Spanisch für Fortgeschrittene

Anfang der 70er-Jahre gingen die beiden spanischen Rallye-Fahrer Eladio Doncel und Alberto Ruiz-Giménez mit ihren beiden baugleichen Porsche 911 ST 2,3 an den Start. Einer der Gruppe-4-Elfer hat die Zeit überdauert und wird heute im Bayerischen gehegt, gepflegt – und bewegt.

Repsol. Wenn Rennsportbegeisterte heute den Namen des spanischen Ölkonzerns hören, denken sie unweigerlich an großartigen Motorsport und technisch hochgerüstete Werksteams. Etwa in der MotoGP, im Automobil-Rundstreckensport oder bei Rallyes.

Bereits 1970 hatte man sich bei Repsol zur Bildung eines Motorsportteams unter der Leitung des spanischen Rallye-Fahrers Eladio Doncel mit einem Budget von mehr als 8 Millionen Peseten, umgerechnet rund 457.000 DMark, entschlossen. Die Fahrzeuge: zwei Porsche 911 ST 2,3 in Gruppe-4-Spezifikation, die auch in fiskalischer Hinsicht von Bedeutung war. Nach spanischem Recht galten diese Rennwagen als Sportgeräte und unterlagen damit im Gegensatz zu Gruppe-3-Fahrzeugen keiner Verzollung und keiner Einfuhrumsatzsteuer.

Eladio Doncel holte die Autos persönlich in Stuttgart ab und brachte sie mit den Zollkennzeichen 428-Z-9869 und 428-Z-9743 nach Spanien. Kurz darauf zierte bereits das Logo der Firma Repsol – das weiße „R“ auf blauem Grund mit rotem Rand – die beiden Renn-Elfer. Eladio Doncel und Alberto Ruiz-Giménez gingen mit ihren jeweiligen Copiloten bei verschiedenen spanischen Rallyes an den Start. 1970 dominierten sie die Spanische Rallye-Meisterschaft und am Ende der Saison errang schließlich Alberto Ruiz-Giménez den Titel des „Campéon de España de Rallyes“, gefolgt von Eladio Doncel. Bis zum September 1972 war das Team erfolgreich unterwegs und hielt die Porsche-Flagge in Spanien hoch, als Eladio Doncel bei der „Rallye Internacional de Oviedo“ einen folgenschweren Unfall hatte, bei dem sein Wagen irreparabel zerstört wurde. Eladio Doncel und sein Copilot Antonio G. Mantecón verletzten sich bei dem Unfall schwer und Doncel zog sich aus dem aktiven Motorsport zurück.

911 ST 2,3, Steiermark, 2018, Porsche AG
Anfang 2015 fand der 911 ST 2,3 den Weg zu seinem heutigen Besitzer in Bayern


„El Oso“ – „der Bär“ –, so der Spitzname von Alberto Ruiz-Giménez, fuhr 1972 noch einige Rundstreckenrennen mit einem Opel Commodore, während sein Porsche 911 ST 2,3 vom spanischen Fahrer José Manuel Lencina übernommen wurde. Mitte der 80er Jahre erwarb schließlich Porsche-Werkskunde Miguel Lopez Jiménez den Wagen, ließ ihn neu lackieren und benutzte ihn auf der Straße. Anfang 2015 fand dieser 911 ST 2,3 dann den Weg zu seinem heutigen Besitzer Nikolas Knoll im Süden Münchens.

Von Berufs wegen zwar studierter Wirtschaftswissenschaftler, hatte sich der Bayer seit Kindertagen jedoch immer intensiv mit Fahrzeugen und deren Technik beschäftigt, erst mit Mopeds, dann mit Automobilen und seit rund 15 Jahren ausschließlich mit Porsche. „Infiziert wurde ich mit dem Porsche-Virus jedoch weit früher durch einen Freund, der regelmäßig Fahrzeuge in der damaligen Kundensport-Abteilung bei Helmut Pietsch aufbauen ließ. Als jugendlicher Rallye-Fan hat mich das natürlich sehr begeistert“, erzählt der 57-Jährige, der – unterstützt von Freunden und Experten – mit großer Leidenschaft selbst an seinen Fahrzeugen Hand anlegt.

Zug um Zug wurden sowohl das Original als auch der Nachbau fertiggestellt

Die Begeisterung für Porsche und die Technik führte 2014 schließlich dazu, dass er beschloss, sich einen 911 S des Modelljahres 1970 als 911 ST 2,3 aufzubauen. Unter Verwendung sämtlicher Spezialteile, die der „Sporttechnische Leitfaden für Porsche-Fahrer“ 1970 für dieses Fahrzeug auswies. Etwa vordere Kotflügel, Fronthaube sowie Stoßstangen aus glasfaserverstärktem Kunststoff, leichte Plexiglasscheiben seitlich und hinten, leichte Türtafeln, verbreiterte hintere Kotflügel, ein tiefergelegtes Fahrwerk mit 7-Zoll-Fuchsfelgen vorn und 9-Zoll-Minilite-Rädern hinten sowie natürlich einen leistungsgesteigerten Motor.

Während Kurbelgehäuse, Kurbelwelle und Pleuel vom serienmäßigen 911 S übernommen wurden, kamen bei den Zylindern hartchrombeschichtete Exemplare mit 85 Millimeter Bohrung zum Einsatz. Außerdem spezielle Zylinderköpfe mit größeren Kanälen und zwei kleinen Zündkerzen pro Brennraum, ein Marelli-Doppelzündverteiler, Carrera-6-Nockenwellen sowie Weber-Vergaser vom Typ 46 IDA 3C. Als Knoll sich mitten im ST-Umbau befand, stieß er 2015 schließlich auf den verbliebenen originalen Repsol-911 ST 2,3. „Leider hatte er einen Motorschaden, doch nach einer gründlichen Inaugenscheinnahme zusammen mit Experten zögerte ich keine Sekunde und beschloss: Dann hast du eben zwei!“, erzählt Knoll. Um der Originalität willen musste er beim ehemaligen spanischen Renner lediglich Kleinigkeiten wie die Sitze und die hintere Stoßstange ersetzen. Zug um Zug wurden sowohl das Original als auch der Nachbau fertiggestellt und erfreuen heute auf klassischen Motorsport-Events besonders die Fans des historischen Rallyesports.

Weitere Artikel