Man muss Daniela Friedl nur einen Augenblick zusehen, um zu wissen, wie tief ihre Liebe zu Autos geht. Fast zärtlich lässt sie das Waschpad über die Flanken des Porsche 911 gleiten – trotzdem beherzt genug, um den Schmutz zu entfernen. Denn Schmutz ist ihr ärgster Feind. Friedl kennt all seine Daseinsformen. Den trivialen Spritzdreck am Rand der Radkästen, die Teerflecken auf dem Lack, die Insektenrückstände auf den Scheiben, den Flugrost, die Harzpunkte, den Speckfilm auf dem Leder, die Ölschmiere im Motor. Es ist ein ganzes Bataillon an dreckigen Gegnern, gegen das Friedl täglich zu Felde zieht. Und stets trägt sie den strahlenden Sieg davon.
Auto-Aufbereiterin im Auto-Spa
„Für mich ist das Auto wie ein Gast, dem man Gutes tut“, sagt die passionierte Auto-Aufbereiterin – auf Neudeutsch: Detailerin –, die im Auto-Spa der Firma Swissvax im Münchner Vorort Baierbrunn Klassiker und Pkw-Preziosen auf Hochglanz bringt. Gerade im Frühjahr, wenn die Immerschönen wieder ausfahrfertig aufgehübscht werden sollen, ist Friedls Kalender immer voll. Zwei bis drei Tage beansprucht die Aufbereitung pro Fahrzeug. Friedl widmet sich immer nur einem. „Wir machen das professionell, aber vieles kann man auch zu Hause machen, wenn man ein paar Dinge beherzigt“, sagt sie.
Also dann: Frühlingsputz marsch. Die Sauber-Session beginnt mit einer gründlichen Handwäsche. Weil die meisten Kommunen Privatwäsche untersagen, empfiehlt sich eine SB-Waschbox bei einer Autowaschanlage. Waschstraße? Lieber nicht. Bekanntermaßen hinterlassen Waschanlagen oft feine Kratzer im Lack. Diese Mikrokratzer zählen ebenfalls zu Friedls Lieblingsfeinden. „Sie nehmen viel vom Glanz und bilden unschöne Hologramme“, erklärt sie.
Zwei goldene Regeln für die Handwäsche
Friedl duscht den Porsche ab und seift ihn mit einem pH-neutralen Shampoo-Konzentrat, das sie in einem Eimer mit warmem Wasser aufgelöst hat, von oben nach unten ein. Der wassertriefende „Waschpudel“ in ihrer Rechten marschiert auf und ab. Niemals wird man ihre Hand kreisen sehen. „Erste Regel: immer in senkrechten oder waagrechten Linien arbeiten“, sagt die Auto-Aufbereiterin. Kreisbewegungen, lernen wir, erzeugen die verhassten Mikrokratzer. Darum sei auch ein herkömmlicher Waschschwamm, der sich kleinste Schmutzpartikel gern einverleibt, nicht ideal. „Die Partikel im Schwamm verursachen neue winzige Kratzer“, sagt Friedl. Besser sei ein baumwollummantelter Schwamm.
Zweite eiserne Regel: Fällt ein Putzlappen auf den Boden, muss ein neuer her – der kratzgefährlichen Schmutzpartikel wegen. Dritte Regel: Keep it wet – das Auto soll während der Wäsche nass bleiben. Friedl spült nach und zieht die Feuchtigkeit mit einer Gummilippe ab. Wasserreste in den Ritzen und Rillen werden mit Druckluft weggepustet und alles mit einem sauberen Tuch trockengerieben – natürlich in Kreuzlinien. Auch die Felgen werden mit einem Reinigungspinsel und Spezialreiniger gesäubert und mit einem Tuch nachgetrocknet.
Der Porsche, Baujahr 1986, strahlt nun schon etwas verjüngt. Sein Besitzer strahlt auch. Für Friedl aber ist das erst der Anfang. „Die meisten Kunden schätzen den Lackzustand ihres Autos zu optimistisch ein“, weiß sie aus Erfahrung und zückt eine kleine LED-Lampe, deren Licht die Mikrokratzer im Silberlack des Porsche sichtbar macht. Unzählige Haarkratzer ziehen sich wie zarte Wolken über den Lack. „Das kriegen wir weg“, verspricht sie, während ihre Rechte ein Stück blaue Knete walkt.
Paint Rubber als Wunderwaffe in der Fahrzeugpflege
Der Paint Rubber gilt unter Pflegeenthusiasten als Wunderwaffe, weil er Ablagerungen vom Lack entfernt. Es ist eine aufwendige Prozedur, sich über das gesamte Lackkleid zu arbeiten, die Knete mit leichtem Druck hin und her schiebend. Aber es lohnt sich, wie ein Streicheltest mit untergelegter Folie zeigt. Durch die Folie fühlt man die neue Glätte des Lacks – und im Gegensatz dazu die Unebenheiten an den unbehandelten Stellen.
Nun geht es an die Lackpflege. Pflegeprofi Friedl trägt zunächst das Cleaner Fluid auf, das Restrückstände entfernt, ohne die gesunde Lackschicht anzugreifen. Diese Differenzierung ergibt Sinn. „Standardprodukte verbinden oft Reinigung und Politur“, sagt Friedl. „Der Preis dafür ist meist ein höherer Lackabtrag.“ Die Fahrzeugpflegerin arbeitet mit einer professionellen Poliermaschine. Kunststoff- und Gummiteile klebt Friedl zuvor ab. „So vermeidet man weiße Politurstreifen auf Kunststoffen.“
„Der Klang der Erneuerung“
Sofort nach dem Auftragen wird das noch feuchte Fluid mit einem Mikrofaser-Tuch abgewischt. Der behandelte Kotflügel des Porsche erstrahlt in sattem Glanz, verglichen mit seinem unbehandelten Bruder wirkt sein Lack tiefer und die Form skulpturaler. Ein echter Aha-Effekt. Als Dani über den Lack streicht, quietscht es. „Das ist der Klang der Erneuerung“, sagt sie und grinst.
Auch die Felgen werden von ihr mit Knete und Reinigungsfluid sorgsam gereinigt. „Die Felgen sind wie die Schuhe eines Autos“, erklärt Friedl. „Gepflegte Felgen sind ein Muss.“ Ein spezielles Felgenwachs wird aufgetragen und nach zehn Minuten nachpoliert. Kunststoffund Gummiteile kommen ebenfalls in den Genuss einer Spezialbehandlung. Mit Pinsel, Bürste oder einem Tuch wird ein Kunststoffreiniger aufgetragen, sodann eine Tiefenpflege. „Es ist wie bei der Hautpflege“, sagt Daniela Friedl. „Die Creme kommt immer auf das gereinigte Gesicht.“ Auch dem Motor ist sie zunächst mit einem wasserlöslichen Motorreiniger zu Leibe gerückt, um anschließend eine Versiegelung aufzusprühen, die nun mindestens zwei Stunden einwirken muss.
Die Aufbereitung des Interieurs
Zeit also für das Interieur. „Hier lassen viele Autobesitzer in ihrem Elan nach“, weiß die leidenschaftliche Glanz-Kämpferin. „Dabei strahlt ein Auto immer von innen nach außen.“ Also werden die Fußmatten akribisch mit einem Dampfreiniger gesäubert. Die Ledersitze behandelt Friedl mit einem Leder-Reiniger. „Alles, was glänzt, ist speckig“, lautet ihr pragmatisches Urteil. Drum ran an den Speck. Friedl sprüht den Reiniger auf das Leder und massiert ihn mit einer Bürste ein. Der Vorher-Nachher-Effekt ist verblüffend. Binnen kurzer Zeit wechselt das Antlitz von speckglänzend zu seidenmatt.
Wir nähern uns dem krönenden Abschluss – dem Versiegeln des Lacks. Friedl greift zu einem Tiegel, auf dessen Etikett „Zuffenhausen“ steht, entnimmt ein erbsengroßes Kügelchen Wachs und verreibt es zwischen ihren Handflächen. Dann massiert sie das Wachs mit bloßen Händen so hingebungsvoll in die Flanke des Porsches wie ein Physiotherapeut das Arnika-Öl in die Beine eines Fußballers. „Bei einem Porsche mit seinen perfekten Rundungen macht das besonderen Spaß“, sagt sie und lässt das Wachs fünf bis zehn Minuten einwirken, bevor sie es dann kurz und sanft auspoliert.
Der Porsche leuchtet jetzt. Nicht nur außen, nicht nur der Lack, die Felgen und der inzwischen glänzende Motor, nicht nur die Lederflächen und die Kunststoffteile. Es ist tatsächlich ein bisschen so, wie Daniela Friedl sagt: Als würde er aus seinem Innersten strahlen. Der Frühling kann kommen.
Info
Text erstmalig erschienen im Magazin Porsche Klassik 15.
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