Die Zukunft des Sportwagens ist elektrisierend: Dies hat Porsche mit dem 911 GT3 R Hybrid und dem zweimal in Le Mans siegreichen 919 Hybrid auf der Rennstrecke ebenso bewiesen wie bei seinen Serienmodellen. Mit dem 652 kW (887 PS) starken 918 Spyder läutete Porsche 2013 eine neue Ära für Supersportwagen ein: Neben einem 4,6-Liter-Achtzylinder besaß er gleich zwei Elektromotoren. Gemeinsam ermöglichten die Antriebseinheiten atemraubende Fahrleistungen. Jetzt hat Porsche mit dem neuen Panamera Turbo S E-Hybrid erneut Akzente gesetzt. Erstmals markiert ein Plug-in-Hybridfahrzeug die Spitze einer Baureihe. Und am Horizont zeichnet sich bereits der erste rein elektrisch angetriebene viersitzige Sportwagen der Markengeschichte ab. Er soll noch in diesem Jahrzehnt an den Start gehen. Die Blaupause für dieses Projekt lieferte die Konzeptstudie Mission E, die Porsche auf der IAA 2015 vorgestellt hat.
Bereits heute unterstreichen die Hybrid-Performance-Pioniere die hohe Bedeutung der Elektrifizierung für den Sportwagenhersteller, bei dem Innovation zur Tradition gehört. Die neue Art der „E-Performance“ – mehr Leistung, mehr Fahrspaß, weniger Verbrauch und geringere Abgasemissionen – gilt bei Porsche als Leistungskit der Zukunft. Seit jeher steht Hybrid bei Porsche nicht nur für nachhaltige Mobilität, sondern auch für eine besonders hohe Form der Effizienz. Bereits 1899 hatte Ferdinand Porsche den Lohner-Porsche „Mixte“ konstruiert. Mit seiner Kombination aus Batterie-elektrischem Antrieb und einem Verbrennungsmotor gilt er als das erste serienmäßig gebaute Hybridauto überhaupt.
Porsche 911 GT3 R Hybrid (2010)
2010 griff Porsche das visionäre Antriebskonzept des „Mixte“ wieder auf. Als Versuchslabor nutzte der Sportwagenhersteller einmal mehr die Rennstrecke und schlug mit dem 911 GT3 R Hybrid nach mehr als 20.000 Siegen ein neues Kapitel in der überaus erfolgreichen Motorsporthistorie des Porsche 911 auf.
Das speziell für den Einsatz in dem 911 GT3 R-Versuchsträger entwickelte Hybridsystem unterschied sich deutlich von den seinerzeit üblichen Konzepten. So ergänzte ein Vorderachsantrieb mit zwei Elektromaschinen, die zunächst je 60 kW (82 PS) leisteten, den 480 PS starken und 4,0 Liter großen Sechszylinder-Boxermotor im Heck. In der 2011 vorgestellten Evo-Version steuerte jede der beiden permanent erregten Synchronmaschinen sogar 75 kW (102 PS) bei. In Bremsphasen kehrten die Elektroeinheiten ihre Funktion um und arbeiteten als Generatoren. Hierdurch gewannen sie kinetische Energie zurück, die sonst ungenutzt als Wärme verpufft. Somit hieß es zum ersten Mal im Rennsport: Wer bremst, gewinnt.
Die rekuperierte Energie trieb einen mechanischen Schwungradspeicher in Form einer weiteren Elektromaschine an, die – gemeinsam mit anderen Hybridkomponenten – in einer Kohlefaser-Sicherheitszelle im Beifahrerraum Platz fand. Das von Williams Hybrid Power nach Vorgaben von Porsche konzipierte und gefertigte System erreichte Rotationsgeschwindigkeiten von 40.000/min. Rief der Fahrer die dort gespeicherte Energie etwa für zusätzlichen Beschleunigungsschub oder Überholmanöver ab, wurde das Schwungrad im Generatorbetrieb elektromagnetisch abgebremst. Hierdurch erhielten die beiden Elektromotoren an der Vorderachse genügend Strom, um eine Zusatzleistung von zunächst 120 kW (163 PS), ab 2011 sogar 150 kW (204 PS) für bis zu acht Sekunden zur Verfügung zu stellen. Der 911 GT3 R Hybrid verwandelte sich damit temporär in einen Allradler.
Je nach Rennsituation konnte Porsche den Hybridantrieb leistungs- oder verbrauchsorientiert einsetzen. Die Strategen konnten also zwischen einem geringeren Tankgewicht oder mehr Runden zwischen zwei Boxenstopps wählen. Obwohl ein Sieg des 911 GT3 R Hybrid beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring nicht im Vordergrund stand, so wäre dem innovativen Technologieträger genau dies bei seiner Premiere im Jahr 2010 fast gelungen. Der orange-weiße 911 GT3 R Hybrid rollte nach 22 Stunden und 15 Minuten mit einem mechanischen Defekt im Umfeld des Verbrennungsmotors aus. Er hatte zu diesem Zeitpunkt acht Stunden lang die Führung verteidigt und den Beweis erbracht, dass die von Porsche entwickelte Hybridtechnologie auf der Rennstrecke absolut konkurrenzfähig ist und im Sinne der „Porsche Intelligent Performance“ einen deutlichen Effizienzvorteil darstellt. Im gleichen Jahr beendete der 911 GT3 R Hybrid die Langstreckenrennen in Road Atlanta (USA) und im chinesischen Zhuhai ohne Probleme. In 2011 ging der Hybrid-Rennwagen bei den 24 Stunden am Nürburgring nach zwischenzeitlichen Problemen im mechanischen Antrieb und anschließender starker Aufholjagd auf Rang 28 durchs Ziel.
Porsche 918 Spyder (2013)
Mit dem hybridisierten 918 Spyder hat Porsche 2013 eine Entwicklung eingeläutet, die noch in diesem Jahrzehnt mit dem ersten rein elektrisch angetriebenen Sportwagen der Marke in einer neue Ära münden wird. Der 918 Spyder bietet Höchstleistung auf der Rennstrecke, kann aber auch abgasfrei und nahezu geräuschlos durch die Stadt gleiten. Dank seines fortschrittlichen Plug-in-Hybridkonzepts vereint er eine Systemleistung von 652 kW (887 PS) mit einer Höchstgeschwindigkeit von 345 km/h und einem NEFZ-Normverbrauch von 3,1 Liter/100 km. Auf der Nordschleife des Nürburgrings unterbot der 918 Spyder 2013 als erster Seriensportwagen die Sieben-Minuten-Schallmauer. Den damaligen Rundenrekord von 6.57 Minuten verdankte er unter anderem dem zusätzlichen Schub seiner zwei Elektromotoren und dem Power-Hybrid-Wissen, das Porsche zuvor mit dem 911 GT3 R Hybrid gesammelt hatte.
Besonderheit des zweisitzigen Serien-Supersportlers: Er besitzt drei voneinander unabhängige Motoren. Sie können individuell gesteuert werden und bereiten einem einzigartigen Allradkonzept die Bühne, indem sie alle Möglichkeiten des kombinierten Antriebs ausschöpfen. Die Basis liefert ein 4,6 Liter großer und 447 kW (608 PS) starker hochdrehender Achtzylinder. Durch eine trockene Trennkupplung schließt sich ihm ein parallel geschalteter Elektromotor mit 115 kW (156 PS) direkt an. Beide können die Hinterachse jeweils einzeln oder auch gemeinsam über ein Siebengang-Porsche-Doppelkupplungsgetriebe (PDK) befeuern. Wird keine Antriebsleistung benötigt, können die Maschinen bei Geschwindigkeiten von bis zu 150 km/h komplett abgekoppelt werden. Dies ermöglicht das für Porsche typische „Segeln“ mit abgeschaltetem Verbrenner.
Der zweite Elektroantrieb wirkt mechanisch unabhängig von der Hinterachse. Die permanent erregte Synchronmaschine mit Innenläufer ist klein, leicht und vereint eine Maximaldrehzahl von 16.000 Umdrehungen pro Minute mit hoher Leistungsentwicklung. Über ein Getriebe mit konstanter Übersetzung reicht sie bis zu 95 kW (129 PS) an die Vorderräder weiter. Auf diese Weise verfügt der 918 über einen temporären Allradantrieb, der die Traktion verbessert und fahrdynamische Vorteile bietet. Erst ab einer Geschwindigkeit von rund 265 km/h meldet sich der vordere E-Motor über eine integrierte Klauenkupplung ab. Die elektrische Allradfunktion steht damit praktisch jederzeit zur Verfügung.
Beide Elektro-Aggregate können nicht nur boosten, sondern auch Energie zurück gewinnen. Dieser elektrische Strom wird von Lithium-Ionen-Batterien mit einer Kapazität von 6,8 kWh gespeichert. Quer im Monocoque-Boden hinter den Sitzen platziert, zeichnen sie sich durch spezielle Einzelzellen aus. Plug-in-typisch kann die Aufladung auch an der Steckdose erfolgen – mit dem bordeigenen Wechselstrom-Ladegerät in maximal 3,8 Stunden oder über die optionale Gleichstrom-Schnellladestation von Porsche in 25 Minuten.
Porsche 919 Hybrid (seit 2014)
Die Erfahrungen mit dem 911 GT3 R Hybrid und dem 918 Spyder beeinflussten auch die Entwicklung des Porsche 919 Hybrid. Mit ihm kehrte die Sportwagenmarke 2014 in die Topklasse der Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC (World Endurance Championship) und damit auch zu den 24 Stunden von Le Mans zurück. Mit einer Systemleistung von mehr als 900 PS (662 kW) ist der von Grund auf neu entwickelte, überaus komplexe 919 Hybrid das schnellste Testlabor und der innovativste Rennwagen, den Porsche bis heute gebaut hat.
Sein mutiges Technikkonzept verfolgte von Beginn an ein klares Ziel: höchste Energie-Effizienz durch einen möglichst optimalen Wirkungsgrad aller Komponenten. Dies betrifft die Aerodynamik des Le-Mans-Prototypen ebenso wie den kompromisslosen Leichtbau aller Elemente, ganz besonders aber die Energie-Rückgewinnungs- und Antriebssysteme – hochmoderne Technologien, die für den Einsatz in Serienmodellen höchste Relevanz besitzen. Wie die 800-Volt-Technologie, die auch das rein elektrisch angetriebene Konzeptfahrzeug Mission E auszeichnet. Die Serienversion der viertürigen Sportwagen-Studie geht noch vor Ende des Jahrzehnts an den Start.
Angesichts des 2014 neu eingeführten Technikreglements der WEC, das den Ingenieuren des 919 große Freiräume für kreative Lösungen bietet, entschied sich Porsche für einen ungewöhnlichen Weg: Der Hybridantrieb fußt auf zwei verschiedenen Energie-Rückgewinnungssystemen. Das erste arbeitet vergleichsweise konventionell und wurde vom 911 GT3 R Hybrid abgeleitet: Ein Generator an der Vorderachse verwandelt in Bremsphasen kinetische in elektrische Energie. Das zweite ist nochmals fortschrittlicher und auch im Starterfeld der Sportwagen-WM bis heute beispiellos, denn es greift auf die thermodynamische Energie des Abgasstroms zu. Dabei übernimmt eine zusätzliche Turbinen-Generator-Einheit die Aufgabe des sogenannten Wastegates; Das Regelventil bewahrt Turbosysteme vor Überlastungen, indem es Druckspitzen ins Freie entweichen lässt. Aus dieser bislang verlorenen Abgasenergie erzeugt die MGU-H (Motor Generator Unit Heat) genannte Einheit elektrischen Strom. Ergebnis: Der Porsche 919 Hybrid ist der einzige Rennwagen in der LMP1-H-Topklasse, der nicht nur beim Bremsen überschüssige Energie rekuperiert, sondern auch beim Beschleunigen.
Bei der Frage nach dem Speichermedium des 919 stand zunächst der aus dem 911 GT3 R Hybrid bekannte Schwungradspeicher im Vordergrund, doch Porsche schlug mit dem innovativeren Konzept erneut den mutigeren Weg ein: Die selbst entwickelten, flüssigkeitsgekühlten und auf der Zellentechnologie des Partners A123 Systems basierenden Lithium-Ionen-Batterien vereinen relativ große Speicherkapazität mit sehr hoher Leistungsdichte. So bieten sie den besten Kompromiss zwischen schneller Leistungsaufnahme und -abgabe. In Beschleunigungsphasen fließt ihre Energie an den vorderen Generator, der dann wie ein Single-Elektromotor fungiert und über ein Differenzial beide Vorderräder antreibt. Auf diese Weise verfügt der Porsche 919 Hybrid über einen temporären Allradantrieb, denn die Kraft des lediglich 2,0 Liter großen Vierzylinder-V-Verbrennungsmotors geht allein an die Hinterachse.
Besonderheit des LMP1-H-Reglements der WEC: Es begrenzt die Menge an elektrischer Energie, die pro Runde rekuperiert und wieder geboostet werden darf. Der Porsche 919 Hybrid war 2015 der erste Prototyp, der in der 8-Megajoule-Topkategorie an den Start ging. Umgerechnet auf den 13,629 Kilometer langen „Circuit des 24 Heures“ von Le Mans bedeutet dies: Der Prototyp darf pro Runde exakt 2,22 Kilowattstunden (kWh) Strom einsetzen, den Gegenwert von 8 MJ (1 MJ = 0,28 kWh), und maximal 4,31 Liter Benzin verbrauchen. Mit der elektrischen Energie, die der 2015 und 2016 siegreiche Porsche 919 Hybrid in Le Mans im Verlauf des 24-Stunden-Rennens jeweils zurückgewonnen hat, könnte ein Einfamilienhaus ein Vierteljahr lang mit Strom versorgt werden.
Porsche Panamera Turbo S E-Hybrid (2017)
Jüngster Star des Power-Hybrid-Ensembles von Porsche ist der Panamera Turbo S E-Hybrid. Die viertürige Limousine feierte Anfang März auf dem Genfer Automobilsalon Weltpremiere und steht als erstes Plug-in-Hybridmodell des Sportwagenherstellers an der Spitze einer Baureihe. Durch die Kooperation des 4,0 Liter großen V8 aus dem Panamera Turbo mit dem 100 kW (136 PS) starken Elektromotor, ergibt sich eine Gesamtsystemleistung von 500 kW (680 PS; Kraftstoffverbrauch kombiniert 2,9 l/100 km; CO2-Emission 66 g/km; Stromverbrauch kombiniert 16,2 kWh/100 km) und eine souveräne Kraftentfaltung: Knapp über Leerlaufdrehzahl stehen bereits 850 Nm Drehmoment zur Verfügung. Das ermöglicht eine Beschleunigung von null auf 100 km/h in 3,4 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 310 km/h.
Die flüssigkeitsgekühlte, im Heckbereich verbaute Lithium-Ionen-Hochvoltbatterie fasst 14,1 kWh. Über einen 230-Volt-Anschluss mit zehn Ampere ist sie in sechs Stunden komplett geladen. Der optionale On-Board-Lader mit 7,2 kW Leistung verkürzt den Ladevorgang auf 2,4 Stunden.
Wie im Panamera 4 E-Hybrid wird die im Porsche-Hybrid-Modul eingesetzte Trennkupplung von einem Electric Clutch Actuator (ECA) elektromechanisch betätigt. Vorteil: kurze Reaktionszeiten und ein hohes Maß an Komfort. Die Boost-Strategie des allradgetriebenen Panamera, der bis zu 50 Kilometer rein elektrisch zurücklegen kann, stammt vom Supersportwagen 918 Spyder.. Standardmäßig startet der Panamera Turbo S E-Hybrid im rein elektrischen „E-Power“-Modus. Durch das Überwinden eines Druckpunktes im Fahrpedal oder beim Unterschreiten eines Mindestladestandes der Batterie wird der „Hybrid Auto“-Modus aktiviert. Dann steht die Kraft beider Motoren zur Verfügung. Dass diese Kombination zweier Kraftquellen Performance und Effizienz in Einklang bringt, beweisen alle vier Power-Hybride von Porsche – auf der Straße und auf der Rennstrecke.
Verbrauchsangaben
Panamera Turbo S E-Hybrid: Kraftstoffverbrauch kombiniert 2,9 l/100 km; CO2-Emission 66 g/km; Stromverbrauch kombiniert 16,2 kWh/100 km
Panamera 4 E-Hybrid: Kraftstoffverbrauch kombiniert 2,5 l/100 km; CO2-Emission 56 g/km; Stromverbrauch kombiniert 15,9 kWh/100 km