Nach einem äußerst spannenden und ereignisreichen Sechsstundenrennen in Spa-Francorchamps kamen Romain Dumas (Frankreich), Neel Jani (Schweiz) und Marc Lieb (Ludwigsburg) beim zweiten Lauf zur FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) erneut als Zweite ins Ziel. Diesen Platz hatten sie bereits beim Saisonauftakt in Silverstone belegt. Timo Bernhard (Großmühlbach-Miesau), Brendon Hartley (Neuseeland) und Mark Webber (Australien) waren von der Poleposition gestartet, wurden durch eine Zeitstrafe und einen Defekt zurückgeworfen und kämpften sich wieder auf Platz drei nach vorn. Der erstmals eingesetzte dritte Porsche 919 Hybrid mit Earl Bamber (Neuseeland), Formel-1-Pilot Nico Hülkenberg (Emmerich) und Nick Tandy (Großbritannien) war von Platz zwei gestartet und verlor durch eine Kollision mit anschließender Reparatur an Boden. Sie holten vom Ende des Feldes bis auf Platz sechs auf.

So lief das Rennen für die Startnummer 17:

Hartley ging von der Poleposition in Führung. Kurz vor dem Fahrerwechsel mit Bernhard nach 23 Runden verbremste er sich vor der Busstop-Schikane und kehrte durch den Notausgang auf die Strecke zurück. Hierfür wurde das Auto mit einer 15-sekündigen Stop&Go-Strafe belegt und fiel dadurch auf Rang zwei zurück, bevor ein Stoßdämpferwechsel beim Fahrerwechsel mit Mark Webber nach 47 Runden weitere Zeit kostete. Webber kämpfte sich bei seinem Doppelstint auf Platz drei zurück. Nach 95 Runden übernahm Hartley, der nach 119 Runden tankte und nach 137 Runden an Bernhard übergab. Der kam nach 161 zum letzten Tankstopp und fuhr als Dritter ins Ziel.

So lief das Rennen für die Startnummer 18:

Startfahrer Lieb verbesserte sich beim Start vom dritten auf den zweiten Platz und setzte sich dort fest. Er übergab nach 22 Runden an Jani, der nach gut 90 Rennminuten an die Spitze vorrückte, als das Schwesterauto seine Stop&Go-Strafe antreten musste. Dumas übernahm nach 46 Runden und baute die Führung bei seinem Doppel-Stint auf gut 27 Sekunden aus. Nach 94 Runden stieg Lieb zum zweiten Mal ein und kehrte als Zweitplatzierter auf die Strecke zurück. Er wechselte sich in einem beinharten Kampf mit Benois Tréluyer an der Spitze ab und übergab nach 133 Runden an Jani. Der kam nach 157 Runden zum letzten Tankstopp und beendete das Rennen als Zweiter.

So lief das Rennen für die Startnummer 19:

Tandy, von Platz zwei gestartet, kehrte als Dritter aus der ersten Runde zurück. In Runde sieben führte ein Missverständnis zu einer Kollision mit einem Werks-Porsche 911 RSR und anschließendem Reparaturstopp. Nach 32 Runden übernahm Hülkenberg das neuntplatzierte Auto für einen Doppel-Stint. Nach 80 Runden stieg Bamber erstmals ein. Er tankte nach 104 Runden und übergab nach 128 Runden an Tandy, der beim letzten Tankstopp in Runde 152 noch frische Reifen links ausfasste. Der Brite erreichte das Ziel auf Platz sechs.

„Wir waren absolut vorne mit dabei“

Fritz Enzinger, Leiter LMP1: „Mit der Dreiffachführung zu Beginn und der unglücklichen Kollision war es ein äußerst turbulentes und aufregendes Rennen für uns. Aber mit den zwei Podiumsplätzen und dem sechsten Rang haben wir unser Ziel erreicht, alle drei Fahrzeuge über die volle Distanz zu bringen. Wir waren absolut vorne mit dabei. Das beweist das knappe Endergebnis, wenn nach sechs Stunden den Ersten und den Zweiten nur wenige Sekunden trennen. Auch in puncto Zuverlässigkeit haben wir wieder Fortschritte gemacht. Wir sind auf dem richtigen Weg für Le Mans und freuen uns auf die große Herausforderung. Ein großes Kompliment dem gesamten Team – insbesondere der dritten Crew und den drei neuen Fahrern. Sie haben sich perfekt integriert und waren von Anfang an konkurrenzfähig.“

Alexander Hitzinger, Technischer Direktor LMP1, Fritz Enzinger, Leiter LMP1, Spa 2015, Porsche AG
Alexander Hitzinger, Technischer Leiter LMP1, Fritz Enzinger, Leiter LMP1, l.-r.

Andreas Seidl, Teamchef: „Im ersten Moment überwiegt die Enttäuschung. Nach den Plätzen eins, zwei und drei im Qualifying wären wir heute auf jeden Fall siegfähig gewesen, wenn alles perfekt gelaufen wäre. Zur gesamten Crew der Startnummer 19 können wir sagen: Ziel erreicht. Alle Fahrer haben ihre Renneinsätze absolvieren können, was für die Vorbereitung auf Le Mans ganz wichtig war. Großen Dank aber auch an die komplette Mannschaft, die heute zwei Reparaturen in der Box schnell und erfolgreich durchgeführt hat. Abschließend betrachtet konnten wir die große Herausforderung, erstmals drei Porsche 919 Hybrid einzusetzen, meistern. Wir haben alle drei Autos ins Ziel gebracht und zwei von drei Podestplätzen besetzt – das bedeutet weitere wertvolle Punkte für die verschiedenen WM-Wertungen.“

So lief das Rennen in der GTE-Klasse:

Mit dem 470 PS starken Porsche 911 RSR, der auf der siebten Generation der Sportwagenikone 911 basiert, belegten die Porsche-Werksfahrer Frédéric Makowiecki (Frankreich) und Richard Lietz (Österreich) nach einer sehenswerten Aufholjagd den zweiten Platz in der Klasse GTE-Pro. Im zweiten vom Porsche Team Manthey eingesetzten 911 RSR kamen Porsche-Junior Sven Müller (Bingen) und Kévin Estre (Frankreich) nach einer starken Leistung bei ihrer WEC-Premiere als Dritte ins Ziel.

Die mehr als 54.000 Zuschauer, die am Freitag und Samstag zur Traditionsrennstrecke in den belgischen Ardennen gekommen waren, erlebten nach dem engen Qualifying ein nicht weniger spannendes zweites Saisonrennen der Sportwagen-Weltmeisterschaft WEC. Nach einem eher verhaltenen Start aus der vierten GT-Reihe kamen Frédéric Makowiecki und Richard Lietz, die sich in dieser Saison zum ersten Mal ein WEC-Cockpit teilten, im 911 RSR mit der Startnummer 92 im Verlauf des Rennens immer besser in Fahrt. Dank einer starken kämpferischen Leistung auf dem anspruchsvollen Ardennenkurs und einer perfekten Boxenstrategie gelang es ihnen vor allem in der Schlussstunde entscheidende Positionen gut zu machen und ihre über weite Strecken spektakuläre Aufholjagd mit dem Sprung aufs Podium zu krönen.

Sven Müller und Kévin Estre statt Michael Christensen und Patrick Pilet

Bei ihrem ersten Start mit dem Porsche 911 RSR konnten sich im hochklassig besetzten GT-Feld auch Porsche-Junior Sven Müller und Kévin Estre mit einer eindrucksvollen Vorstellung behaupten. Auf der schwierigen 7,004 Kilometer langen Traditionsrennstrecke vertraten sie im 911 RSR mit der Startnummer 91 die WEC-Stammpiloten Michael Christensen (Dänemark) und Patrick Pilet (Frankreich), die für Porsche North America beim am Sonntag stattfindenden Rennen der Tudor United SportsCar Championship in Laguna Seca/USA am Start sind – und schafften es auf Anhieb aufs Podium. In ihrem ersten Rennen in der WEC und als Teamkollegen verloren sie durch eine Kollision in der ersten Rennstunde zwar Zeit und Positionen, ließen sich durch diesen Rückschlag aber nicht beirren. Mit konstant schnellen Rundenzeiten und dem nötigen Rennglück erkämpften sie sich den verdienten Platz auf dem Podium. Sven Müller startet in dieser Saison normalerweise im Porsche Mobil 1 Supercup und fährt ausgesuchte Rennen im Carrera Cup Deutschland. Kévin Estre gewann 2011 den Carrera Cup France und 2013 den Carrera Cup Deutschland.

Nur knapp das Podium verpasst haben in der Klasse GTE-Am der ehemalige Porsche-Junior Klaus Bachler (Österreich), Christian Ried (Schönebürg) und Khaled Al Qubaisi (Abu Dhabi) im 911 RSR des Porsche-Kundenteams Abu Dhabi Proton Racing. Sie kamen als Vierte ins Ziel. Auf Rang fünf folgten US-Rennfahrer und Schauspieler Patrick Dempsey, Porsche-Werksfahrer Patrick Long (USA) und Marco Seefried (Wildschönau) im 911 RSR von Dempsey Proton Racing.

„In den Porsche-Markenpokalen groß geworden“

Dr. Frank-Steffen Walliser, Porsche-Motorsportchef: „Das war ein sehr turbulentes Rennen unter schwierigen Bedingungen. Die Eingriffe der Rennleitung musste man nicht verstehen, doch zum Schluss hat sich alles dann doch irgendwie ausgeglichen. Hervorheben muss man vor allem die Leistung von Kévin Estre und Sven Müller, die heute einen Superjob gemacht haben. Wenn man wie sie neu in ein eingespieltes Team kommt, sind der Druck und die Erwartungen immer sehr groß, doch wie sie damit umgegangen sind, verdient größten Respekt. Sie sind in den Porsche-Markenpokalen groß geworden, und wenn man sich heute das Starterfeld angesehen hat, wer da alles in unseren Markenpokalen sein Handwerk gelernt hat, spricht das eine eindeutige Sprache. Jedem jungen Fahrer kann man nur empfehlen, dort zu lernen.“

Das dritte Saisonrennen der Sportwagen-Weltmeisterschaft WEC sind am 13./14. Juni die legendären 24 Stunden von Le Mans. Davor findet am 31. Mai ein offizieller Testtag auf dem Circuit des 24 Heures statt.

55 Porsche-Piloten in Spa im Renneinsatz

Im Rahmenprogramm der Sportwagen-Weltmeisterschaft WEC haben in Spa-Francorchamps auch der Porsche Carrera Cup Great Britain und die Porsche GT3 Cup Challenge Benelux jeweils zwei Meisterschaftsläufe ausgetragen. Dadurch waren auf dem Traditionskurs in den Ardennen insgesamt 55 Porsche-Piloten im Renneinsatz. „Wir haben hier quasi die Porsche-Motorsportpyramide von ganz unten bis ganz oben einmalig dargestellt“, sagte Porsche-Motorsportchef Dr. Frank-Steffen Walliser, der am Samstag Max van Splunteren den Siegerpokal der GT3 Cup Challenge Benelux überreichte. Dan Cammish, der das Rennen des Carrera Cup Great Britain gewann, erhielt seine Trophäe aus den Händen von Wolfgang Hatz, Vorstand für Forschung und Entwicklung der Porsche AG.

Dr. Frank-Steffen Walliser ließ es sich nicht nehmen, in den Fahrerlagern der Markenpokale vorbei zu schauen, genau so wie Porsche-Werksfahrer Nick Tandy, der seine Kollegen vom Carrera Cup Great Britain besuchte. Im Gegenzug machten sich viele Markenpokal-Fahrer aus nächster Nähe ein Bild vom Auftritt der Porsche-Werksteams in der WEC. „Das ist es, was Porsche auszeichnet“, so der Porsche-Motorsportchef. „Bei uns ist jeder jederzeit willkommen. Wir sind kein elitärer Club, sondern eine große Familie und bieten Motorsport zum Anfassen. Das werden wir auch in Zukunft so halten.“

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