Das eine tun, ohne das andere zu lassen – das trifft die Philosophie von Porsche ganz gut. Ob klassische Sportwagen oder Viertürer: Alle Modelle aus Zuffenhausen und Leipzig vereinen scheinbare Gegensätze. Das ist ein zentraler Aspekt des Selbstverständnisses der Marke. Beim Thema Elektrifizierung rücken insbesondere die Gegensatzpaare Innovation/Tradition und Performance/Alltagstauglichkeit in den Fokus. Was Innovationen anbelangt, stellt der Sportwagenhersteller mit jeder neuen Modellgeneration aufs Neue seine herausragenden Ingenieursleistungen unter Beweis. Vor dem Hintergrund mehrerer unabhängiger Studien, die besagen, dass in den kommenden 15 bis 25 Jahren der Marktanteil von teil- und vollelektrisch angetriebenen Fahrzeugen den der Verbrennervarianten übersteigen wird, investiert Porsche entsprechend in seine Zukunft.

Bereits im Jahr 2010 hat das Unternehmen mit dem Cayenne S Hybrid als einer der ersten Premiumhersteller ein Hybridmodell auf den Markt gebracht. Als nächster Evolutionsschritt folgten Plug-in-Hybridversionen, angeführt vom Supersportler 918 Spyder. „Er ist das beste Beispiel dafür, dass Plug-in-Hybridantriebe durch die Zusatzleistung und die Drehmomenterhöhung der E-Maschine die Fahrdynamik und den Fahrspaß enorm steigern“, sagt Dr. Stefan Weckbach, Leiter Baureihe BEV (GB). Beides hat bei Porsche schließlich Tradition. Um sich noch einmal die Zahlen zu vergegenwärtigen: 887 PS Systemleistung, Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 2,6 Sekunden, durchschnittlicher Kraftstoffverbrauch 3,1 l/100 km, Stromverbrauch 12,7 kWh/100 km. Mehr Performance geht nicht.

Unternehmensprinzip „Viel leisten, wenig verbrauchen“

Daran lässt sich ablesen, warum Porsche auf das Zusammenspiel von Elektro- und Verbrennungsmotoren baut: Es hebt das Unternehmensprinzip „Viel leisten, wenig verbrauchen“ auf eine neue Stufe. Dass dieser Anspruch ebenso für SUV und Luxuslimousinen gilt, beweisen der Cayenne beziehungsweise der Panamera S E-Hybrid. Sie haben im Vergleich zu ihren Vorgängermodellen die Latte sowohl bei den Fahreigenschaften als auch bei der Alltagstauglichkeit höher gelegt. Mit 416 PS (Panamera S E-Hybrid: Kraftstoffverbrauch/Emissionen* kombiniert: 3,1 l/100 km; CO₂-Emission: 71 g/km; Stromverbrauch: 16,2 kWh/100 km) kaum mehr als drei Liter Kraftstoff zu verbrauchen und bis zu 36 Kilometer weit rein elektrisch fahren zu können spricht für sich. Und gegen andere alternative Antriebe: „Im Zuge der sich verschärfenden Verbrauchs- und Emissionsvorschriften beschäftigen wir uns natürlich schon länger intensiv mit der Frage des geeigneten Antriebs. Dabei haben wir auch alle möglichen Alternativen ausgiebig geprüft und sind zu dem Schluss gekommen: Nur die Elektrifizierung genügt unseren Ansprüchen“, betont Matthias Kirchgässner, Projektleiter Vertrieb und Marketing Baureihe BEV (GBV).

Wie der nächste Schritt innerhalb der kommenden fünf Jahre aussehen könnte, hat das Konzeptfahrzeug Mission E auf der jüngsten IAA in Frankfurt eindrucksvoll gezeigt. Die Studie verspricht ein Feuerwerk an technischen Neuerungen und trägt insbesondere den für die Akzeptanz eines Elektrofahrzeugs entscheidenden Kriterien Reichweite und Ladezeit Rechnung. „Wenn Porsche ein Elektrofahrzeug auf den Markt bringt, muss es absolut langstreckentauglich sein. Unser Premiumanspruch beinhaltet, dass Kunden auch bei Modellen mit E-Antrieb keinerlei Einschränkungen im Alltag haben dürfen“, sagt Kirchgässner.

Auf die Straße übersetzt, bedeutet das: mindestens 500 Kilometer Reichweite und eine möglichst kurze Ladezeit. Um dieses Ziel zu verwirklichen, verdoppelt Porsche die heute übliche Ladespannung auf 800 Volt. Echte Pionierarbeit, die mit etlichen Raffinessen einhergeht. So kommen beispielsweise leichtere Kupferkabel mit reduziertem Querschnitt zum Einsatz, was sowohl fahrzeugseitig als auch ladetechnisch Vorteile mit sich bringt. Das dadurch reduzierte Gewicht kommt der Reichweite zugute. Der durch die innovativen Kabel ermöglichte schnellere Energiedurchfluss verkürzt die Ladezeiten.

Lithium-Ionen-Batterie - 80 Prozent geladen in 15 Minuten

Auch die Lithium-Ionen-Batterie ist so dimensioniert, dass sie die gewünschte Kilometerleistung gewährleistet – und zwar unter Porsche-typischen Fahrbedingungen, zum Beispiel mehrmaligem Beschleunigen in kurzen Abständen. Über den 800-Volt-Anschluss kann sie in rund 15 Minuten zu 80 Prozent wieder geladen werden. Eine Rekordzeit für Elektrofahrzeuge, die nicht von ungefähr kommt. „Wir haben mehrere Studien ausgewertet, die das Pausenverhalten auf Autobahnen untersuchen. Das Ergebnis: Im Schnitt machen Fahrer 20 Minuten Rast, wenn sie längere Strecken unterwegs sind“, erklärt Simon Hess, Fachreferent Mobilitätskonzepte und Ladeinfrastruktur (GSI). „Wobei wir jedoch anpeilen, Porsche-Kunden eine Ladezeit von weniger als 20 Minuten zu ermöglichen.“

Nach einer guten Viertelstunde steht dem Mission E genügend Energie für rund 400 Kilometer zur Verfügung. Das bedeutet, dass Kunden für ihre täglichen Kurzstreckenfahrten zur Arbeit, Kindertagesstätte oder zum Einkaufen im Grunde keine Tankstelle beziehungsweise Ladestation mehr anfahren müssten. „Es ist davon auszugehen, dass mehr als 90 Prozent der Ladevorgänge zu Hause stattfinden“, weiß Hess. Porsche fährt daher mit einer doppelten Strategie: Für das schnelle Energiezapfen auf Autobahnen bringt sich das Unternehmen zusammen mit Vertretern aus Politik, Zulieferern und anderen Herstellern ein, um eine flächendeckende Infrastruktur zu gewährleisten – mit 800-Volt-Schnellladesäulen.

Infografik: Elektromobilität weltweit auf dem Vormarsch, 2016, Porsche AG
Infografik: Elektromobilität weltweit auf dem Vormarsch

Denn nachdem Porsche dafür die Vorarbeit geleistet hat, wird sich das System aufgrund seiner Vorteile über kurz oder lang auch unter anderen Anbietern durchsetzen. Außerdem sind die Ladesäulen abwärtskompatibel, das heißt, E-Fahrzeuge mit 400-Volt-Antrieben können dort ebenfalls laden. Um den Ladevorgang zu Hause so angenehm wie möglich zu gestalten, kann die Batterie im Mission E induktiv Energie aufnehmen: Es genügt, über einer im Garagenboden eingelassenen Spule zu parken, die den Strom dann drahtlos an ihr Gegenstück im Wagenboden überträgt. Das dauert zwar ein bisschen länger, erledigt sich aber quasi über Nacht ganz von selbst.

Optimiertes Laden durch Kombination mit regenerativen Energien

„Zudem verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz“, ergänzt Hess. „Das Laden soll in Zukunft schnell, komfortabel, sicher, CO2-neutral und kostenoptimal erfolgen.“ Das schließe etwa die Kombination mit regenerativen Energien wie Solarzellen auf dem Hausdach oder intelligentes Laden ein – also stets dann aufzutanken, wenn der Strom am günstigsten ist. Im Gegensatz zum induktiven Verfahren beanspruchen Schnellladevorgänge die Batterie laut Hess zwar verstärkt, aber alle Komponenten seien so ausgelegt, dass sie ein Fahrzeugleben lang halten – und das ist bei Porsche ein durchaus langer Zeitraum.

Wie der damalige Vorstandsvorsitzende Matthias Müller während der Präsentation des Mission E in Frankfurt angekündigt hat, ist mit der Serienversion des Autos in gut fünf Jahren zu rechnen. In der Zwischenzeit werden die Porsche-Entwickler das Thema Elektrifizierung weiter intensiv vorantreiben. So ist es denkbar, dass es neben dem Cayenne und Panamera weitere Plug-in-Hybridversionen in anderen Modellreihen geben wird. Denn für die maximale Performance in Verbindung mit größtmöglicher Effizienz führt an der Elektrifizierung kein Weg mehr vorbei.

Weitere Artikel