Ein Vergleich der aktuellen Lage in deutschen Krankenhäusern und Schweizer Spitälern zeigt, dass vielerorts dieselben Probleme herrschen. Hierfür hat die Managementberatung Porsche Consulting erstmals eine Befragung von Spitalmanagern in der Schweiz durchgeführt. Die Ergebnisse erinnern an das aus Deutschland bekannte Bild. Personalmangel führt zu Abstrichen bei der Patientenversorgung. Knapp zwei Drittel (61 %) der befragten Schweizer Spitalmanager gaben an, überlastetes Personal sei der Hauptgrund, wenn keine optimale Versorgung gewährleistet werden könne.

In beiden Ländern belastet außerdem der hohe Dokumentationsaufwand die Kliniken. Rund die Hälfte (48 %) der Befragten sieht darin eine Gefahr für die Versorgungsqualität. Zudem steigt der finanzielle Druck auch an Schweizer Spitälern. Ein besonders wichtiger Faktor: das 2012 in der Schweiz eingeführte Fallpauschalensystem SwissDRG. Die Pauschalvergütung je nach Diagnose ist in Deutschland schon seit mehr als zehn Jahren etabliert. Für Krankenhäuser und Spitäler bedeutet sie, dass Patienten schnellstmöglich wieder entlassen werden müssen, wenn der Aufenthalt wirtschaftlich bleiben soll. Die Umfrage von Porsche Consulting zeigt nun die kritische Bilanz der Spitalmanager: Der Mehrwert von SwissDRG für Spitäler und Patienten ist gering – es profitieren vor allem die Krankenversicherungen. Das gaben zwei Drittel (66 %) der 31 befragten Spitalmanager an.

Probleme in Deutschland und Schweiz ähnlich

Seit vier Jahren wird auch in der Schweiz nach dem DRG-Fallpauschalensystem vergütet. Dadurch ist nun nicht mehr die Verweildauer, sondern die Eingruppierung eines Patienten in eine Diagnosegruppe (Diagnosis Related Groups) für die Höhe der Vergütung ausschlaggebend. Neben dem Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften werden dieses Tarifsystem und der damit verbundene Kostendruck von den Befragten als eine der größten Herausforderungen der kommenden fünf Jahre angesehen. Außerdem bereitet den Spitalmanagern der hohe Dokumentationsaufwand Sorgen. Im Spitalalltag verursacht das neue Tarifsystem aufwendige und zeitintensive Dokumentationsprozesse.

Zwei Drittel der befragten Manager (66 %) mussten zusätzliches Personal für die Codierung von Diagnosen einstellen. Ein ebenso großer Anteil beklagt den erhöhten administrativen Aufwand für Ärzte und Pflegepersonal. Beide Faktoren erschweren die Gewährleistung einer optimalen Patientenbehandlung. In Deutschland liegt die Einführung des DRG-Systems bereits mehr als zehn Jahre zurück. Trotzdem kämpfen Manager deutscher Krankenhäuser mit ähnlichen Problemen wie ihre Schweizer Kollegen. Nach Erkenntnissen von Porsche Consulting sind Ärzte und Pflegekräfte in Krankenhäusern zu rund 40 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Dokumentationen, Besprechungsterminen und Berichten beschäftigt, weitere 30 Prozent gehen für Suchen, Warten oder Doppelarbeit verloren. Das schmälert die Zeit, die für die Patienten bleibt.

Viel Aufwand ist hausgemacht

Auflagen durch das DRG-System machen aber nur einen Teil des Problems aus – egal ob in Deutschland oder in der Schweiz. Mindestens die Hälfte der Ursachen für zu viel Bürokratie sind hausgemacht. Zusätzlicher Administrationsaufwand entsteht beispielsweise, wenn unterschiedliche IT-Systeme verwendet werden, die nicht ausreichend miteinander kompatibel sind. Das führt unweigerlich zu Doppelarbeit, weil dieselbe Information in mehrere Systeme eingegeben werden muss.

Umfrage: Schweizer Spitalmanager zu den größten Herausforderungen, 2016, Porsche Consulting GmbH
Die größten Herausforderungen für Schweizer Spitalmanager in der Zukunft

Redundante Dokumentation ist auch bei der Erfassung von Patientendaten in der Notaufnahme, bei der stationären Aufnahme, bei der Anmeldung von Untersuchungen sowie bei der Organisation der poststationären Versorgung ein verbreitetes Problem. Trotz zunehmender Unterstützung durch IT-Systeme sind Schnittstellen verschiedener Bereiche eines Spitals oder Krankenhauses besonders anfällig für mangelnde Informationsweitergabe. Häufig fehlt es an abgestimmten Zusammenarbeitsmodellen („Case Management“). Als Selbsttest können Krankenhäuser für einen ausgewählten Patienten einen Stundenplan für Untersuchungen und Behandlungen erstellen und nach einer Woche prüfen, wie viele Termine tatsächlich eingehalten wurden. Das Ergebnis dieser Stichprobe ist oft ein Augenöffner.

Drei Fragen

Krankenhäuser, die ihren Administrationsaufwand reduzieren möchten, können mit drei grundlegenden Fragen beginnen: Welche Dokumentation nutzt dem Patienten? Wie kann möglichst effizient dokumentiert werden? Wie wird Dokumentation optimal organisiert? Durch Konzentration auf das Wesentliche und die Straffung der Abläufe lässt sich der Dokumentationsaufwand eines Krankenhauses innerhalb von einem Jahr um bis zu 30 Prozent senken. Dabei werden Maßnahmen, die schnell sichtbare Erfolge bringen, mit langfristig angelegten Optimierungen kombiniert. So genannte „Quick-Wins“ verspricht beispielsweise die Überführung von Tischkalendern für geplante Operationen in eine zentrale Excelliste. Mittelfristig empfiehlt sich der Umstieg auf ein OP-Planungstool im Krankenhausinformationssystem (KIS). So werden mehrfache Übertragungsschleifen und damit Fehlerquellen vermieden.

Eine weitere Maßnahme ist die Neustrukturierung von Meetings. Nicht alle Mitarbeiter einer Station müssen zwingend an einer täglichen Morgenbesprechung teilnehmen. Stattdessen empfiehlt es sich, die Zahl der Teilnehmer auf ein Minimum zu reduzieren, Meetings strukturiert vorzubereiten, eine klare Agenda zu verfolgen und einen Besprechungsleiter als Moderator einzusetzen. Dadurch kann eine Reduktion der durch Meetings gebundenen Ressourcen um bis zu 20 Prozent erreicht werden. Weitere „Quick-Wins“ lassen sich aus der Erfahrung von Porsche Consulting auch bei der Befundorganisation, der Bestellung von medizinischem Bedarf sowie der Planung von Diensten oder dem Schreiben von Arztbriefen erzielen.

Ausblick

Angesichts der Pläne zur Reformierung des DRG-Systems in Richtung einer Vergütung, die sich am Erfolg der Behandlung orientiert, ist keine Entlastung bei den Dokumentationsanforderungen zu erwarten. Durch eigene, unabhängige Initiativen kann der Aufwand für einzelne Spitäler und Krankenhäuser jedoch deutlich reduziert werden. Daraus kann sich sogar einen Wettbewerbsvorteil beim Ringen um das beste Personal und die Patienten entwickeln. Vor allem aber kommt jede eingesparte Minute an Dokumentation letztlich den Patienten zugute.

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