Baden-Baden ohne Brenners Park-Hotel? Undenkbar. Seit mehr als 150 Jahren prägt eines der luxuriösesten Hotels im Südwesten Deutschlands die Kurstadt. Das Park-Hotel ohne Frank Marrenbach? Ebenfalls schwer vorstellbar – der 50-Jährige lenkt seit bald 20 Jahren die Geschicke des Hauses. Der Manager ist die Diskretion in Person. Ein Mann, der seine Worte mit Bedacht wählt. Spricht er über sich oder andere, wägt er genau ab, formuliert oft diplomatisch. Vielleicht hat er das auch den Staatsoberhäuptern und Top-Politikern abgelauscht, die er kennt: Bill Clinton, Angela Merkel, Barack Obama und viele andere waren schon zu Gast in Baden-Baden. Doch über die Begegnungen mit ihnen schweigt Marrenbach – eine Tugend, die dazu beigetragen haben dürfte, dass er 2016 zum „Hotelier des Jahres“ gewählt wurde, die höchste Auszeichnung in seiner Branche.

Der gebürtige Düsseldorfer weiß nicht nur mit Prominenz, sondern auch mit Menschen jeder Herkunft umzugehen – und das muss er in der Tat. Denn als Chef der Hotelkette Oetker Collection kümmert er sich um eine ganze Reihe von Luxushotels, zu denen zum Beispiel das legendäre Cap-Eden-Roc im südfranzösischen Antibes und das Pariser Bristol zählen. Von der Karibik bis zu den Seychellen hat er in unterschiedlichsten Häusern mit insgesamt rund 3.000 Mitarbeitern weltweit vorbildliche Qualitätsstandards sicherzustellen, ohne dass der individuelle Charakter der einzelnen Hotels beeinträchtigt wird. In dieser Mission ist Marrenbach ein Drittel des Jahres weltweit unterwegs und muss dabei vielfältige kulturelle Gepflogenheiten berücksichtigen. Nicht zufällig lautet daher einer seiner Grundsätze: „Woher man auch kommt und wen immer man trifft: Respekt ist die universelle Geste – in der Sprache, in der Haltung, in der Annäherung.“

Besondere Sphäre

Klar, dass sein Beruf ihm große Konzentrationsfähigkeit und eine enorme Selbstbeherrschung abverlangt. Deshalb pflegt er eine Passion, die einen Kontrapunkt zu seiner Aufgabe als Hotelier bildet. „Da mein Beruf den permanenten Kontakt und Austausch mit anderen bedingt, brauche ich Räume, in die ich mich zurückziehen kann. Und ein solcher Raum ist zum Beispiel das Cockpit eines klassischen Porsche.“ Vor 15 Jahren kaufte Marrenbach seinen ersten 911 – ein 911 4S, Typ 993. Bald folgten ein 996 Turbo und ein 964 RS, der seine Leidenschaft für die Rennsport-Elfer entzündet hat. „Schon die Fahrt in einem Porsche entführt mich in eine besondere Sphäre. Aber die Intensität eines RS ist etwas, das mich wirklich fordert – und das suche ich.“ Über die Jahre habe er sich unterschiedliche RS-Modelle zugelegt, denn jede Variante vermittele ihm eine andere Art von Fahrspaß und Genuss. „Ein 997 GT3 RS fährt sich ganz anders als ein 964 RS – und er entwickelt jenseits von 5.000 Umdrehungen einen so unglaublichen Klang, dass man eine Gänsehaut bekommt. Faszinierend!“

911 Carrera RS 2.7, Baden-Baden, 2017, Porsche AG
Der vipergrüne Carrera RS 2.7 von 1972


Das Glanzstück in Marrenbachs Sammlung ist ein vipergrüner Carrera RS 2.7 von 1972 – der 911 mit dem charakteristischen „Entenbürzel“ und der erste RS überhaupt. Als sich Marrenbach zum ersten Mal hinter das Lenkrad setzte, war er von dem Sportwagen hin und weg: „Wie elastisch der Sechszylinder reagiert, wie schnell und stabil das Auto jede Kurve nimmt, das zeigt: Das Auto löst die Versprechen, die es macht, wirklich ein. Wie alle RS ist jedoch auch dieser nicht leicht zu fahren. Er flößt einem Respekt ein. Man muss üben, um ihn zu beherrschen.“ Marrenbach absolvierte das Fahrsicherheitstraining von Porsche, engagierte sogar einen persönlichen Trainer – und stieß dennoch an fahrerische Grenzen. „Meine erste Fahrt auf dem Hockenheimring war eine Katastrophe. Gleich in der zweiten Kurve habe ich mich verbremst. Mangelndes Können. Das hat mich geärgert“, erinnert er sich. Fortan arbeitete der Perfektionist an diesem Manko. „Ich beschäftige mich gern damit, in einer Sache besser zu werden und herauszufinden, wie ich eine Herausforderung bestehen kann.“ Drei oder vier Mal im Jahr geht Marrenbach auf die Rennstrecke. Und ab und zu startet er mit seinem Bruder, der Entwicklungsingenieur bei Porsche in Weissach ist, mit einem seiner RS-Modelle bei einer Rallye.

65 Jahre Christophorus

Marrenbachs Porsche-Leidenschaft hat noch eine andere Facette: Er hat sich in seinem Zuhause ein Porsche-Zimmer geschaffen, „einen kontemplativen Raum“, wie er sagt – vom Boden bis zur Decke mit Porsche-Literatur und -Modellen gefüllt. Kernstück dessen ist der Christophorus – mittlerweile 384 Hefte, einschließlich der ersten Ausgabe von 1952. Abgelegt sind sie in maßgefertigten dunkelblauen Schubern mit stilvoller Goldprägung. Marrenbach erwarb sie von einem Sammler, der den Hotelier erst einmal eingehend unter die Lupe nahm, bevor er ihm seinen Schatz überließ.

Das Porsche-Kundenmagazin feiert in diesem Jahr seinen 65. Geburtstag – und blickt damit auf eine noch längere Erfolgsgeschichte zurück als der 911. 1952 war es etwas völlig Neues, den Testfahrern eines Autoherstellers quasi über die Schulter zu gucken oder sich für eigene Ausfahrten inspirieren zu lassen. Doch nicht nur Themen, Bildsprache und Schreibstil des Magazins faszinieren Marrenbach, sondern auch der historische Kontext, in dem die einzelnen Hefte stehen. „Der Christophorus ermöglicht Zeitreisen in die deutsche Geschichte“, sagt der Hotelmanager, während er in einer Ausgabe aus dem Gründungsjahr blättert. „Vertieft man sich zum Beispiel eine Weile in dieses Heft, begreift man, was die Menschen nur sieben Jahre nach dem Krieg bewegte und was sie sich für ihre Zukunft erhofften.“ Was Marrenbach an den Heften außerdem fesselt: dass sie auch unternehmensgeschichtlich eine enorme Fülle an Stoff bieten. „Neben dem Zeitgeist spiegelte das Magazin immer auch die wirtschaftliche Situation von Porsche wider – die Schwierigkeiten der Marke in den frühen 1990er-Jahren genauso wie ihre spätere Renaissance.“ Für ihn seien die Hefte deshalb so etwas wie die Encyclopedia Britannica und der Brockhaus in einem. Sein Verhältnis zu den frühen Heften lässt sich auch so beschreiben: Würde das Haus brennen, träfe man Marrenbach vermutlich im Bademantel mit diesen Preziosen auf der Straße an.

Die wichtigste Person im Raum

Manchmal steigt Marrenbach in aller Herrgottsfrühe, wenn die Hotelgäste noch schlafen, in seinen vipergrünen Carrera und fährt in den Schwarzwald. „Es mag wie eine Binse klingen, aber das ist Zeit nur für mich. Platt gesagt kann ich nicht immer nur relevante Dinge tun. Wenn man seinen Job gut machen will, geht es immer um alles – bei jeder Überlegung, jeder Begegnung, jeder Interaktion.“ Marrenbach hält inne. Und gibt dann, beim Gedanken an die Kraft bestimmter Momente, doch eine Erinnerung an eine besondere Begegnung preis. „Was mich an Bill Clinton zutiefst beeindruckt hat, war, dass er einem immer das Gefühl gab, man sei für ihn die wichtigste Person im Raum. Als er unser Hotel verließ, war es früh am Morgen. Er hatte kaum geschlafen und war bereits mit einem Fuß aus der Tür, als er am Empfang einige unserer Mitarbeiter erspähte. Clinton machte kehrt, um sich bei jedem Einzelnen zu bedanken. Niemand wäre enttäuscht gewesen, wenn er das nicht gemacht hätte. Er tat es trotzdem. Das hat mir unheimlich imponiert.“

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