Jenseits von Gut und Böse

4.691 Kilometer in 94 Stunden. Über Sand und Schotter, durch Schlamm und Staub: Das ist die East African Safari Rallye. Porsche hat sich der Herausforderung gestellt.

Für viele ist die East African Safari Rallye die härteste Rallye überhaupt. Porsche hat diese Herausforderung angenommen und bringt 1978 als einziges Team beide Fahrzeuge ans Ziel.

Während andere an Ostern Eier im Garten suchen, stoßen Björn Waldegård und Hans Thorszelius im März 1978 auf einen Felsbrocken im Schlamm. Mit dem Porsche 911 SC 3.0. Statt ihrer Nerven verlieren sie den Hinterachslenker. Aber auch die Führung der East African Safari Rallye. Am Ende wird es den beiden im hochbeinigen Martini-Elfer trotz Pannenpause für den vierten Platz reichen – zwei Plätze hinter ihren Teamkollegen Vic Preston Junior und John Lyall.

„Am Ende“ heißt bei der 26. Safari Rallye: „Nach 94 Stunden und 4.691 Kilometern“. Das ist, als würde man am Donnerstagnachmittag von Zuffenhausen nach Moskau starten und am Montagmittag wieder zurück sein. Mit dem Unterschied, dass es nicht über geteerte Straßen geht, sondern durch die Savannen, Halbwüsten und das Hochland Kenias.

Das Porsche Team erfährt die exakte Strecke erst einen Tag vor Start

Man könnte auch sagen: Die Rallyeprofis waren jenseits von Gut und Böse unterwegs. Anders kann man es nicht beschreiben, wenn zwei leistungsgesteigerte Dreiliter-Porsche abwechselnd über losen Sand hetzen, mit 28 Zentimetern Bodenfreiheit Flüsse kreuzen, rote Schlammtümpel durchkriechen, über Schanzen springen, blindlings Staubwände durchbrechen, nicht abgesperrte Schotterpisten passieren oder sich kenianische Berge hochkämpfen.

Immer in der Nähe: Roland Kussmaul und Jürgen Barth, die Porsche – gemeinsam mit der Hoffnung auf den Sieg und neuneinhalb Tonnen Material – in die Wüste schickte. Die zwei rasenden Mechaniker bewiesen, dass sie nicht nur mit 200 Sachen über die Steppe stauben, sondern auch in Windeseile eine mit Glasfaser beschichtete Hinterachsschwinge im menschenleeren Nirgendwo austauschen können. Menschenleer unter anderem deswegen, weil die exakte Strecke erst einen Tag vor dem Start bekannt gegeben wird – der Chancengleichheit wegen.

Wobei selbst das härteste Training nicht über Sieg oder Niederlage entscheiden würde. Bei der East African Safari Rallye geht es vielmehr ums Haushalten mit der Geschwindigkeit, die schnellen Hände der Mechaniker, die Erfahrung der Piloten und die Robustheit der Autos. Wenn dann noch ein bisschen Glück hinzukommt, schafft man es auch, als einziges Team beide Autos ins Ziel zu bringen.

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