Seit Sommer 2014 leitet Prof. Dr. Dr. Martin E. Keck als Direktor und Chefarzt die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Neurologie des Münchner Max-Planck-Instituts für Psychiatrie. Bei seinem Dienstantritt fand er zwei Dinge vor: auf der einen Seite Forschung auf internationalem Spitzenniveau, eng verzahnt mit der exzellenten klinischen Behandlung von psychischen und neurologischen Erkrankungen, und auf der anderen Seite Verwaltungsabläufe und organisatorische Prozesse, die teilweise aus der Zeit der ersten Computergenerationen stammten – also aus den Neunzigerjahren. „Ich kannte das Institut noch aus meiner Anfangszeit als Arzt vor rund 20 Jahren“, erklärt Keck, „schon damals war die Einrichtung medizinisch spitze, die Organisation und die Verwaltung allerdings hatten sich seitdem kaum verändert.“

Keck, der zuvor an der Universität Zürich tätig war, dann eine Schweizer Privatklinik leitete und dort bereits erfolgreich Lean Management eingeführt hatte, verschwendete bei seinem Antritt in München keine Zeit: Bereits an seinem ersten Arbeitstag engagierte er Porsche Consulting, um die Klinik des Instituts in ein Lean Hospital zu transformieren. Der Auftrag: Verschwendung erkennen und ausmerzen, um mehr Zeit für die Kernaufgaben der Forschung und Patientenversorgung zu gewinnen.

Optimierte Arbeitsprozesse

„Jede Minute, die wir hinter den Kulissen sparen“, argumentiert der Psychiater und Forscher, „können wir zusätzlich für die Behandlung unserer Patienten einsetzen.“ Gleichzeitig lässt sich das Krankenhaus mit rund 120 Betten, Spezialambulanzen, Tageskliniken und einem eigenen Bereich für Grundlagen- und klinische Forschung fit für die wirtschaftlichen Anforderungen der Zukunft machen. „Solange wir noch Zeit dazu haben“, ergänzt Keck. Anstatt zu warten, bis geplante Gesetze wie die neue Leistungsvergütung PEPP (Pauschalierendes Entgeltsystem Psychiatrie und Psychosomatik) das Institut unter existenzbedrohende Sparzwänge setzen, will er Handlungsspielräume schon vorbeugend nutzen. Zwar sieht er fundamentale Unterschiede zwischen Wirtschaftsunternehmen und seiner Klinik beim Stellenwert von Finanzkennzahlen, aber „wenn wir keinen Sinn in einem Vorgang sehen und er weder unseren Patienten bei der Genesung noch der Forschung dient, dann sollten wir ihn auch nicht mehr machen“.

Professor Martin E. Keck, Klinikdirektor und Chefarzt, Max-Planck-Institut für Psychiatrie, Christine Melchner, Mitarbeiterin, 2016, Porsche Consulting GmbH
Martin E. Keck mit seiner Mitarbeiterin Christine Melchner

Mit diesem Anspruch nahmen Keck und seine Mitarbeiter sich Stück für Stück den Klinikalltag vor und suchten nach veralteten Prozessen und Verschwendung. Mit Unterstützung der Berater von Porsche Consulting wurden Leistungsdaten mehrerer Jahre ausgewertet, Abläufe analysiert und auditiert. Es folgten Workshops mit Mitarbeitern in nahezu allen Bereichen. Und es wurden Wege abgelaufen, Akten und Telefonate gezählt, Verbesserungsansätze diskutiert, Lösungsansätze ausprobiert und nicht funktionierende Ideen auch wieder verworfen. „Es mag banal klingen, aber das Wichtigste ist, Dinge konsequent zu hinterfragen“, so Keck. „Nur weil etwas irgendwann einmal gut und sinnvoll war, muss das nicht zwingend auch heute noch so sein.“

Einsatz professioneller Spracherkennungssoftware

Die Mühen haben sich gelohnt: Wo bisher Kassetten-Diktiergeräte den klinischen Alltag bestimmten, kommt künftig professionelle Spracherkennungssoftware zum Einsatz. Das Schreiben von Arztbriefen gestaltet sich dadurch schneller und effizienter. Waren früher mehrere Ärzte für die Aufnahme von Patienten und die Absprachen mit niedergelassenen Ärzten zuständig, werden diese Aufgaben jetzt zentral an einer Stelle erledigt. Patienten, Angehörige und einweisende Ärzte haben nun jederzeit nur einen Ansprechpartner. Waren für die finale Bestätigung eines Aufnahmetermins bisher oftmals noch aufwendige Rücksprachen mit den einzelnen Stationen und den Stationsärzten notwendig, können alsbald freie Behandlungsplätze über alle Stationen hinweg elektronisch eingesehen werden. Allen Beteiligten kann somit direkt ein Aufnahmetermin genannt werden.

Wurde noch bis vor kurzem der Stationsablauf meist „um Visiten herum“ organisiert, haben sich Ärzte und Pflegekräfte nun auf einen verbindlichen Tagesablauf geeinigt. Dadurch wird der Tag für alle Beteiligten viel besser plan- und gestaltbar – ein Effekt, der die anfänglichen Abstimmungsschwierigkeiten wettmacht. Und die gewonnene Zeit wird in wichtigere Tätigkeiten investiert, denn: „Forschungsergebnisse und Patientennutzen sind unsere Rendite“, erklärt Keck.

„Den Weg gemeinsam erarbeiten“

Doch mindestens ebenso beachtenswert wie die inhaltlich erarbeiteten Lösungen ist die Umsetzungsgeschwindigkeit, mit der sich die Änderungen am Max-Planck-Institut vollziehen. Während in vielen Häusern derartige Vorhaben nach der Analyse- und Konzeptionsphase ins Stocken geraten, schien das Projekt in München an dieser Stelle erst richtig Fahrt aufzunehmen. In Windeseile waren Teilprojekte klar definiert und Verantwortliche benannt, eine gut funktionierende Projektorganisation aufgesetzt sowie ein zentrales Projektmanagement etabliert.

Fortan informierte ein eigens entwickelter Newsletter die Mitarbeiter über den Fortgang der Initiative. Die meisten Verbesserungsideen wurden dabei von den Teilprojektleitern und Mitarbeitern selbst entwickelt, ausgearbeitet, getestet, angepasst und letztlich umgesetzt. „Wir haben da aber auch einen Vorteil“, erklärt Professor Keck das Erfolgsgeheimnis: „Vieles, was man im Rahmen von Change Management in Seminaren an Universitäten und Business Schools lernt, ist in der Verhaltenstherapie selbstverständlich. Auch hier geht es nicht darum, eine vorgefertigte Lösung zu präsentieren, sondern den Weg dahin gemeinsam zu erarbeiten. Das hilft uns natürlich.“

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