Supercup: Stars in cars

Der Porsche Supercup ist aus dem Programm der Formel-1-Wochenenden nicht mehr wegzudenken. 
Mehr als 200 VIPs in zwei Jahrzehnten haben das Starterfeld bereichert. Darunter allein 32 Formel-1-Asse.

Mika Häkkinen kam, sah und siegte. Damit schaffte der aufgehende Stern am Formel-1- Himmel bei seinem Supercup-Gaststart 1993, was keinem anderen seiner gut 200 Nachfolger mehr glücken sollte – einen lupenreinen Sieg. Es war das Premierenjahr des Porsche Supercup im exklusiven Umfeld der Formel 1. Die damalige Crew um Sportchef Jost Capito ahnte gar nicht, was für eine Erfolgslawine man da gerade lostrat.

„Das ist was für Buben, nichts für Bübchen.“

Lupenrein? Häkkinen brauchte in Monaco Starthilfe von Walter Röhrl. Der Rallyeweltmeister war gerade erst zum Porsche-Testfahrer avanciert und sollte selbst einen Gaststart absolvieren. Vier Siege bei der Rallye Monte Carlo versprachen Glamour im Fürstentum. „Der Häkkinen-Einsatz hat sich kurzfristig ergeben“, erinnert sich Röhrl. „Ich bin beim Training vor ihm hergefahren, um ihm zu zeigen, welche Linie man mit dem Elfer fährt. Der arme Kerl hatte noch nie in diesem Rennauto gesessen.“ Das Supercup-Fahrzeug basierte auf dem Porsche 964. „265 PS, keine Servolenkung, kein ABS, das war fast noch ein Serienauto“, sagt Röhrl. „Und es war richtig schwer zu fahren. Ich hab immer gesagt: Das ist was für Buben, nichts für Bübchen.“

Die Metamorphose Häkkinens zum Buben geschah von Rennrunde zu Rennrunde. Am Beginn schirmte Röhrl den späteren Formel-1-Weltmeister nach hinten ab, denn da drängelte der zweimalige Champion des deutschen Markenpokals, Haudegen Uwe Alzen. Man mag denken, der enge Straßenkurs durchs Fürstentum habe die Lage für den Finnen verschärft. „Monaco war Mikas Glück“, analysiert Röhrl. „Da haben auch die Elfer-Profis Respekt. In Hockenheim, wo es Auslaufzonen gibt, wären sie ihm um die Ohrwascheln gepfiffen.“ Schließlich gewann Häkkinen verdient, und unterstrich sein Ausnahmetalent ein paar Wochen später in Budapest mit einem weiteren Supercup-Sieg – ganz ohne Röhrl als Bodyguard.

„Unendlich viele illustre Personen“

Von wem genau die Idee stammte, VIP-Fahrer einzusetzen, ist nicht mehr klar zu eruieren, der Zweck schon. „Wir wollten den neuen Supercup etablieren und bekannt machen“, sagt Uwe Brettel, der von 1996 an für sieben Jahre die Leitung innehatte. „Deshalb haben wir Leute aus den verschiedensten Branchen fahren lassen – Karikaturisten, Popsänger, Motorradweltmeister. Es waren unendlich viele illustre Personen, alleine 32 Formel-1-Piloten.“

„Die Motorradfahrer“, erinnert sich Brettel, „waren eine ganz spezielle Spezies. Die fühlten sich dank des Sicherheitskäfigs extrem wohl und waren immer zu Scherzen aufgelegt.“ Blessuren zog sich mit dem Elfer keiner der sieben Motorradweltmeister zu. Einer davon, der Texaner Kevin Schwantz, löste einmal kollektives Schaudern in der Porsche- Hospitality aus, als er grinsend sein T-Shirt lupfte. „Der hatte richtig viele Narben von seinen Stürzen.“

Die Premiere 1996 gilt ihm als Ini­tialzündung

Auch Luc Alphand kam aus einer anderen Welt. Für den Franzosen war sein Gaststart viel mehr als nur ein Rennen, das ihm „unglaublich viel Spaß“ machte. Es war ein Erlebnis, das seine Zukunft prägen sollte. Alphand war von Haus aus Skirennfahrer – ein Speed-Junkie ohne Furcht. Er gewann zwei Mal die legendäre Streif-Abfahrt in Kitzbühel, drei Mal die kleine Kristallkugel des Abfahrtweltcups, einmal wurde er Gesamtweltcupsieger.

Nach einem Testtag bei Porsche in Weissach trat er 1996 in Magny-Cours beim Supercup an. Noch heute, fast 20 Jahre danach, gerät er ins Schwärmen, weil die „Porsche-Familie“ ihn so herzlich willkommen hieß: „Es war mein erstes richtiges Rennen. Alles war neu für mich. Ich bin staunend wie ein kleines Kind mit großen Augen da rumgelaufen. Es war ein Traum. Ich durfte einen Porsche fahren, auf einer Rennstrecke im Rahmen der Formel 1.“ Alphand gönnte sich den Ausflug noch drei Mal und wurde sogar einmal in Monaco Zwölfter. Aber die Premiere 1996 gilt ihm als Ini­tialzündung. „Alles hat dort angefangen. Mit Porsche und dem Supercup.“ Alles? Nach dem Ende seiner Skikarriere startete Alphand neu durch – als Rennprofi in diversen Serien. Zehn Jahre nach seinem Gaststart feierte er als Quereinsteiger den Gesamtsieg bei der Wüstenrallye Dakar.

Benzin im Blut

Die Leistungsdichte im Supercup wurde mit den Jahren immer extremer; zumal man sich keine technischen Vorteile verschaffen kann. Chancengleichheit galt und gilt als höchstes Gut. Die Teams dürfen nur an kleinen Stellschrauben drehen. Die Cup-Fahrzeuge? Reinrassige Rennautos. Für Gaststarter lag die Hürde daher immer höher. Dennoch wagten auch weiterhin viele Promis den Einsatz; etwa Fürst Albert II. von Thurn und Taxis. Als einziger Sohn des früh verstorbenen Fürsten Johannes und der Fürstin Mariae Gloria ist er Oberhaupt des Adelsgeschlechts, das den größten Privatwald Europas besitzt. Er könnte reiten, Golf oder Tennis spielen. „Sehe ich aus wie ein Langweiler?“, pflegt er auf solche Fragen hin zu antworten. Er habe Benzin im Blut.

Fürst Albert II., Porsche AG
Fürst Albert II. von Thurn und Taxis

Als der Fürst im September 2008 nach Monza zum Supercup-Finale kam, war er gerade Vizemeister einer Sportwagen-Rennserie geworden. Wie üblich ging ein Testtag voraus, Porsche warf die VIPs nicht ins kalte Wasser. „Das Fahrzeug überzeugt auf der ganzen Linie, es wirkt leicht- füßig, ist sehr kraftvoll und hat eine tolle Balance“, gab er nach dem Test zu Protokoll. Und ahnte: „Um den Wagen am Limit zu bewegen, ist viel Erfahrung nötig. Das Rennen wird eine Herausforderung.“

Dass der Himmel beim Qualifying seine Schleusen öffnete, war fatal für den Elfer-Debütanten; der 27. Startplatz ernüchternd. Am Sonntagmorgen ging die Fürstin mit Sohn und einer kleinen Porsche-Delegation zum Gottesdienst. „Der Dom von Monza ist eine wunderbare Kirche“, erinnert sich von Thurn und Taxis. War’s Hilfe von oben? Spielte der kleine hl. Christophorus, der den Fürsten stets ins Cockpit begleitet, eine Rolle? Oder war es schlicht irdisches Talent auf trockener Strecke? Schon beim Start machte er Plätze gut, und als 18. im Ziel war er hochzufrieden: „Vor allem die technische Betreuung war von einer vorzüglichen Kompetenz und das gesamte Personal durchweg sympathisch und interessant.“

Festes Mitglied der Porsche-Rennfamilie

Der bislang letzte VIP im Rennelfer ist ein Weltstar aus Hollywood: Patrick Dempsey, zehn Jahre lang in der US-Kultserie „Grey’s Anatomy“ einen Neurochirurgen mimte. Im richtigen Leben schlägt das Herz des 50-Jährigen für Autorennen. Sein Hobby Langstreckensport führte ihn 2013 zu Porsche. Ein Jahr später riskierte Dempsey sein ers­tes Sprintrennen – beim Supercup in Hockenheim gegen 26 Stammfahrer. Natürlich fuhren die Profis dem Film- Beau gnadenlos „um die Ohrwascheln“, wie Walter Röhrl es so treffend beschrieben hatte. Dempsey wurde 23., war aber happy: „Alle haben mich nett aufgenommen. Ich hatte Spaß und meine Startnummer 911 war cool.“ Mittlerweile ist er festes Mitglied der Porsche-Rennfamilie.

Für eine nette Anekdote sorgte ein anderer Schauspieler, der Österreicher Tobias Moretti. Auch ihn hatte Röhrl unter die Fittiche genommen: „Der war ganz unbekümmert. Ohne jede Rennerfahrung hatte er nichts zu verlieren wie andere, die einen Namen hatten.“ Moretti nahm es daher auch gelassen, als er im Training Letzter wurde. Dann der Start. Die Ampel erlischt. Röhrl hat das Bild vor Augen, als wäre es gestern gewesen. Er schmunzelt. „Der Moretti hatte in der Aufregung den falschen Gang eingelegt. Da sind dann 23 Fahrer vorwärts weggefahren – und der Letzte in der Startaufstellung fuhr rückwärts los.“

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