Die Wurzeln des britischen Hip-Hop liegen unweit des Buckingham Palace, in Covent Garden. Der Londoner Theater- und Unterhaltungsbezirk zieht seit jeher Menschen jeden Alters und jeder Herkunft an. Genau wie andere Sehenswürdigkeiten der britischen Hauptstadt ist Covent Garden historisch und inspirativ zugleich. 

Der Wille, etwas eigenes zu schaffen

In den 1990er-Jahren wird Hip-Hop genau hier mit seinen wesentlichen Grundelementen Rap, DJing, Breakdance und Graffiti Teil der urbanen Stadtentwicklung. Zunächst im Untergrund, später mehr und mehr als eigene, vollständig respektierte Kultur unterschiedlicher Generationen. Der frühe britische Hip-Hop ist wie sein amerikanisches Gegenstück Ausdruck eines Lebensgefühls.

Er entstammt vorrangig aus sozial weniger privilegierten Gebieten, gemixt mit Einflüssen aus dem Reggae- und Ragga-Umfeld. Neben dem 1984 auf einem britischen Label erschienen Song „London Bridges“ des Künstlers Newtrament werden die Beats der lokalen Künstler vor allem auf Kassetten von Fan zu Fan gereicht. Man spürt an jeder Ecke im Covent Garden den Einfluss der New Yorker Hip-Hop-Szene - aber gleichzeitig den stetigen Willen, etwas eigenes zu erschaffen.

Trip Hop, Garage oder Drum & Bass: Der britische Hip-Hop entfaltet sich, wird aggressiver, lauter. Er verschafft sich Respekt über die Grenzen des Londoner West Ends hinaus, nach Bristol, Manchester oder Birmingham - und schließlich in die USA. Labels wie „Music of Life“ von Simon Harris helfen der britischen Szene enorm, um sich vom US-Vorbild abzunabeln.

Hip-Hop ist Haltung

Rodney P, den ich auf meinem Porsche-Roadtrip in London treffe, ist für viele junge Künstler ein leuchtender Stern in der manchmal dunklen Hip-Hop-Welt. Er war seinerzeit auch bekannt unter dem Pseudonym Riddim Killa. Immer dann, wenn seine Musik karibische Einflüsse bekam, wurde aus Rodney P Riddim Killa. Sein erstes Album erschien 1986. Später gründete er ein eigenes Label und saß als Host der BBC-Sendung „The Original Fever“ auch Rap-Schwergewichten wie Kanye West, P Diddy und 50 Cent gegenüber.

Rodney P, Niko Hüls, l-r, Roadtrip Back2Tape, London, 2020, Porsche AG
Rodney P ist für viele Künstler ein leuchtender Stern in der manchmal dunklen Hip-Hop-Welt

Rodney, der über Breakdance und das so genannte Freeriden zum Hip-Hop kam, stören die negativen Zeilen und die fehlende Vielschichtigkeit im heutigen Rap-Business massiv: „Sie texten alle nur über Kriminalität und Drogen“, beklagt der Godfather des britischen Raps.

Apex Zero, Roadtrip Back2Tape, London, 2020, Porsche AG

„Doch da ist mehr. Es geht nicht darum, die nächsten Millionen mit einem Hit zu landen. Es geht darum, dir eine Zukunft aufzubauen und dich dabei noch im Spiegel ansehen zu können.“

Denn für Rodney P ist Hip-Hop ein wichtiger Bestandteil in der Gesellschaft: „Hip-Hop mit all seinen Elementen verbindet. Groß und Klein. Arm und Reich. Schwarz und Weiß. Viele junge Menschen fragen mich oft ‚Wer ist der größte MC aller Zeiten?’. Aber das ist nicht die richtige Frage“, so Rodney P. „Es muss heißen ‚Wer ist der wichtigste MC aller Zeiten?’ ‚Wer hat eine positive Rebellion in der Musik geprägt?’.“

Afrikanisch-karibische Beats

Ein weiterer Verfechter der ursprünglichen Idee des britischen Hip-Hop ist Apex Zero. Sein Zuhause liegt in Brixton, mein zweiter Stopp in der britischen Hauptstadt. Das Viertel südlich von London, auf der anderen Seite der Themse gelegen, pulsiert afrikanisch-karibisch. Und das passt zu dem Afro-Engländer Apex Zero wie die Nadel in die Rille des Vinyl. „Hier um die Ecke liegt Electric Avenue. Kennst Du noch den Song von Eddy Grant?“, fragt mich Apex Zero und stimmt sogleich das Lied an, während seine Rasta-Mähne mit dem Beat wippt. „Dieses Viertel ist so wichtig für Hip-Hop, nicht nur hier, sondern in ganz Europa. Denk nur an das Brixton Splash Musikfestival oder das Chip Chop Café“, schwelgt Zero, der für zwei Jahre in die chinesische Hip-Hop Szene von Peking eintauchte, in Erinnerungen.

„Hip-Hop hat mir gezeigt, wer ich bin

Apex Zero, der 2012 als Journalist ein Hip-Hop-Magazin mitgegründet hat, versucht die Wurzeln von Hip-Hop zu bewahren: Menschlichkeit und Haltung. Das Magazin „I Am Hip-Hop“ hilft Ex-Kriminellen nach ihrer Entlassung wieder im normalen Leben Fuß zu fassen und bietet Möglichkeiten der Mitarbeit an. „Sie können das Magazin unterstützen, indem sie schreiben, an der Berichterstattung teilhaben oder Fotos produzieren“, erklärt Zero.

Apex Zero, Niko Hüls, l-r, Roadtrip Back2Tape, London, 2020, Porsche AG

„Es ist wichtig, dass Hip-Hop den Menschen eine Perspektive gibt, egal woher sie kommen. Ich habe der Musik viel zu verdanken. Hip-Hop hat mir gezeigt, wer ich bin und mich auf den richtigen Weg geführt. Vorher habe ich nur verrücktes Zeug gemacht und bin in verschiedene Richtungen abgedriftet“, erzählt Apex Zero, für den Hip-Hop stets offen und multikulturell ist - aber auch von Medien und Kommerz bedroht. „Ich bin sicher: Der gute Hip-Hop wird überleben.“ Apex Zero trägt auf jeden Fall seinen Teil dazu bei.

Apex Zero, Niko Hüls, l-r, Roadtrip Back2Tape, London, 2020, Porsche AG

Back 2 Tape

2018 hat sich Musikjournalist Niko Hüls in „Back to Tape“ auf eine Reise zu den Wurzeln von Hip-Hop in Deutschland begeben. Nun setzt er seinen Roadtrip im Porsche Cayenne S Coupé quer durch Europa fort. Das Porsche Newsroom-Projekt „Back to Tape“ beleuchtet in Kooperation mit dem Hip-Hop-Magazin „Backspin.de“ kulturelle Prägungen durch die vier zentralen Elemente von Hip-Hop: Rap, DJing, Breakdance und Graffiti. In Teil 4 besucht Niko Hüls London.

Offizielle Playlist von Back 2 Tape

Hinweis

Nikos Roadtrip durch Europa wurde vor Ausbruch des Coronavirus produziert. Porsche, Backspin sowie die involvierten Künstler sind sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und raten zum derzeitigen Zeitpunkt aus Rücksicht auf die Gesundheit und das Wohlergehen aller Menschen von einer derartigen Reise ab.

Info

Text: Niko Hüls
Fotos: Markus Schwer

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