Derzeit sorgt die Blockchain-Technologie für viel Wirbel. Im Prinzip handelt es sich um eine digitale Distributed-Ledger-Technologie, mit der Informationen jeglicher Art in Form von kryptografischen Hashwerten aufgezeichnet werden können, wobei der Hashwert eines jeden Blocks auf den Hashwert des vorhergehenden Blocks verweist. Da das Verfahren dezentral ist und jeder Block basierend auf einer Reihe von Konsensmechanismen zur Blockchain hinzugefügt wird, können einmal in der Blockchain erfasste Daten nur schwer modifiziert oder geändert werden. Eine Blockchain kann auch sogenannte „Smart Contracts“ enthalten, mit denen Bezahlungen geleistet werden können und die in Kraft treten, sobald bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Ein Smart Contract ist praktisch ein Programm, das an den Knoten der Blockchain ausgeführt wird. Als dezentralisierte Open-Source-Technologie mit der Möglichkeit, Smart Contracts hinzuzufügen, bietet die Blockchain enorm viel Transparenz und schafft Vertrauen zwischen den Benutzern, ohne dass Drittparteien als Vermittler erforderlich sind. Mit der Technologie hinter Blockchain können viele Probleme gelöst werden, bei denen Transparenz und Vertrauen zwischen unterschiedlichen Parteien wichtig sind.

Gestatten, TransTrans


Dr. Karthick Perumal und Pascal Pflüger vom Porsche Digital Lab, ihre Kollegen Lukas Weiß und Moritz Papenfuß von MHP sowie Erik de Graaf und Fatih Salikutluk von Targens nahmen an dem von der Wirtschaftsinitiative Baden-Württemberg: Connected e. V. (bwcon) organisierten „Blockchain Hackathon“ teil, der in der Stuttgarter Merz Akademie stattfand.

Wir nannten unser Team „TransTrans“, eine Wortschöpfung aus „TRANSparent“ und „TRANSport“. Unsere Idee für den zweitägigen Hackathon: Wir wollten ein Smart-Supply-Chain-Management-System in einer Ethereum-basierten Blockchain implementieren und hierfür von der Produktion bis zum Verkauf an den Endkunden Smart Contracts einsetzen.

„Der einzige Weg, dieses Vertrauen zu schaffen, ist ein vollständig transparenter Prozess." Karthick Perumal


Der Plan: Blockchain-gestützter Arzneimitteltransport


Als Rahmen für unser Hackathon-Projekt haben wir das Gesundheitswesen gewählt. Bestimmte Arzneimittel müssen unter bestimmten Temperaturbedingungen gelagert bzw. transportiert werden. Werden diese nicht erfüllt, wird die Wirkung der Arznei beeinträchtigt oder die Arznei verliert ihre Wirkung ganz. Derzeit ist für den Kunden beim Kauf in der Apotheke nicht ersichtlich, wie die Arznei gelagert oder transportiert wurde. Der Kunde muss also seiner Apotheke und die Apotheke muss dem Logistikanbieter und dem Pharmaunternehmen vertrauen, dass während des Herstellungs- und des Transportprozesses die entsprechenden Bedingungen erfüllt wurden.

Wie kann dieses Vertrauen geschaffen werden? Der einzige Weg, dieses Vertrauen zu schaffen, ist ein vollständig transparenter Prozess. Hierfür wird ein dezentral geführtes Kontobuch („Distributed Ledger“) verwendet, das in regelmäßigen Abständen alle relevanten Informationen erfasst – von der Produktion bis zur Lagerung in der Apotheke. Der Endkunde kann den Produktverlauf mit seinem Smartphone zurückverfolgen und hat so beim Kauf Gewissheit, dass das Arzneimittel nichts an Wirkung verloren hat. Das Verfahren eignet sich nicht nur für das Gesundheitswesen, sondern für alle Branchen, in denen die Produktqualität beeinträchtigt werden kann.


Hier der Implementierungs-Workflow unseres Supply-Chain-Management-Modells:
 

1. Ein Kunde besucht eine Apotheke und identifiziert einen Produktbedarf. Die Apotheke wendet sich an ein Pharmaunternehmen.
 

2. Das Pharmaunternehmen entwickelt ein neues Produktdesign gemäß den Kundenanforderungen. Das Pharmaunternehmen erstellt einen Smart Contract mit Produktdetails, Mengenangaben und den wesentlichen Qualitätsmerkmalen (u. a. Temperatur- und Stoß-/Erschütterungsbedingungen für die Lagerung und den Transport des Produkts). Stellt das Pharmaunternehmen fest, dass Produktion und Transport teuer sind und eine Finanzierung erforderlich ist, kann es ein Ausschreibungsverfahren starten.

3. Ein Finanzinstitut kann den Smart Contract annehmen und die Produktion des Pharmaunternehmens finanzieren.

4. Der Hersteller und der Logistikanbieter senden als Antwort auf die Ausschreibung ihre Angebote. Diese Ausschreibung umfasst das Sensor-Framework, das von einem Sensoranbieter bereitgestellt wird. Die Daten der Sensoren werden während des Produktions- und Transportprozesses in regelmäßigen Abständen in der Blockchain erfasst.

5. Der Hersteller beginnt mit der Produktion. Nach Abschluss der Produktion werden die Produktqualitätskriterien an die Blockchain gesendet. Tokens werden bereitgestellt, um den Produktbesitz nachzuweisen. Wenn das Produkt die Anforderungen erfüllt, wird das Geld via Smart Contract an den Hersteller überwiesen.

6. Der Logistikanbieter holt das Produkt ab. Der Produktbesitz wird an den Logistikanbieter übertragen. Dieser transportiert das Produkt zur Apotheke.

7. Die Apotheke überprüft, ob das Produkt die gewünschten Qualitätskriterien erfüllt. Der Produktbesitz wird an die Apotheke übertragen und als Token gespeichert.

8. Der Kunde überprüft, ob das Produkt die Qualitätskriterien erfüllt, indem er den Verlauf von der Produktion bis zur Auslieferung mit dem Smartphone nachverfolgt. Ist das Produkt in Ordnung, kauft es der Kunde von der Apotheke.

9. Die Bank erhält das Geld vom Smart Contract.

Weniger ist mehr

Mit der Digitalisierung rückt der Kunde noch stärker als zuvor in den Mittelpunkt. Dabei ist es das Ziel, ihn mit auf eine Reise namens Produkterlebnis zu nehmen – und nicht immer alles umzusetzen, was technisch möglich ist.

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48 hours later


Um die Schritte zu veranschaulichen, haben wir beim Hackathon ein kurzes Video erstellt (ohne Audio). Die technische Implementierung erfolgte mit Ethereum. Wir haben für die Bereitstellung der Smart Contracts ein lokales Testnet verwendet. Zur Simulation der Schritte der unterschiedlichen Parteien kam ein Web-Frontend zum Einsatz. Für die Interaktion mit den Smart Contracts und die Erstellung von Transaktionen in der Blockchain haben wir web3 verwendet. Obwohl wir nur zwei Tage hatten, entschieden wir uns für eine testgetriebene Smart-Contract-Entwicklung. Dieser Ansatz hilft, Bugs zu vermeiden, die ein ernstes Problem für den Blockchain-Code darstellen, da sie sich nicht so einfach wie bei anderer Software beheben lassen.

„Inzwischen läuft bereits die Entwicklung echter Anwendungen, z. B. im Porsche Digital Lab Berlin.” Karthick Perumal


Fazit


Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir viel gelernt und zwei sehr spannende und interessante Tage in Stuttgart verbracht haben. Unser Projekt und all die anderen beim Hackathon vorgestellten Projekte veranschaulichen einige der vielen Anwendungsfälle, in denen mithilfe der Blockchain-Technologie künftig Probleme gelöst werden können. Inzwischen läuft bereits die Entwicklung echter Anwendungen, z. B. im Porsche Digital Lab Berlin. Dort wurden die Voraussetzungen für den erstmaligen Einsatz der Blockchain-Technologie in einem Auto entwickelt. In Bezug auf den TransTrans-Fall zeigt uns dies, dass es in Zukunft auch möglich sein wird, Sensorwerte in den Lkw direkt in der Blockchain zu erfassen.

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