Gleich außerhalb des verträumten Küstenstädtchens Swakopmund ist der Strand bei Ebbe dreißig, vielleicht vierzig Meter breit. Von Westen rollen die eiskalten Wellen des Atlantiks heran. Nach Osten ziehen sich Wüsten, Dünen und Berge tief ins Landesinnere – weites, unberührtes, heißes Land. Aber nach Norden, bis zur Grenze nach Angola, könnte man auf diesem schmalen Band aus Sand jetzt geradewegs weiterfahren – mehr als 700 Kilometer, wenn man will. Oder 800 Kilometer nach Süden bis zur südafrikanischen Grenze. Endlos. Wild. Weit.
Um eine Porsche Travel Experience in Namibia perfekt vorbereiten zu können, muss man sein gewohntes Referenzgerüst schon mal mit derart ungewöhnlichen Vergleichen auf die riesigen Dimensionen des Landes justieren – und gleichzeitig die kleinsten Details akribisch im Auge behalten. Neun Monate, bevor im September 2024 die ersten Gäste der Porsche Travel Experience Camp 911 Namibia dieses ungewöhnliche Land in ihren geländegängigen 911 erleben werden, sind wir mit einem kleinen Voraustrupp unterwegs, um die letzten Details und die wirklich wichtigen Fragen zu klären.
Welche Herausforderungen können die Gäste meistern
Für Swen, im Hauptberuf leitender Instrukteur bei der Porsche Track Experience und als Rennfahrer im Langstrecken-Rennsport unterwegs, geht es heute darum, auszutesten, welche Herausforderungen die Porsche Travel Experience Gäste mit dem 911 Dakar meistern können.
Welche Pisten kann der Wagen bewältigen, wenn in wenigen Monaten die ersten Konvois mit bis zu acht Gästefahrzeugen hier unterwegs sein sollen? Welchen Reifendruck braucht es für einen optimalen Ritt auf dem Strand? Grob und griffig ist der Sand heute. Glatt, feucht, zur Abwechslung bretthart. Und kaum ein paar Meter weiter trügerisch weich wie Treibsand, der alles verschluckt, was auf ihm zu stehen kommt. Play. Now! Nur bei Ebbe ist dieser Ausritt überhaupt möglich, ohne gleich auf den ersten Metern so einzusinken, dass nur noch der Abschlepphaken als Ausweg bleibt, bevor die Flut kommt. Was bedeutet das für die Tagesplanung in neun Monaten? Wann werden wir dann überhaupt auf den Strand fahren können? Kommen wir aus unserem Camp, das mitten in der Moon Landscape aufgeschlagen sein wird, gleich nach dem Frühstück hierher? Oder erst, nachdem wir am Vormittag die Trails und atemberaubenden Aussichten dieser urgewaltigen Felsenlandschaft im Landesinneren mit dem 911 Dakar entdeckt haben werden? Wie auch immer, die Etappe auf dem Strand wird mit Sicherheit unter den vielen Adrenalin- und Freiheitsmomenten der Tour ein ganz besonderer werden.
Die Schotterpisten verlangen den Reifen alles ab
Nils, unser Mechaniker, wird dann auch dabei sein. Seine große Frage hier am Strand: Welche Logistik ist nötig, um den Reifendruck aller acht Gästefahrzeuge in möglichst kurzer Zeit so weit wie nötig abzusenken? Und nach dem wilden Ritt so schnell wie möglich wieder für die sichere Weiterfahrt auf einer Schotterpiste zu erhöhen? Die Verantwortlichen notieren: Ein mobiler Kompressor muss dann genau dort bereitstehen, wo alle Fahrzeuge nach dem Strandausflug wieder auf die Piste zurück fahren. Überhaupt, die Reifen. Kaum ein einheimisches Offroad-Fahrzeug ist hier mit weniger als zwei Ersatzrädern unterwegs. Die Schotterpisten, die einen Großteil des namibischen Straßennetzes ausmachen, verlangen den Reifen alles ab. Die Entscheidung, dass jeder 911 Dakar einen zusätzlichen Ersatzreifen auf den Dachträger gepackt bekommt, ist deshalb schnell getroffen.
Spätestens auf der Schotterpiste Richtung Norden wird dann auch klar: Das Camp 911 Namibia wird zwar eine typische Porsche Travel Experience werden – und doch ganz anders als alles, was es bisher in diesem Segment gibt. Bei den meisten anderen Reisen in Namibia kommen komfortable SUV zum Einsatz – so wie bei der Porsche Travel Experience Namibia. Hier sind die Gäste mit Cayenne Modellen unterwegs, wühlen sich damit durch die roten Dünen von Sossusvlei. Oder nehmen sogar das Privatflugzeug für den langen Weg in die CapriviRegion im äußersten Nordosten des Landes und zu den weltberühmten Victoria Falls im Vierländereck von Namibia, Botswana, Simbabwe und Sambia.
„Kilometerlange Staubfontänen auf den Schotterpisten machen ein Konvoifahren, wie wir es kennen, in Namibia unmöglich.“
Beim Camp 911 Namibia, der ersten Porsche Travel Experience mit dem 911 Dakar, steht dagegen das Fahren im Vordergrund – ein Großteil der Strecke auf Schotterpisten und losem Untergrund. In der knochentrockenen Weite Namibias bedeutet das vor allem Staub. Viel Staub! Für die Mechaniker: Regelmäßige Kontrolle der Motor-Luftfilter, die sich hier schon mal mit ziemlich viel Staub zusetzen können. Staub heißt aber auch, dass ein Konvoifahren auf Sicht, wie bei anderen Porsche Travel Experiences, beim Camp 911 Namibia in den meisten Fällen nicht möglich sein wird. Das Team entscheidet sich, den Abstand der einzelnen Fahrzeuge untereinander deutlich zu erhöhen. Und stattdessen noch präzisere Anweisungen zur Strecke per Funk zu geben, so dass keiner in der Staubwolke des Vorausfahrenden unterwegs sein muss und die Route trotzdem sicher findet. Auch diese notwendige Änderung wirbelt den ursprünglichen Terminplan der Tagesetappen ziemlich durcheinander.
Und allen wird klar: Wir sind hier in Afrika unterwegs. Die Faszination dieses Kontinents rührt auch daher, dass Überraschungen zur alltäglichen Normalität gehören. Die Besonderheit einer Reise wie dieser wird deshalb auch darin bestehen, einen guten Plan spontan anzupassen, wenn es die Umstände erfordern. Und sich auch auf die Erlebnisse einzulassen, die einen dann vielleicht gerade deshalb ganz unvorhergesehen erwarten.
Erfahrung und Instinkt vertrauen
Für Melanie ist das alles nichts Ungewöhnliches. Seit mehr als zehn Jahren ist sie für die Porsche Travel Experience als Reiseleiterin auf der ganzen Welt unterwegs, hat Stempel aus über neunzig Ländern in ihrem Pass und kennt auch Namibia wie ihre Westentasche. Weiß, dass es bis zur nächsten Tankstelle schon mal zweihundert Kilometer sein können. Die Menschen sich hier aber auch gegenseitig helfen und keiner an einem liegengebliebenen Auto vorbeifahren würde, ohne sich vorher zu versichern, dass alles OK ist. Auch abseits der offiziellen Pisten, wenn Karten und GPS eigentlich schon gar keine Wege mehr anzeigen. Dann kommt es darauf an, seiner Erfahrung und seinem Instinkt zu vertrauen und Meter für Meter das vor einem liegende Gelände zu lesen.
Matthew, unser lokaler Guide, gehört dem Stamm der Owambo an. Er ist hier aufgewachsen, hat die Felspassagen der ausgetrockneten Flusstäler schon dutzende Male passiert und sieht selbst da noch ein Durchkommen, wo für uns schon lange Schluss zu sein scheint. Immer wieder findet er mit seiner Erfahrung neue Passagen in den Felsschluchten und folgt auf der Suche nach dem besten Weg auch schon mal den Fährten eines Wildtieres. Dank der riesigen Bodenfreiheit seines Geländewagens, der Differentialsperren und des unbändigen Drehmoments seines V8-Motor geht’s für ihn auch mal geradeaus, wo mit dem 911 Dakar mehr Voraussicht und bewusstes Anfahren von Hindernissen nötig sein wird. Bevor der dann beim Drift auf der nächsten Sandpassage sein Suchtpotential wieder voll ausspielen kann. Unglaublich zu sehen, was der 911 Dakar, gekonnt bewegt, in dieser Umgebung zu leisten in der Lage ist. Auch deshalb wird es während des Camps 911 Namibia intensive Briefings für die Fahrerinnen und Fahrer geben, damit sie ihre Fähigkeiten und das Potential ihrer Fahrzeuge voll ausschöpfen und auch solche Situationen souverän meistern können.
Bei aller Kargheit, die den ersten Eindruck von Namibia bestimmt, ist die Natur des Landes voller grandioser Überraschungen – man muss sie nur erkennen. Oder von einheimischen Spezialisten erklärt bekommen. Purreu-Jacques, den alle nur „PJ“ nennen, ist in unserem Erkundungsteam dafür zuständig, dass die Porsche Travel Experience Gäste neben Mondlandschaften, Staubpisten und anspruchsvollen Sandpassagen auch davon einiges mitbekommen werden. Sein Wissen scheint endlos zu sein! Mal überrascht er uns mit einer Pflanze, deren Saft hervorragend gegen Sonnenbrand helfen soll, den man sich hier schnell einfängt. Erläutert, wie man im Notfall auch tagelang ohne Wasser in der Wüste überleben kann. Einem Skorpion entfernt er gekonnt den Stachel und setzt ihn auf unseren Unterarm. Ein kleiner Gekko verwandelt sich bei ihm zu einem extravaganten Ohrring, bevor er sich wieder flink unter dem nächsten Steinblock verkriecht. Und natürlich entdeckt er im Etosha Nationalpark als Erster die beiden Löwinnen mit ihren Jungen, die im Schatten eines Baumes ein gerade gerissenes Zebra verspeisen.
Überhaupt sind es nach Tagen auf staubigen Schotterpisten und herausfordernden Fahrpassagen die unbeeindruckt von unserem kleinen Konvoi über die endlosen Weiten ziehenden Wildtiere des Etosha Nationalparks, die den abschließenden Höhepunkt der Reise bilden werden. Wenn direkt vor der Frontscheibe unseres 911 Dakar Giraffen, Zebraherden und Springböcke die Piste queren, graue Wüstenelefanten unsere Blicke auf sich ziehen, oder sich Nashörner am Wasserloch in unserer Lodge, nur wenige Meter von uns und unserem Sundowner entfernt, zu streiten beginnen, dann wird einem klar, dass es kaum einen passenderen Ort auf dieser Welt gibt, um den 911 Dakar in seinem natürlichen Habitat zu erleben. Willkommen beim Abenteuer Namibia!
Info
Text erstmals veröffentlicht im Porsche Magazin STORIES.
Autorin: Berthold Dörrich
Fotos: Moritz Attenberger, Berthold Dörrich
Copyright: Alle in diesem Artikel veröffentlichten Bilder, Videos und Audio-Dateien unterliegen dem Copyright. Eine Reproduktion oder Wiedergabe des Ganzen oder von Teilen ist ohne die schriftliche Genehmigung der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG nicht gestattet. Bitte kontaktieren Sie newsroom@porsche.com für weitere Informationen.