Eigentlich könnte Bombardier Transportation sorglos in die Zukunft schauen: Mit dem Wachstum der Weltbevölkerung und der Expansion der Metropolen nimmt zugleich die Mobilität rapide zu. Schon jetzt reisen die Menschen überall auf der Welt in Fahrzeugen des internationalen Bahntechnik-Konzerns, egal ob in den Hochgeschwindigkeitszügen in Deutschland, USA oder China, in Regionalverbindungen in Malaysia und Australien oder in den U-Bahnen von New York und Shanghai, Paris und London. Der Umsatz des Unternehmens, das über das umfassendste Portfolio bei Zügen, Bahnen und anderen Schienenverkehrssystemen verfügt, kletterte 2013 auf fast 6,5 Milliarden Euro, 700 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Bombardier Transportation ist damit einer der Weltmarktführer.

Dennoch sind die Zukunftsaussichten für den Erfolg des Konzerns nicht automatisch positiv. Der internationale Wettbewerbsdruck ist in den vergangenen Jahren massiv gewachsen, andere große Player in Asien und Osteuropa drängen in das boomende Geschäftsfeld. Zudem sind die Anforderungen der Verkehrsunternehmen hoch – und volatil. Sie können sich sogar noch während der Entwicklungs- und Produktionsprozesse durch neue gesetzliche Auflagen oder technische Spezifikationen ändern. Ferner erschweren penible nationalstaatliche Regulierungen besonders im kleinteiligen Europa neue Entwicklungen, etwa die aufwendige technische Anpassung von Zügen, die über Landesgrenzen hinweg verkehren.

Schlüsselanforderung: Harmonisierung von Prozessen und Anforderungen

Der Platzhirsch muss sich also etwas einfallen lassen und seine vielseitige Produktpalette permanent weiterentwickeln. Und das geschieht: „Mit innovativen Lösungen, die unsere Mobilitätsangebote effizient, sauber, nachhaltig und attraktiv gestalten, treiben wir die Branche weiter voran“, sagt Philippe Crauste, Vice President Industrial Strategy & Operations bei Bombardier Transportation. So gelingt dem Unternehmen zum Beispiel eine drastische Reduzierung des Energieverbrauchs von Straßenbahnen um 30 Prozent und mehr. Ausrangierte Züge sollen künftig zu über 95 Prozent recyclingfähig sein.

Eine Schlüsselaufgabe der Zukunft sieht Crauste allerdings in einer Harmonisierung der komplexen Genehmigungsprozesse und Qualitätsanforderungen für neue Eisenbahnsysteme, besonders innerhalb der EU, aber auch in anderen Regionen der Welt. „Erste wichtige Schritte sind in den vergangenen Jahren gemacht worden“, sagt der Vizepräsident, „aber es sind noch größere Bemühungen für echte Flexibilisierungen im Schienenverkehr erforderlich.“

Bombardier Transportation selbst reagiert mittlerweile auf diese Herausforderungen mit einer Harmonisierung seiner unterschiedlichen Standorte überall auf der Welt. So verfolgt der Schienenfahrzeughersteller mit Unterstützung von Porsche Consulting eine neue Qualitätsinitiative im Rahmen einer Qualitäts-Exzellenz-Strategie und rollt konzernweit Programme zur Produktionsverbesserung aus. Ziel ist es zum einen, eine höhere Exzellenz sicherzustellen, um Qualitätskosten zu senken und die Kundenzufriedenheit weiter zu steigern. Zum anderen sollen Lagerbestände etwa durch ein gezieltes Lieferketten- und Logistikmanagement reduziert werden, um den Cashflow zu erhöhen. Von der Beschleunigung der Problemlösung bis zur Schaffung neuer Organisationsstrukturen wurde mittlerweile das Qualitätsmanagement grundlegend überarbeitet.

Philippe Crauste (Foto: Marco Prosch)
Philippe Crauste (Foto: Marco Prosch)

Doch die verschiedenen Standorte mit rund 38 000 Mitarbeitern auf mehreren Kontinenten lassen sich nicht alle über einen Kamm scheren. Bombardier Transportation – heute mit Hauptsitz Berlin – ist in der Vergangenheit durch etliche Firmenübernahmen gewachsen und nunmehr ein heterogener Konzern mit 63 teils sehr verschiedenen Produktions- und Entwicklungsstandorten in 26 Ländern der Erde. Die zentrale Aufgabe bestand also darin, die sehr unterschiedlichen Bedürfnisse, Produktlinien und Arbeitskulturen vor Ort zu berücksichtigen – und gleichzeitig darauf zu achten, dass dennoch überall die gleichen Ziele erreicht werden. „Es hätte nichts genützt, mit einer standardisierten Methode wie mit einem Rasenmäher aus der Zentrale anzureisen“, sagt Dirk Pfitzer, Partner bei Porsche Consulting. „Deshalb haben wir von Beginn an vor Ort mit den Mitarbeitern eng zusammengearbeitet und überall individuelle Lösungen im Rahmen eines einheitlichen Frameworks entwickelt.“

So waren Berater in Europa, in Nord- und Südamerika wie auch in Australien im Einsatz. Erst nach einer genauen Analyse der lokalen Produktionsbedingungen haben gemeinsame Teams von Bombardier Transportation und Porsche Consulting Handlungspläne erarbeitet. Zudem wurden Kollegen aus verschiedenen Abteilungen zusammengebracht, die sonst fast nie an einem Tisch saßen. Und auch das Management wurde permanent eingebunden. Durch ständige Absprachen und Workshops entstanden schließlich Lösungen der Mitarbeiter vor Ort – und nicht von außen oder von oben herab verordnet. „Dieses Vorgehen half extrem beim Verständnis und bei der Akzeptanz der Mitarbeiter und sicherte den Erfolg der Projekte“, betont Pfitzer. „Das Ziel war zwar einheitlich, aber der Weg dorthin stets auf das jeweilige Werk abgestimmt.“

„Coach and run“-Prinzip

„Ein Schlüssel zum Gelingen des Projekts liegt schon in der unterschiedlichen Kommunikation, im Verständnis der Kulturen und Arbeitsweisen“, sagt Geschäftsbereichsleiter Wolfgang Freibichler von Porsche Consulting, der auf vier Kontinenten den Rollout begleitet hat. „In Brasilien oder Australien zum Beispiel gewinnt man das Vertrauen der Mitarbeiter durch persönliche Beziehungen, die bei einem gemeinsamen Frühstück oder Abendessen entstehen – dann sprudeln die Mitarbeiter plötzlich vor kreativen und unkonventionellen Ideen. In Deutschland dagegen ist es wichtig, zunächst seine Kompetenzen unter Beweis zu stellen, methodisch vorzugehen und Arbeitsschritte, die man einmal angekündigt hat, auch eins zu eins umzusetzen.“ Anders wiederum in Mexiko: Weil dort ein „Nein“ oder ein „Ich weiß es nicht“ als äußerst unhöflich gelten, bleiben Probleme häufig lange unentdeckt. Solche kulturellen Unterschiede müssen verstanden und überbrückt werden.

„Die Flexibilität von Porsche Consulting und die Möglichkeit, überall auf der Welt Berater einzusetzen, die auch die Landessprache beherrschen, war daher ein wichtiger Beitrag zum Erfolg“, betont Philippe Crauste. „Zudem sind die Kollegen in der Lage, mit allen Ebenen des Konzerns vom Management bis zum Fertigungsbereich in der Praxis zu kooperieren.“ Geholfen hat zudem das „Coach and run“-Prinzip: Ausgesuchte Bombardier-Mitarbeiter wurden von Anfang an in der Umsetzung der Programme trainiert. Somit waren sie bald selbst in der Lage, Projekte auch an anderen Standorten einzuführen und eigenständig individuelle Lösungen zu finden.

Ein zentrales Reporting und Controlling sowie regelmäßige Auswertungen helfen unterdessen dabei, den Projektfortschritt an jedem Standort nachzuverfolgen: Die von Porsche Consulting entwickelte Datenbanklösung „Track“ lässt mit entsprechenden Kennzahlen den jeweiligen Umsetzungsstand transparent werden – und bei Bedarf nachbessern. „In der DNA von Bombardier“, sagt Crauste, „sind heute hohe Qualitätsansprüche in den Produktionsabläufen und im Management gut verankert. Wir demonstrieren unseren Kunden damit, dass bei uns Qualität an erster Stelle steht.“ Für das globale Wachstum von Bombardier Transportation sind damit beste Voraussetzungen geschaffen.

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