Ein kurzer Klick beamt Matthias Görtz in eine andere Sphäre. Auf dem Screen seiner VR-Brille öffnen sich die Porsche Spaces. Sein Avatar schreitet durch eine virtuelle Porsche-Niederlassung vorbei an den neuesten Sportwagen im Erdgeschoss hoch in den langen Flur mit Schulungsräumen im ersten Stock. Hier bringt das After-Sales-Team den Porsche-Händlern über Kontinente und Zeitzonen hinweg das Basiswissen zu neuen Fahrzeugen bei, erklärt ihnen Updates zu Bestandsmodellen oder schult die Mechaniker an den Fahrzeugen.
„Wir gestalten die Rahmenbedingungen für das Lernen bei Porsche, setzen mit unseren Angeboten Impulse, sorgen für Orientierung in der Vielzahl an Lernangeboten.“ Matthias Görtz
Es geht um Daten, Zahlen und Fakten, die für Matthias gar nicht so wichtig sind. Er interessiert sich vielmehr dafür, wie die Porsche Spaces funktionieren und wie sie sich auf andere Lernformate übertragen lassen. Denn Lernen ist seine Passion und sein Job. Als Leiter Lerndesign und Wissensoffensiven prägt er mit seinem Team maßgeblich, wie das Lernen bei Porsche gestaltet wird.
Das Team ist in ein ganzes Netzwerk aus Akteuren eingebettet: die Lernen@Porsche-Community. Deren Kern bildet die Personalentwicklung, der auch Matthias angehört. „Wir gestalten die Rahmenbedingungen für das Lernen bei Porsche, setzen mit unseren Angeboten Impulse, sorgen für Orientierung in der Vielzahl an Lernangeboten und -möglichkeiten und – ganz wichtig – vernetzen alle, die das Lernen aktiv mitgestalten möchten“, erklärt er die Rolle seiner Abteilung. Dabei verteilen sich die Aufgaben auf verschiedene Fachbereiche.
„Für uns sind die zukünftig bei Porsche benötigten Kompetenzen die Maßgabe.“ Katja Zimmermann
Matthias ist mit seinem Team für das Lerndesign zuständig – also die richtige Kombination unterschiedlicher Lernformate für effektive und motivierende Angebote. Ein weiteres kümmert sich um die Weiterentwicklung des digitalen Lernökosystems, über das die Mitarbeiter Zugang zur Lernwelt des Unternehmens finden. Dort sind E-Learnings, Videotutorials und virtuelle Seminare abgelegt sowie alle relevanten Informationen zu den Präsenzseminaren gesammelt. Die Kompetenzentwicklung steuert als drittes Team Inhalte und Angebote zu überfachlichen Themen bei. Dazu zählt das Porsche Warm-up für alle Neueinsteiger ebenso wie Trainings rund um Themen wie Agilität, Achtsamkeit, virtuelles Arbeiten oder Leadership und die Personalentwicklungsprogramme für verschiedenste Zielgruppen.
„Für uns sind die zukünftig bei Porsche benötigten Kompetenzen die Maßgabe. Wir richten unsere Qualifizierungsinhalte, -angebote und -wege nicht nur darauf aus, unsere Mitarbeiter in den heutigen, sondern vor allem auch in den Jobanforderungen von morgen fit zu machen“, erklärt Katja Zimmermann, die Leiterin der Kompetenzentwicklung. Bei fachlichen Angeboten berät die Personalentwicklung die Qualifizierer aus den Fachbereichen und stellt die passenden Lernmethoden bereit.
Mittel, Wege und Tempo sind individuell. Und am Ende steht selten ein exakt festgelegtes Ziel. Denn das definiert in vielen Fällen jeder für sich selbst. Sicher ist, dass der Erfolg eines Unternehmens von der Bereitschaft der Mitarbeiter abhängt, sich neues Wissen anzueignen, es einzuordnen und weiterzugeben. Stillstand wird in der Wirtschaft hart bestraft. Deshalb ist die Lust am Lernen bei Porsche fester Bestandteil der Unternehmenskultur. Das gilt in besonderem Maße für die Personalentwicklung.
Um den Erfahrungsschatz auszubauen, betreiben die Mitglieder der Abteilung selbst einen riesigen Aufwand. Sie geben Masterarbeiten in Auftrag, die untersuchen, wie effektiv Lernvideos im Vergleich zu E-Learnings sind oder wie man Podcasts zum Lernen optimal einsetzt. Das Team lernt, um Lernen@Porsche zu verbessern. Es ist immer auf der Suche nach den besten und neuesten Wegen, um Wissen zu vermitteln. „Wir wollen selbst Innovationstreiber sein, die neue Formate wie Virtual Reality oder Augmented Reality zuerst ausprobieren“, sagt Matthias.
Die Lernangebote entstehen immer in Teamarbeit, bei der sich Fachbereiche und Personalentwicklung die Bälle zuspielen und gegenseitig ergänzen. „Ausgangspunkt ist dabei die Entwicklung einer Learning Journey“, erklärt Michael Pohl, der Leiter der Personalentwicklung. Es wird festgelegt, welche Inhalte und Methoden in welcher Reihenfolge angewendet werden. „Dadurch stellen wir sicher, dass die Inhalte mit nachhaltigem Effekt vermittelt werden und nicht nur ein einmaliges Feuer entfacht wird“, ergänzt Katja. Die perfekte Learning Experience ist das Ziel.
Nah kommt diesem Prädikat die Innovationswerkstatt, bei der Projektmanagement und Innovationsmethoden auf dem Lehrplan stehen. Sie beginnt mit vorgelagerten kurzen Theorieimpulsen wie einem E-Learning zum Thema Design-Thinking. Denn im Präsenzseminar selbst müssen die Teilnehmer echte Probleme und Innovationsthemen, die direkt von Mitarbeitern aus allen Fachbereichen kommen, durch Einsatz der Methoden und den gegenseitigen Austausch lösen.
Eine Frage der Einstellung: Mitarbeiter sollen Neues aus Neugier angehen.
Erfahrungs- und handlungsorientiertes Lernen wirkt nachhaltiger. Außerdem erfüllt es automatisch die drei Bausteine für eine gelungene attraktive Lernmaßnahme: Es wirkt motivierend, zeigt die Relevanz der Inhalte auf und ermöglicht den Aufbau persönlicher Routinen.
Der Ansatz des angewandten Lernens ist der Realität entnommen. „Tatsächlich passiert der Großteil des Lernens on the Job oder durch soziales Lernen“, erklärt Michael. „Allerdings sollte auch dieses gut nachbereitet werden, damit das Erlernte im Alltag nicht wieder schnell verloren geht“, ergänzt Matthias. Dies kann auf ganz einfache Art zum Beispiel mithilfe der Lernhacks erfolgen. Bei vielen Themen ist das Anfassen der Geräte oder der Austausch unter den Kollegen unersetzlich. Erlerntes, das mit einer konkreten Handlung, einem Erlebnis oder einem Gespräch verbunden werden kann, prägt sich besser ein. Deshalb müssen die Mitarbeiter von ihrer Einstellung her bereit sein, ständig zu lernen und Neues aus Neugier angehen zu wollen.
Weil sich die Lust am Lernen nicht von oben herab erzwingen lässt, webt die Personalentwicklung die Mitarbeiter quasi ins Netzwerk mit ein und gibt ihnen viele Freiheiten. Auch deshalb lebt das Porsche-Lernökosystem als zentraler Ort des Lernens von maximaler Transparenz und so wenig Restriktionen wie möglich. „Dadurch hat der Lernende die Möglichkeit, auf die unterschiedlichsten Themen zuzugreifen und sich frei in diesem Umfeld zu bewegen“, erklärt Sarah Schultz, die Leiterin des Lernökosystem-Teams.
Darüber hinaus nimmt die User Experience natürlich auch im Lernökosystem einen zentralen Stellenwert ein. Es zeichnet sich durch ein modernes, einfaches und motivierendes Design aus. Die Landingpage ist so gestaltet, dass für jeden Einzelnen die Qualifizierungsangebote schnell auffindbar sind. Der Blick aus diesem Umfeld hinaus ist aber ausdrücklich erlaubt und wird sogar forciert. Auf einer Newspage wird zum Beispiel regelmäßig über neue spannende Angebote informiert. Ergänzend dazu soll künftig über einen intelligenten Algorithmus das Lernerlebnis durch ein gezieltes Vorschlagswesen im Sinne des „Netflix-Ansatzes“ erweitert werden. Inhalte aus anderen Fach- und Kompetenzbereichen werden so den Lernenden vorgeschlagen, um die Fähigkeiten zielgerichtet zu erweitern.
„Einer der besten Momente in der Lernen@Porsche-Community ist, wenn wir aus den Fachbereichen spannende Impulse bekommen und so unser Wissen selbst erweitern.“ Lars Sielaff
Der Blick über den Tellerrand hinaus führt automatisch zum Austausch zwischen Mitarbeitern und Fachbereichen, von dem Lernen@Porsche lebt. Genau deshalb wird der Begriff auch von einer ganzen Lern-Community mit Leben erfüllt. Neben den Personalentwicklern gehören dieser die Qualifizierungsverantwortlichen aus den Fachbereichen an. Grundsätzlich kann aber natürlich jeder Mitarbeiter zum festen Bestandteil des Netzwerks werden. Dort werden in regelmäßigen Treffen Erfahrungen über die Wirkung der Seminare und Lernmethoden ausgetauscht und neue Qualifizierungsangebote entwickelt und besprochen. „Einer der besten Momente in der Lernen@Porsche-Community ist, wenn wir aus den Fachbereichen spannende Impulse bekommen und so unser Wissen selbst erweitern“, sagt Lars Sielaff, der die Lerncommunity betreut. Aus der Aussage spricht das Selbstverständnis einer ganzen Abteilung. Nur wer selbst wissbegierig ist und für das Lernen brennt, kann einem ganzen Unternehmen ständiges Lernen vermitteln.
Info
Text: Benjamin Büchner
Text erstmalig erschienen im CAMPUS Magazin.