Die Unsichtbare

Die Fotografin Jane Stockdale hat in ausdrucksstarken Schwarz-Weiß-Motiven Menschen eingefangen, die bei Porsche arbeiten. Die Entstehungsgeschichte der Fotos für die neue Imagekampagne.

Die Frau ist die Ruhe selbst. Auf der Suche nach dem besonderen Motiv wägt Jane Stockdale jeden Schritt ab, vermeidet unnötige Worte und hält sich im Hintergrund. Die Fotografin möchte nicht stören. Sie wird zur stillen Beobachterin, die im entscheidenden Moment auf den geräuschlosen Auslöser ihrer Kamera drückt. Das Anpirschen der Schottin ähnelt einer Art Safari durchs Werk. Ziel: die Mitarbeiter bei der Arbeit möglichst authentisch festzuhalten.

Fünf Tage lang ist Stockdale bei Porsche in Zuffenhausen, Weissach und Ludwigsburg unterwegs: in der Porsche Exclusive Manufaktur, in der Taycan-Pilotfertigung, in der Berufsausbildung, bei Smart Mobility, bei Porsche Digital, in der 911-Produktion und im Elektronik-Integrationszentrum. Einen festgelegten Ablauf gibt es nicht. Die Motive sind nicht inszeniert. „Hey, ich bin Jane Stockdale, ich komme aus Schottland“, stellt sie sich den Porsche-Mitarbeitern vor und schöpft damit ihre Deutschkenntnisse fast schon aus. Durch ihre unkomplizierte und offene Art öffnen sich viele Türen. Anschließend macht sie sich praktisch unsichtbar. Persönliche Nähe ist erwünscht, ohne zu stören. Stockdale begleitet die Mitarbeiter danach intensiv – aber in den meisten Fällen merken die Kollegen das nach kurzer Zeit gar nicht mehr.

Jane Stockdale, 2018, Porsche AG
Jane Stockdale hat das besondere Auge für Menschen, Charaktere und Perspektiven


Stockdale hat das gewisse Händchen. Genau deshalb wurde sie mit der Aufgabe betraut, die Fotos für die neue Imagekampagne zu schießen. Sie hat das besondere Auge für Menschen, Charaktere und Perspektiven. In ihrem Portfolio unterstreichen dies zum Beispiel hochemotionale Motive von Fans während der Fußball-WM 2014 oder den Olympischen Spielen 2016 jeweils in Brasilien. Sie arbeitet im Auftrag der Vereinten Nationen und setzt die US-amerikanische Sängerin Lana Del Rey in ein ungewohntes Licht.

Für Porsche ist das Fotoshooting schon allein deshalb ungewohnt, weil die Motive nicht geplant sind. Im Gegensatz zu früheren Imagekampagnen ist vorab nur festgelegt, dass es praktisch keine Vorgaben gibt. Stockdale ist in den ausgewählten Abteilungen und Bereichen mit einem Rucksack und einer kleinen Fotoausrüstung unterwegs. Kein Assistent, keine Scheinwerfer, keine Wiederholungen von Einstellungen, sobald ein Mitarbeiter nicht optimal getroffen wird. Immer wenn es keiner erwartet, drückt sie ab. Die Schottin fotografiert dabei ausschießlich in Schwarz-Weiß. „Kontraste können so ganz anders schon beim Fotografieren herausgearbeitet werden“, sagt Stockdale. Aus mehreren tausend Fotos landen am Ende pro Tag rund hundert in der engeren Auswahl. Aus insgesamt 500 werden anschließend die neuen Motive der Imagekampagne ausgesucht.

Die Aufnahmen haben Stockdale viel Spaß gemacht. „Mich hat die große Begeisterung, mit der die Mitarbeiter bei der Arbeit sind, sehr beeindruckt“, betont sie und stellt augenzwinkernd fest: „Auch meine Begeisterung für die Sportwagen ist jeden Tag gewachsen. Irgendwann brauche ich einen Porsche 911.“ Für die Mitarbeiter ist es ebenfalls eine interessante Erfahrung, die mit ungewöhnlichen Motiven belohnt wird. Und Stockdale hat noch ein besonderes Dankeschön für die porträtierten Kollegen in der Tasche. Zum Abschied gibt sie stets eine Runde Kekse aus, sogenannte schottische shortbread fingers.

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