Er polarisiert. Der Respekt von Wissenschaft und Wirtschaft ist ihm trotzdem sicher. Christoph Keese beobachtet die digitale Transformation auf investigative Art. Erst hat sich der Buchautor im Silicon Valley umgesehen, danach besuchte er die deutsche Industrie. Seine Absicht: „Eine schonungslose Bestandsaufnahme.“ Seine Frage klingt zynisch: „Wird aus Deutschland ein Technikmuseum oder Silicon Germany?“ Viele seiner Sätze treffen wie Pfeile.

Christoph Keese über...

Vernetzung versus Autarkie: „Mit der Digitalisierung haben deutsche Unternehmen früh begonnen. Doch sie versäumen es, ihre Produkte nach außen zu öffnen. Hardware wird so gebaut, dass Vernetzung nicht entstehen kann. Autarkie, früher ein Vorteil, entwickelt sich mehr und mehr zum Nachteil. Sie ist nicht vereinbar mit dem Trend zur Vernetzung von allem mit allem und widerspricht dem Internet der Dinge.“

Spezialisierung: „Industrie kann ohne Spezialwissen nicht funktionieren. Je tiefer das Wissen, desto erfolgreicher die Produkte. Für die Digitalisierung jedoch ist Spezialistentum eine Gefahr, die isoliert.“

Kultur: „Fehler zu machen ist in der deutschen Industriekultur verpönt. So ehrenwert das auch sein mag: Null-Fehler-Kultur entpuppt sich in der digitalen Gegenwart als Nachteil. Sobald neue Trends die Märkte verändern, führt fehlender Wagemut zum Verpassen von Chancen.“

Plattformen: „Dank niedriger Kosten und hoher Marktmacht erzielen Plattformen enorme Gewinne. Sie bringen Angebote mit Nachfrage zusammen und machen viele Märkte effizienter. Wer eine Plattform besitzt, kann die Hersteller von Waren ins Abseits drängen, indem er die Preise anzieht.“

Geschäftsmodelle: „Lange dachten Unternehmen, gute Produkte anzubieten reiche aus, um Erfolge zu landen. Diese Überzeugung wurzelt tief in der Tradition deutscher Ingenieurskultur. Technologie allein reicht nicht aus für die digitale Transformation. Ebenso wichtig ist die richtige Methode, das Produkt an die Kunden zu bringen. Es kommt nicht nur darauf an, was man verkauft, sondern auch, wie man es verkauft.“

Disruption: „Im zerstörerischen Erfinden sind wir in Deutschland schlechter als wir sein könnten. Die besten Überlebenschancen hat, wer entschlossen in seine Kannibalen investiert. So kann man von der Zerstörung profitieren.“

Führungskräfte: „Mit der Digitalisierung verändert sich die Rolle der Vorgesetzten. Sie können nicht mehr wissen, wohin der richtige Weg führt. Ihre neue Aufgabe ist es, das Finden von Antworten zu organisieren. Das zwingt sie zur Aufgabe ihres alten Selbstbildes. Sie werden zu Netzwerkern.“

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