. Für sie. Ihre Umwelt reagierte bisweilen irritiert auf den weiblichen Car-Guy im Teenager-Alter, der da wie selbstverständlich über Autotechnik redete.
Nach der Schule folgte eine Ausbildung bei VAG Knebel in Siegen. Im dortigen Team von Motorsport Knebel schnupperte Lea Rennatmosphäre. Erst mal Nordschleife fahren im Corrado G60, dann von Jürgen Alzen lernen, VLN im Suzuki Swift fahren, danach unterwegs im Lotus Elise Cup für Auto Becker Düsseldorf. Weitere Stationen folgten – bis sie dann ab 2003 die Seiten wechselte und Teamchefin wurde. Julian war da schon so etwa 13 Jahre alt, zerlegte seine ersten Motoren, lernte schnell, wie man schraubt und wie man einen Motor sogar wieder ans Laufen bringt. Lea war für drei bis vier Autos zuständig, organisierte, lernte viele Leute kennen und hatte durchaus Spaß – doch drei Kids (Isabelle, Mario und Julian) und der Stress im Rennzirkus bewogen sie, ab 2006 ruhigere Bahnen einzuschlagen. Seitdem ist sie im Immobilienbusiness und ein gefragter Guide bei Motorsportveranstaltungen, wo sie VIP-Besuchergruppen im Auftrag großer Firmen durch die Boxengassen schleust und Teams, Fahrer und Mechaniker kennt und vorstellt. Aber der Traum vom Rennenfahren blieb.
Inzwischen begann auch Julian seine Schrauberkarriere bei Porsche und erhielt von Mama den Auftrag: „Wenn dir mal ein richtig guter 911 über den Weg läuft, dann denk an mich.“ Als er dann 2013 anrief und von einem 911 von 1978 sprach, einen Re-Import aus Kalifornien, schwarz übergeduscht, keine Innenausstattung, kein Schiebedach oder Sonstiges, ein originaler SC, wenig gelaufen mit perfekter Blechsubstanz, da wusste Lea: Julian hatte ihren Traumwagen gefunden.
Eine runtergerockte US-Karre als Traumwagen? Aber sicher! Denn der Plan der Familie Klein war, einen Rallye-Wagen aufzubauen. Und der sollte leicht sein. Also bitte kein Schiebedach. Eine Innenausstattung wurde ebenfalls nicht gebraucht, da ein Stahlkäfig der Firma Stein aus Dortmund und Rennsitze hineinsollten – und dazu ein extraleichter Teppich und so wenig Ausstattung wie möglich. Julian zauberte seiner Mum binnen eines Jahres genau den Porsche, den sie immer wollte. Optisch meint man, einen 2.7 Carrera vor sich zu haben. Die Motorklappe ist zum Beispiel original von diesem Modell.
Doch unter der schmalen Karosserie werkelt ein 3.0-Liter-Motor, dem Julian gekonnt mehr Leistung eingehaucht hat. Der locker 6.500/min drehende Motor gibt seine Kraft per Sintermetallkupplung noch an ein normales 911er-Getriebe weiter. Doch das will Julian noch ändern: Der fünfte Gang muss länger werden. Die Bremsen vorn sollten vom 964 sein. Das passt alles so eben mit den 7 x 16 Zoll-Füchsen und den Kotflügeln, wobei es vorn links gern mal etwas schrappte. Das aber ist nun anders, denn dank eines Facebook-Gewinnspiels von Bilstein und Porsche Klassik steckt in Leas Porsche nun ein perfekt abgestimmtes Fahrwerk.
Eine rennbegeisterte Familie
So also haben wir Lea kennengelernt und uns gedacht, dass man über diese rennbegeisterte Familie schreiben muss. Mit Tochter Isabelle oder ihrer guten Freundin Nicole Jentsch hat Lea schon manche Trophäe im historischen Rallyesport eingefahren. Ein Beispiel: Klassen-Zweite bei der Mittelrhein Classic 2017.
Mit neuem Schwung durch jede Kurve
Lea Klein hat noch nie irgendwo gewonnen. Doch dann kam das Gewinnspiel von Bilstein und Porsche Klassik und bescherte ihrem Porsche ein neues Fahrwerk – und zwar maßgeschneidert.
Auf der Techno Classica war die Idee auf dem Stand von Bilstein entstanden. Und auch nur, weil da ein sehr guter schwarzer 911er stand, der einem Bekannten von Bilstein-Marketingleiter Florian Hägemann gehört. Man redet, man denkt – und dann der Entschluss: Wir machen zusammen auf Facebook ein Gewinnspiel. Der Gewinner bekommt ein Fahrwerk samt Einbau von Bilstein. Porsche Klassik berichtet darüber im Sonderheft „1 Million Porsche 911“. Gesagt, getan! Wir waren baff, wie viele Porsche-Fans auf der Porsche Klassik-Seite und auf der von Bilstein mitgemacht haben. Am Ende haben wir fünf Fahrzeuge ausgesiebt, die Besitzer zeitgleich angeschrieben – und Minuten später war Lea Klein am Telefon.
Schnell war ein Termin in Ennepetal im Bilstein-Schulungszentrum vereinbart. Schon vorher war Lea Bilstein gefahren: Version Sportlich/Straße. Für den Rallyesport hätte Lea das aber gern einen Tick härter gehabt, und auch die Hinterachse erschien ihr zu schwammig. Die Experten bei Bilstein passten das neue Gasdruckfahrwerk speziell an und fanden auch die Gründe für schwammiges Verhalten hinten und ruppiges Verhalten vorn: Die Spur hinten stimmte nicht, und vorn fehlte Gleitfett im Federbein. Nun fährt Elliot besser als je zuvor.
Info
Text erstmalig erschienen im Magazin Porsche Klassik 12.
Text: Thorsten Elbrigmann // Fotos: Matthias Jung, Markus Jung, Thorsten Doerk
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