Glück hoch 2504

Der Fotograf Stefan Bogner hat Gebirgspässen Seele eingehaucht. Für sein neues Buch Porsche Drive Großglockner versammelte sich eine Porsche-Auslese vor seiner Linse, die seinesgleichen sucht.

Es ist für Porsche-Enthusiasten ein vergleichbares Gefühl, wie für den Biologen, ein seltenes Java-Nashorn, einen Südchinesischen Tiger, einen wildlebenden Panda oder ein Nördliches Streifenkiwi zu entdecken. Die Chance, auch nur auf eine dieser seltenen Spezies zu stoßen, ist äußerst gering. Alle versammelt vorzufinden, empfiehlt den Besuch bei einem Psychologen. Doch das Erlebnis, das Stefan Bogner hier am Großglockner kreiert hat, ist ganz real.

Der 50-jährige Fotograf hat es tatsächlich geschafft, eine Porsche-Ära zusammenzutragen, die das Nonplusultra erlebbarer Sportwagengeschichte ist. Die meisten Besitzer haben dafür einen weiten Weg auf sich genommen. Die originalgetreue Kopie des legendären Porsche Typ 64, den Berlin-Rom Wagen, ist sogar aus dem 400 Kilometer entfernten Wien angereist - auf eigener Achse.

Typ 64, Curves-Fotoshooting, Großglockner, Österreich, 2018, Porsche AG
Originalgetreue Kopie des legendären Porsche Typ 64

„Wir sind für Stefan Bogners Aufwartung an Österreichs größten Berg hergekommen. Porsche und Großglockner, das gehört einfach zusammen“, sagt Thomas, der sich lautlos mit einem 918 Spyder zwischen die historischen Sportwagen schiebt. Großglockner, das gehört fest zur Geschichte der Marke Porsche. Schon Firmenpatriarch Ferdinand Porsche zog es regelmäßig auf den steilen Pass, um die Prototypen seines Volkswagen Käfer zu testen. Erstmals sperrte er 1938 den Teilnehmern des Automobil- und Motorradrennens die Münder auf, als sein Käfer ohne Mühe und Anstrengungen auf der Bildfläche erschien. Später unternahm auch Sohn Ferdinand "Ferry" Anton Ernst Porsche regelmäßig Bergfahrten mit den ersten Sportwagen unter eigenem Namen, unweit ihres Familiensitzes Zell am See. Der Großglockner hat sich in das Porsche-Erbgut eingefügt und untermauert die Sportwagen-DNA.

Stefan Bogner erklimmt den Gipfel seines Fotofahrzeugs, eines Porsche 911 GTS - auf Socken. Wenn er nicht gerade eingepfercht im Kofferraum des Elfers sitzt, oder festgezurrt im Bauch eines Helikopters ist das Porsche-Dach Bogners natürliches Habitat. So schoss er unvergessliche Bilder von Kurven und so versucht er heute die Sportwagen-Armada einzufangen, die sich hinter ihm auf dem großen Parkplatz am Fuscherltörl formiert hat - auch wenn er es selbst noch gar nicht richtig fassen kann.

Mission E, Curves-Fotoshooting, Großglockner, Österreich, 2018, Porsche AG
Das Konzeptfahrzeug Mission E gibt den Blick auf die atemberaubende Bergwelt frei

Sogar der vollelektrische Mission E ist da. Das Konzeptfahrzeug, das in der Serie offiziell Taycan heißen wird, steht mit geöffneten Türen an der Spitze und gibt den Blick frei auf die atemberaubende Bergwelt. Gleich dahinter, der Le Mans Siegerwagen von 1972 und das Speed Merchants Kameraauto, der Porsche 911 ST 2.5, ein 911 ST Repsol, dann zwei Supersportler, der Carrera 6 und 962, dicht gefolgt von der Pikes Peak-Legende 718 RSK Spyder, das Leichtgewicht 550 Spyder, der neue GT2 RS, sowie ein Porsche 904.

Ein solch konzentriertes Porsche-Bild muss man erst einmal verarbeiten. „Das ist der Wahnsinn. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass sie alle kommen. Ich bin unglaublich stolz und dankbar, das hier zu machen. Ich liebe Berge und Sportwagen. Beide Ikonen, den Großglockner und Porsche, hier für mein nächstes Buch zu verbinden, ist etwas ganz Besonderes“, so Bogner, der mit Curves, einem puristischen Bildband aus einzig und allein Kurven, in der Welt bekannt geworden ist. In Curves ist das Ziel bereits die Reise selbst. Soulful driving, nennt er es. Die Idee zum Logo, ein Pik As, entnahm Bogner übrigens dem Austro-Daimler Modell Sascha - Ferdinand Porsches erstem Rennwagen aus dem Jahr 1922. Dort haftete es auf dem Motordeckel.

Doch für Bogner gehört zur Porsche-Leidenschaft mehr als nur die Fahrzeuge selbst, es sind die Menschen und deren Geschichten, die seine Passion immer wieder neu befeuern. Als er beispielsweise von dem ehemaligen Porsche-Werksfahrer Rudolf Lins hörte, wusste Bogner auch bald von dessen Suche nach seinem ehemaligen Porsche 904. Der Besitzer des 904 lud Lins kurzerhand zu der Ausfahrt ein. So schafften es Bogner und seine Freunde schließlich hier am Berg nicht nur eine Sportwagensammlung aufzustellen, die seinesgleichen sucht, sondern auch eine alte Liebe wieder neu zu entfachen.

„Als ich erfuhr, dass mein ehemaliges Privatfahrzeug, der Porsche 904, auch auf den Großglockner kommen wird, gab es für mich kein Halten mehr“, so der 74-jährige österreichische Ex-Bergrennfahrer und Europameister. Die beiden haben sich seit mehr als 50 Jahren nicht mehr gesehen. 1967 verkaufte ihn Lins nach Amerika und beide verlieren sich aus den Augen.

„Ich liebe solche Geschichten. Wir haben sogar mit Zeitzeugen aus der Bergrenngeschichte gesprochen und Murmeltiersalben-Hersteller interviewt“, freut sich Bogner. „Gemeinsam mit dem Autoren Jan Baedeker möchte ich das Leben und Fahren am Großglockner noch einmal aufleben lassen“, schwärmt er. „In einem Porsche wird es zu einem unvergesslichen Erlebnis.“

Die Porsche-Fahrzeuge finden sich zum Ende dieser Fotoproduktion wieder auf dem Parkplatz ein. Es herrscht eine ausgelassene Atmosphäre unter Gleichgesinnten. Als plötzlich ein Porsche 991 Targa mit Schweizer Nummernschild dazukommt, gehen die beiden Insassen schnurstracks auf Stefan Bogner zu. Unter ihren Armen klemmen zwei Ausgaben von Curves. Autogrammstunde.

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