Herbert Linge und das 901/911 2.0 Coupé
Herbert Linge, Weissacher Urgestein und ehemaliger Test- und Rennfahrer, ist zweifellos der erste von Porsches Monte-Carlo-Helden. „Ich sollte aus Marketinggründen einen ganz frühen 911 nehmen und einfach nur heil ankommen – fertig“, erinnert er sich, während er das Originalauto von damals die Berge pilotiert. Tatsächlich hoffte der damalige Rennleiter Huschke von Hanstein eigentlich nur auf einen Beweis der Langstreckenfähigkeit des 356-Nachfolgers und auf ein vermarktungsfähiges Foto mit 911 und Autofan Fürst Rainier von Monaco nach der Hatz durch die Alpen. Linge und sein Copilot Peter Falk bekamen also das Auto mit der Chassisnummer 300055, das die Ingenieure nur oberflächlich auf die Tortur vorbereitet hatten: 150 statt 130 PS, Weber- statt Solex-Vergaser, andere Stabis, Fünfganggetriebe, ein etwas zurückversetzter Schalthebel, eine Dachlampe zum Erkennen von Wegweisern, Twinmaster, Stoppuhren, Zusatzscheinwerfer vorne, Käfig, einer Trittstange am Heck plus Lederriemen, damit man sich für bessere Traktion über der Hinterachse postieren konnte. Linge ließ sich noch das Lenkrad mit Leder beziehen – fertig.
Das Team startete die damalige Sternfahrt der Rallye Monte-Carlo in Bad Homburg. „Ab der Eifel war alles verschneit – aber da ich alle Winterreifentests auf den 356ern gemacht hatte, machte mir das nichts aus“, lacht Linge. Im Fürstentum angekommen belegten Linge und Falk im 901/911 völlig überraschend den achten Gesamtrang. In der „Nacht der langen Messer“ am berüchtigten Col de Turini drehten die beiden noch einmal mächtig auf und belegten im Gesamtklassement Platz 5. Und sie lieferten den Wagen wie gefordert unbeschädigt ab. Er wurde von 2013 bis 2015 bei den Kollegen Porsche Classic restauriert und gehört heute einem deutschen Privatier.
Vic Elford und der 911 Carrera T
Porsche-Werksfahrer Vic Elford hatte noch ein Hühnchen zu rupfen mit der Rallye Monte-Carlo: Verpasste er doch aufgrund von einer Ungenauigkeit im Reglement den Sieg im Jahr 1967. So startete „Quick Vic“ mit seinem Beifahrer David Stone in Warschau im 170 PS starken und keine Tonne schweren 911 T. Nach der Sternfahrt startete von der Rampe vor dem Casino in Monte Carlo der Franzose Gérard Larrousse im Alpine mit 14 Sekunden Vorsprung als Erster – sogleich danach waren Elford/Stone dran. Der Brite fuhr wie von Sinnen und holte 20 Sekunden Vorsprung vor Larrousse heraus. Der gab allerdings nicht auf, jagte hinterher und hatte das Pech, am Pass auf das Werk zweifelhafter Scherzbolde zu treffen: Einige Zuschauer hatten Schnee auf die Straße geschaufelt. Larrousse rutsche darauf aus und fuhr mit seinem Alpine in die Mauer. Elford siegte.
Noch heute kann Elford stundenlang von Geschehnissen auf und neben der Piste von damals erzählen. Er fährt den 2018er 911 Carrera T im Rallye-Monte-Carlo-Trimm: „Das beste Auto, das ich je in meinem Leben gefahren bin“, sagt er und gibt dem roten Coupé damit den Ritterschlag. Das Tribute-Fahrzeug gespickt mit Reminiszenzen an den Sieges-911, zum Beispiel Zusatzscheinwerfer, Spritzlappen hinten, Halda-Rallyeinstrument, Sichtcarbon-Vollschalensitze und in die Kopfstützen eingestickten Jahreszahlen „1968“ (Beifahrerseite) und „2018“ (Fahrerseite). Um Fragen zuvor zu kommen: Es bleibt beim unverkäuflichen Einzelstück.
René Rochebrun und der 911 Carrera 2.7 RS
Nachdem Porsche mit dem 911 auch 1969 und 1970 die Rallye Monte Carlo gewann (und jedes Mal auch den Vizesieger stellte) und sich danach aus dem Wettbewerb zurückzog, stürzten sich die privaten Teams auf den leichten Renner aus Zuffenhausen. „Als Privatier brauchte man zu allererst Leidenschaft“, sagt heute René Rochebrun, einst Handelsvertreter für Fleisch. Er war Copilot von Jean Jacques Santucci. Die Beiden landeten 1978 bei der Rallye Monte-Carlo in einem weißen Porsche 911 2.7 RS Baujahr 1972, der in der Gruppe 3 für serienmäßige GT-Fahrzeuge startete, auf einem sehr guten Gesamtplatz 17.
Jetzt pilotiert er auf der Fahrerseite den originalen Rennwagen und weiß noch genau, wie es damals war: „Wir fuhren fast vorne mit und fühlten uns ganz groß. Dabei waren wir doch ganz kleine Lichter.“ Mechaniker waren Freunde mit ebensolcher Leidenschaft, und in den wenigen Pausen während der langen Rallye musste Rochebrun seine Berufs- sowie sein Privatleben organisieren, ganz abgesehen von Tätigkeiten wie Verpflegung organisieren, in der Rennschale schlafen oder sich um Sponsoren sorgen.
Rochebrun blieb dem Motorsport noch bis 1987 treu, unter anderem als Copilot von Schauspieler und Hobbyrennfahrer Jean Louis Trintignant. Der weiße, 210 PS starke 911 – übrigens der zweite je nach Frankreich ausgelieferte 2.7 RS – wanderte 45 Jahre lang durch französische Sportlerhände, bevor ein Deutscher sich den Wagen sicherte.
Jean Pierre Nicolas und der 911 Carrera RS 3.0
1978, genau zehn Jahre nach dem ersten 911-Sieg in den Alpen, nahmen 216 Wagen an der Rallye Monte-Carlo teil – 29 davon waren Porsche. In der frühen Startnummer 3 gab der französische Rallye-Spezialist Jean Pierre Nicolas und sein Beifahrer Vincent Laverne, dem ein gewisser Jean Todt den Platz frei gemacht hat, Gas. Das Auto: ein 911 Carrera 3.0 – breit, stark, laut. Das Rasen hat der Rallyeweltmeister (sowohl als Fahrer als auch als Teamchef) nicht verlernt – mit Freude jagt er den Feuer spuckenden 250-PS-Renner über die schmalen Bergstraßen. „Nur 15 Tage vor dem Rallye-Start bekamen wir das Budget von Gitane,“ brüllt er gegen den Boxermotor an. „Und so konnten wir uns den Alméras-Wagen ausleihen.“ Jean-Marie und Jaques Alméras bauten damals in Montpellier die heißesten 911-Renner auf – der Wagen besaß das Chassis der Gruppe 4 und einen Motor der Gruppe 3, der im Schnee viel weicher ansprach als ein Gruppe-4-Antrieb.
Die Konkurrenz bei der Rallye Monte-Carlo war damals so illuster wie stark – da fuhr zum Beispiel ein Walter Röhrl im Werks-Fiat. Aber Nicolas hängte sie alle ab – und gewann mit einem Vorsprung von zwei Minuten. Somit stand exakt zehn Jahre nach dem ersten Erfolg wieder ein 911 auf dem Podest in der Mitte. Der 2008 restaurierte Wagen gehört heute dem spanischen Rennteam Teo Martin Motorsport.
Jaques Alméras und der 911 3.0 Gruppe 4
Wahrscheinlich weiß niemand besser als Jaques Alméras über die Rallye-Porsche der 1970er Jahre Bescheid: Er hat sie damals mit seinem Bruder Jean-Marie aufgebaut. So auch den roten 330 PS starken Porsche 3.0 Gruppe 4 aus dem Jahr 1974, den er selten, aber gerne fährt. 1974 wurde er darauf französischer Bergmeister der Klasse „GT Special“.
Sein größter Spaß ist es, Nicolas zu jagen. Die beiden kennen sich seit knapp 50 Jahren und sind nur einmal gegeneinander gefahren, und zwar bei der Rallye Tour de France 1974. Bei ihm im Auto herrscht noch heute echtes Rallye-Feeling – nicht nur, weil er sein Auto fliegen lässt, sondern auch, weil er auf die Roadbookangaben des Copiloten schwört und mit Micky-Mäusen auf den Ohren und mit Sprechanlage vorm Mund fährt. Die Frage, warum Frankreich so eine große Rallyetradition hat, kann er ohne große Anstrengung beantworten, während er an Nicolas‘ Heck klebt: „Ganz einfach: Das Land war schon immer automobilsportbegeistert. Es bietet geografisch die idealen Voraussetzungen für Rallyes, besonders im Südosten gibt es technisch sehr anspruchsvolle Routen. Klimatisch bieten sie im Winter viel Schnee und im Sommer mediterrane Trockenheit.“