Selbstverständlich müssen Personalabteilungen das aktuelle Tagesgeschäft im Griff haben. Dazu zählen Themen wie Fachkräftemangel, das Gewinnen und Binden herausragender Talente sowie die Optimierung von Prozessen und die Integration innovativer Technologien. Zum anderen müssen HR-Verantwortliche zunehmend Sondersituationen managen und flexibel auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren können. Dazu gehören externe Einflüsse des Weltgeschehens ebenso wie hausinterne Entwicklungen.
Influencer und Künstliche Intelligenz
„Allein das Bewältigen des Status quo reicht in Personalabteilungen nicht mehr aus“, sagt Ninjo Lenz, Partner bei der Managementberatung Porsche Consulting. „Sie müssen auch treibende Kräfte für den Erfolg der Geschäfts- und Business-Service-Bereiche sein.“ Das heißt: als attraktiver Arbeitgeber die passenden Talente anziehen. Dabei kommen immer häufiger, so Lenz, innovative Konzepte wie Corporate Influencer, individualisierte Bewerberansprachen mithilfe Künstlicher Intelligenz oder Alumni-Empfehlungsprogramme zum Einsatz.
Besonders in schwierigen Zeiten, wenn in Unternehmen nicht alles rund läuft, zeigt sich die Bedeutung eines agilen und anpassungsfähigen Personalbereichs. Lenz: „HR sollte in der Lage sein, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und effektive Maßnahmen zu ergreifen, um Arbeitszeitmodelle anzupassen, Homeoffice-Strukturen umzubauen und organisatorische Instrumente zur Bewältigung von Krisen einzusetzen.“ Personalverantwortliche sollten den Employee Lifecycle, der die gesamte Betriebszugehörigkeit eines Mitarbeitenden umfasst, fest im Blick haben und zum flexiblen Gestalter der Arbeitsverhältnisse werden.
Geschäftssinn und Expertise
„Der stark veränderte Bedarf der gesamten Unternehmensorganisation erfordert ein Neudenken und eine grundlegende Umgestaltung des Personalbereichs. Das betrifft sowohl Funktionen als auch Kompetenzen des HR-Ressorts“, sagt Ninjo Lenz. Der Experte beobachtet: „Dazu sind viele Unternehmen offenbar noch nicht bereit oder haben Schwierigkeiten bei der Umsetzung.“ Wie der Umbau funktionieren kann, beschreibt Lenz‘ Kollegin Isabel Neitzel, Psychologin und Business Coach bei Porsche Consulting: „Zunächst muss die Personalabteilung die eigene Transformation initiieren, um fit für die Zukunft zu sein. Dies erfordert ein tiefes Verständnis der aktuellen und zukünftigen Herausforderungen sowie die Bereitschaft, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln.“ Die Schaffung eines Teams von Top-Mitarbeitenden mit einem starken Geschäftssinn und einer breiten Expertise sei dabei von entscheidender Bedeutung. Das bringe Mitarbeitende in die Lage, flexibel auf neue Herausforderungen zu reagieren und innovative Lösungen zu entwickeln.
Eine dynamische Personalabteilung, die über ein Team von vielseitig einsetzbaren Talenten verfügt, kann schnell und effektiv auf unvorhergesehene Ereignisse wie beispielsweise eine Pandemie reagieren. Gleichzeitig sei ein „gut etabliertes Ökosystem wichtig, um neue Ideen und Perspektiven zu integrieren“. Dies könne beispielsweise durch die Zusammenarbeit mit externen Experten, die Teilnahme an Branchen- oder anderen „Open Space“-Veranstaltungen erreicht werden. Zusätzlich sei die Entwicklung klarer Funktions- und Rollenmodelle entscheidend, um sicherzustellen, dass die Personalabteilung über die richtigen Fähigkeiten und Kompetenzen verfügt, um den zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden. Eines der geeigneten Instrumente: „Durch das Schaffen vielfältiger Karrierepfade für Personalfachkräfte aus verschiedenen Fachbereichen kann die Personalabteilung sicherstellen, dass sie auch in Zukunft erfolgreich sein wird.“
Mutige Gestalter gefragt
Nach Beobachtungen von Porsche Consulting sind Personalverantwortliche noch längst nicht in jedem Unternehmen in den Vorstand oder die Geschäftsführung eingezogen. Historisch seien die Personalabteilungen häufig als reine Mitarbeiterverwaltung eingestuft worden und blieben daher zu oft im Hintergrund. „Dabei sollten sie dort genauso selbstverständlich präsent sein wie der Chief Financial Officer“, sagt Ninjo Lenz und gibt ein Beispiel: „Eine strategische Investitionsentscheidung über einen neuen Standort sollte heute von HR durch Personal- und Arbeitsmarktdaten gestützt werden. Auch dafür braucht der Personalleiter Sichtbarkeit an höchster Stelle im Unternehmen. Die muss er sich notfalls selber holen.“
Isabel Neitzel arbeitet an Konzepten und Trainings für fortschrittliche Personalabteilungen. Es gehe um ein „neues Selbstverständnis“, sagt die Psychologin und Business Coach: „Weg von der administrativen Rolle hin zu einem stark antreibenden Part und Katalysator. Die Personalabteilung braucht noch mehr Mut und selbstbewusste Gestalter.“
Info
Text erstmalig erschienen im Porsche Consulting Magazin.