Der Porsche LMP1 hängt still an der Wand und bewegt sich doch. Egal aus welcher Richtung der Lobby „One Porsche Drive“ des Porsche-Zentrums in Atlanta im Bundesstaat Georgia man kommt – ob aus dem „Carrera Café“ oder dem „Restaurant 356“: Von überall strahlt das Bild Dynamik aus. „Ein genialer Effekt!“, meint auch Andre Oosthuizen, nordamerikanischer Vizepräsident des Porsche-Marketings. „Das Bild entstand im Auftrag und sollte den Raum gänzlich einnehmen“, so Oosthuizen.
Ein Auftragsmaler? Die Spur zu Nicolas Hunziker ist gelegt. Der geborene Schweizer arbeitete mehrere Wochen an dem sechs Mal zweieinhalb Meter großen Werk, das Porsches aktuellen Siegerwagen der 24 Stunden von Le Mans im Zentrum hat. Dabei wandte Hunziker dieselbe Raster-Technik an, die schon sein Großvater in der Malerei für sich nutzte. Gerold Hunziker schuf in den 1930er Jahren offizielle Olympia-Plakate und Rennposter für Bugatti. Ganz im Stil des Art déco. Die Hunziker-DNA ist kreativ genug, um die Grenzen zwischen Kunst und Sport mit leichter Hand zu verwischen. In ihr findet sich sogar blaues Rennsportblut: Nicolas Hunzikers Großonkel war ein echter Prinz, der den Racetrack liebte. Prinz Birabongsea Bhanutej Bhanubandh von Siam war in den 1950er Jahren Thailands erster Grand-Prix-Fahrer. „Er bestritt zwei Mal die 24-Stunden von Le Mans und pilotierte auch im persönlichen Auftrag von Enzo Ferrari“, erzählt Hunziker voller Stolz in seinem Atelier in Torrance bei Los Angeles, gut 2.000 Meilen von Atlanta, dem LMP1-Bild und Andre Oosthuizen entfernt.
In seinen Kunstwerken setzt er am liebsten Porsche-Sujets ein
Genauso vielseitig, wie man es von dieser weltumspannenden Familie erwarten kann, arbeitet der in der Schweiz geborene Maler und mixt dabei die genetischen Vorteile seiner kreativen Familie wie die Acrylfarben vor jedem Pinselstrich. Von Neuinterpretationen historischer Rennplakate über die Neuauflage von Motorsport-Jacken der ehemaligen Porsche-Werksteams – bis hin zu den idealen Schuhen fürs Gaspedal. Am liebsten jedoch setzt er Porsche-Sujets ein. Dann ist er mit dem Herzen dabei.
Hunzikers heimliches Lieblingskunstwerk stammt übrigens nicht von ihm selbst und steht doch immer öfter in seinem Atelier in Torrance im Süden von Los Angeles: ein Porsche 911 T aus dem Baujahr 1968. Vor zehn Jahren fand er den Sportwagen für 8.000 Dollar in einer Zeitungsannonce einer kleinen Wüstenstadt namens South Dakota, knapp 2.000 Kilometer von Las Vegas entfernt. Zusammen mit seiner damaligen Freundin Heather, die die Fashion-Linie Hunziker verantwortet, wollte Nicolas den Elfer persönlich abholen, und nach einer Nacht im Motel freuten sich beide auf die Heimfahrt.
Doch am Morgen nach dem Kauf war bereits der Anlasser defekt, und so rollten sie den Elfer von der Parkhausrampe herunter, um den Motor anzuwerfen. Es funktionierte, der Sechszylinder röhrte. Gemeinsam fuhren sie schließlich, ohne den Porsche in den kommenden zwei Tagen auch nur einmal wieder auszumachen, heim in ihren damaligen Wohnort Las Vegas. Hunziker tankte sogar bei laufendem Motor. „Das hat mich fest mit dem Porsche verschweißt. Ich hatte so eine Wut auf ihn. Aber das zuverlässige und stetige Drehen des Motors hat mich schnell umgestimmt.“ Ein Abenteuer, das Hunziker und seine heutige Frau Heather nicht so schnell vergessen werden. Die beiden sind übrigens wahrscheinlich das erste Paar, das Las Vegas extra zum Heiraten verlassen hat.
Und vielleicht ist es als romantische Erinnerung gedacht, dass Nicolas den elfenbeinfarbenen Porsche seitdem nicht einmal gewaschen hat. Nur der Motor glänzt: ein 2.0-Triebwerk aus einem Porsche 911 S. Die mechanische Inspektion erledigt Hunziker am liebsten selbst. Auf der Türinnenverkleidung haben sich Rennsportikonen wie Vic Elford, Jürgen Barth, Gijs van Lennep, Brian Redman, Tony Adamowicz und Howden Ganley verewigt. „Ich liebe diesen Elfer. Wenn ich nach den Wochenenden auf der Rennstrecke zurück in den Porsche steige, denke ich immer noch, ich bin auf dem Racetrack. Kein Auto vermischt den Rennsport mit der Tauglichkeit eines Alltagsfahrzeugs so perfekt wie der Porsche 911“, schwärmt der 42-jährige Künstler und Hobbyrennfahrer.
Zu Hunzikers Auftraggebern gehören neben der Porsche AG und der Rennveranstaltung der 24 Stunden von Le Mans das Team von Gulf Racing und James Hunt Racing sowie auch Rennsportikonen wie Stirling Moss und Carroll Shelby zu seinen Lebzeiten. Zu Hunzikers Freunden und Partnern in Sachen Porsche zählt auch Chadwick Steven McQueen, der einzige Sohn von Steve McQueen. „An freien Wochenenden treffen Chad und ich uns oft und führen unsere beiden Elfer aus. Die Bergstrecken um Malibu sind großartig dafür. In den Pausen denken wir dann über gemeinsame Projekte nach. Chad liebt Porsche wie ich und wie sein Vater, er hat tolle Ideen. Für Chad fertigte ich eigens ein Porträt von dem legendären Porsche 917 Nr. 20 aus dem Film ,Le Mans’ an. Das Bild hängt jetzt über seinem Kamin im Wohnzimmer“, erzählt Hunziker voller Stolz.
Ein kreativer Geist braucht Freiheit
Das Logo von Chad McQueens eigenem Label „Mc- Queen Racing“ findet sich mittlerweile auf vielen Produkten des Künstlers. Zum Beispiel auf den sorgsam drapierten T-Shirts, für die seine Frau Heather zuständig ist. Darüber ein stiller, kleingeschriebener Wunsch, den man, auf einem riesigen Plakat gedruckt, laut während einer Demonstration skandieren sollte: Save the manual.
Die Ursprünglichkeit des Porsche-Fahrens manifestiert sich in der Möglichkeit, selbst über alles zu entscheiden. Das ist Hunziker wichtig, denn ein kreativer Geist braucht Freiheit. Freiheit, die er sich in seiner Kunst schafft. Und auf jedem handgeschalteten Kilometer mit seinem Porsche 911 T.
Info
Text erstmalig erschienen im Magazin Porsche Klassik 11.
Text: Bastian Furhmann // Fotos: Linhbergh Nguyen
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