Adalbertstraße, Kreuzberg. Mitten im Berliner Kiez. Lange bevor der Royal Bunker hier Fuß fasste oder Peter Fox die dreckigen Straßen der Stadt in „Schwarz zu Blau” besang, entstand hier 1988 das vermutlich älteste Graffiti der Hauptstadt. Bis heute zählt es, genau wie der Spreewaldplatz, der Osthafen oder der Teufelsberg, zu den legendärsten Spots der urbanen Berliner Szene - und beweist: Rap, DJing, Breakdance und Graffiti sind seit mehr als 30 Jahren zentraler Bestandteil des Stadtbildes.

Ein Ort, an dem Ideen entstehen

Berlin ist vielfältig, international, laut und doch anonym. Hier findet jeder seinen Platz, um Ideen Raum zu geben. Bis spät in die Nacht trifft man Beatboxer auf der Warschauer Brücke, DJs zeigen ihre Skills selbst unter der Woche bis in die Morgenstunden in Neukölln, Skater jeder Altersklasse trainieren ihre Slides und Grinds in Berliner Skatehalle. Im Prenzlauer Berg, dort wo früher die Mauer Ost und West trennte, liegt das weitläufige Areal des Mauerparks. Ein urbaner Treffpunkt für Einheimische, Touristen, Flohmarkt-Besucher, Straßenkünstler und Zugezogene. Ein touristischer, und doch heimischer, anziehender, ja beinahe magischer Ort.

2018 habe ich auf meinem Roadtrip für „Back to Tape” Curse in seinem Berliner Studio getroffen - und schon damals war klar: Das war nicht mein letzter Streifzug oben an der Spree. Und so war es eine logische Konsequenz, dass die Hauptstadt auch Teil von „Back 2 Tape” sein wird und hier meine große Europa-Reise mit dem Porsche Cayenne S Coupé beginnen und enden wird.

Flying Steps: eine einzigartige Berliner Erfolgsgeschichte

Die Flying Steps sind für mich so etwas wie das Paradebeispiel der Berliner Szene. Von der PVC-Matte auf die Weltbühne. „Früher lief bei uns MTV hoch und runter - getanzt habe ich aber immer heimlich in meinem Zimmer”, sagt Michael „Mikel” Rosemann.

In den frühen 1990er-Jahren entdeckte der gebürtige Berliner in Moabit bei der Crew „City Rockers” das Tanzen. Er lernte schnell und stieg so früh zu den talentiertesten B-Boys der Hauptstadt auf. „An den Wochenenden trafen sich Jugendliche und führten ein Projekt-Konzept durch, bei dem die Hip-Hop-Kultur in Gänze abgebildet werden sollte. DJs, Rapper, Graffiti-Künstler und Breakdancer versammelten sich unter dem Motto „Halt! Keine Gewalt!”, erzählt Rosemann. „Da wusste ich: Hier will ich dabei sein.”

„Create your life as a dancer”

Seit der Premiere der gefeierten und vielfach prämierten Show „Flying Bach” ist Rosemann Mitglied der Flying Steps. Bis Ende 2015 stand er bei jedem Auftritt auf der Bühne, die als einzige Breakdance-Show weltweit mit dem ECHO Klassik Sonderpreis ausgezeichnet wurde. Heute ist Mikel Stage Director und bei der Produktion vor allem für Künstlermanagement und die Workshops der jeweiligen lokalen B-Boy Szene verantwortlich.

Zudem widmet sich der zweifache Familienvater dem Management der Flying Steps Academy und unterrichtet dort auch Nachwuchstalente verschiedenen Alters. „Jeder, der daran glaubt, hat seinen Weg im Hip Hop gefunden und kann ihn ausleben. Wie sehr er ihn auslebt, ist sein Ding - und das macht Hip-Hop doch so besonders”, sagt einer der besten Tänzer der Welt. Mitten im Herzen der Hauptstadt lebt er gemeinsam mit seiner Crew diesen Traum und gibt den Staffelstab nun an die nächsten Generationen weiter: Die Flying Steps Academy ist mit 35 Dozenten, 20 verschiedenen Tanzstilen und über 1.800 Schülern die größte urbane Tanzschule in Deutschland.

Hip-Hop ist eine Familie, die man sich selbst aussucht

Ähnlich wechselhaft, aber gänzlich anders verlief die Karriere meines zweiten Tour-Stopps in Berlin. Als Tochter einer aus Rumänien stammenden Mutter und einem iranischen Vater wuchs Miriam Davoudvandi in Bad Säckingen, einer Kurstadt in Baden-Württemberg, auf. Mit Texten von „Haftbefehl” identifiziert sie sich als Migrantin früh, lernt die Rap-Familie zu schätzen und soziale Ausgrenzung zu hinterfragen. Mit Vorurteilen in der örtlichen Kleinstadt konfrontiert, verschlug es die Journalistin zum Studium nach Leipzig und später nach Berlin. Es folgen Interviews mit Trettmann und MC Bogy, Streitgespräche mit Rapper Fler auf Instagram - der Beginn ihrer Karriere als erste weibliche Chefredakteurin im männlich dominierten Hip-Hop-Universum.

Niko Hüls, Autorin Miriam Davoudvandi, l-r, Cayenne S Coupé, Roadtrip Back2Tape, Berlin, 2020, Porsche AG
Niko Hüls und Autorin Miriam Davoudvandi vor dem Cayenne S Coupé

In Berlin arbeitet die 27-jährige seit dem Ende des splash! Mags als freie Medienschaffende, nimmt an Diskussionsrunden teil und legt unter ihrem Pseudonym Cashmiri als DJ auf. Miriam ist für mich Hip-Hopperin der ersten Stunde. Und eine echte Stimme ihrer Generation, zu der auch Helen Fares, Salwa Houmsi oder Visa Vie gezählt werden müssen.

Hip-Hop, bei dem sich alle wohl fühlen

Bei ihren DJ-Sets achtet sie darauf, keine rassistische, sexistische oder homophobe Musik zu spielen.  Da bleibt umso mehr Platz für die Musik weiblicher MCs oder nichtbinärer Personen. Platz für Hip-Hop, bei dem sich alle wohl fühlen und bei dem kein Platz für Gewalt ist. „Rap muss wieder weicher werden”, sagt die ehemalige Chefredakteurin des splash! Magazins, die sich stetig zwischen zwei Welten bewege, wie sie der Süddeutsche Zeitung im Dezember 2019 sagte: der „Rap-Bubble" und der akademischen „Feminismus-Bubble".

Niko Hüls, Autorin Miriam Davoudvandi, l-r, Roadtrip Back2Tape, Berlin, 2020, Porsche AG
Niko Hüls und Autorin Miriam Davoudvandi

Warum rappen so wenige Frauen? Was macht man eigentlich, wenn man spürt, dass die Texte mit denen man aufgewachsen ist, zu einem gesellschaftlichen Problem werden? Sind Rap und Feminismus nicht totale Gegensätze? Mit ihrem Panel-Talk „I've got 99 problems, but being a feminist listening to rap ain't one" stellt sich Miriam Davoudvandi gemeinsam mit ihrer Kollegin Lena Grehl seit langer Zeit diesen Fragen - und damit einer gesamtgesellschaftlichen Debatte. Dabei gelingt es ihr spielerisch, den Geist von Hip-Hop, die Werte, die ich auf meinem Roadtrip durch Europa suche, zu vermitteln. Klug und empathisch, vielfältig und kritisch.

Back 2 Tape

2018 hat sich Musikjournalist Niko Hüls in „Back to Tape” auf eine Reise zu den Wurzeln von Hip-Hop in Deutschland begeben. Nun setzt er seinen Roadtrip im Porsche Cayenne S Coupé quer durch Europa fort. Das Porsche Newsroom-Projekt „Back to Tape” beleuchtet in Kooperation mit dem Hip-Hop-Magazin „Backspin.de” kulturelle Prägungen durch die vier zentralen Elemente von Hip-Hop: Rap, DJing, Breakdance und Graffiti. In Teil 1 besucht Niko Hüls Berlin.

Offizielle Playlist von Back 2 Tape

Info

Text: Niko Hüls
Photos: Markus Schwer

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