1900: Der Moment der Initiation
Paris, 1900: Die fünfte Weltausstellung stellt alles in den Schatten, was vorher war. Zwischen Riesenrad und Grand Palais wird inmitten der Metropole die „Bilanz eines Jahrhunderts“ auf über 200 Hektar Fläche gezogen, gut 75 000 Aussteller zeigen alles, was modern und aufregend ist.
Auch Ferdinand Porsche reist nach Paris, gemeinsam mit seinem Arbeitgeber, dem österreichischen Fahrzeugbauer Ludwig Lohner. Der junge Porsche hat die letzten Monate fast ausschließlich in der Werkstatt verbracht, tief versunken in seine Konstruktionen oder stundenlang an der Werkbank stehend, gebückt über Elektromotoren, Radnaben und wuchtig schwere Bleibatterien. Nach nur vier Jahren in der Vereinigten Elektrizitäts-AG in Wien hat es der 22-Jährige zum Leiter der Versuchsabteilung gebracht, wo er unter anderem durch die Konstruktion eines Elektrofahrrades und eines Antriebs für das von dem Wiener Kutschfabrikanten Ludwig Lohner erfundene Elektromobil von sich reden macht.
Lohner ist so begeistert von dem visionären Konstrukteur, dass er Ferdinand Porsche Ende 1899 kurzerhand abwirbt – und ihn ganz mit dem Bau eines verbesserten Nachfolgemodells der Elektrokutsche betraut. Innerhalb von nur zehn Wochen schraubt Porsche aus seinen kühnen Plänen den ersten „Lohner-Porsche“ zusammen: Zwei Elektromotoren sitzen direkt in der Nabe der Vorderräder, die Antriebsräder sind also gleichzeitig für die Lenkung zuständig. Vor allem aber kann Porsche so einen beispiellos effizienten Antrieb schaffen – dank des Verzichts auf Getriebe, Riemen und Ketten minimiert er die Reibungsverluste.
Im Automobilsektor ist dieser „Elektrische Phaeton“ die große Innovation auf der Weltausstellung. Und ein riesiger Erfolg – als „markanteste Novität“ und „epochemachende Neuheit“ wird der Lohner-Porsche von der Presse gelobt. Und sein Schöpfer? Hat auf der Weltausstellung in Paris seinen ersten großen Auftritt. „Er ist noch sehr jung“, erklärt Ludwig Lohner auf die Frage nach dem bis dato unbekannten Konstrukteur. „Aber das ist ein Mann, der eine große Karriere vor sich hat. Sie werden noch viel von ihm hören, sein Name ist Ferdinand Porsche.“