Es gibt Tage im Leben eines Rennfahrers und Momente, die er nie vergessen wird. Der 14. Ju­ni 2015 war für Earl Bamber so ein Tag und die Siegerehrung nach den 24 Stunden von Le Mans so ein Moment. Da stand er zusammen mit seinen Teamkollegen Nick Tandy und Nico Hülkenberg, mit denen er im Porsche 919 Hybrid gerade das berühmteste Langstreckenrennen der Welt gewonnen hatte, auf dem Siegerpodium hoch über der Boxengasse und genoss den grenzenlosen Jubel Tausender Fans.

„Es war ein überwältigendes Gefühl, diesen Pokal in den Händen zu halten und von so vielen Menschen gefeiert zu werden“, sagt der 25 Jahre alte Neuseeländer. „Wenn ich vorher von einem Sieg in Le Mans geträumt hätte, wäre das vermutlich die Stelle gewesen, an der ich aufgewacht wäre. Doch dieser Traum geht im wirklichen Leben weiter.“ Sein sensationeller Erfolg auf dem Circuit des 24 Heures war der vorläufige Höhepunkt seines steilen Aufstiegs vom Porsche-Junior zum Werksfahrer und Le-Mans-Sieger – und das alles in nur etwas mehr als einem Jahr.

„Das war schon Wahnsinn.“

Ein talentierter Rennfahrer war Bamber schon immer. Durch die Förderung von Porsche und seine Auftritte in den Porsche-Markenpokalen hat seine Karriere, die 2004 im Kart begonnen hatte, dann den entscheidenden Schub bekommen. Der erste Schritt war der Gewinn einer Nachwuchssichtung der talentiertesten Rennfahrer aus den weltweiten Porsche-Markenpokalen. „Das Auswahlverfahren war hart“, erinnert sich Bamber. „Wir mussten neben möglichst schnellen Rundenzeiten auch unser Technikverständnis und unsere analytischen Fähigkeiten bei der Abstimmung des Porsche 911 GT3 Cup unter Beweis stellen.“ Keiner löste die gestellten Aufgaben so überzeugend wie der als frischgebackener Gewinner des Porsche Carrera Cup Asia angereiste Neuseeländer.

Zur Belohnung ermöglichte ihm Porsche in der Saison 2014 den Aufstieg in den internationalen Porsche Mobil 1 Supercup. Und auch in der Topserie der Porsche-Markenpokale, die im Rahmen der Formel-1-Rennen ausgetragen wird, sorgte er mit seinem Sieg beim Auftaktrennen in Barcelona schnell für Aufsehen. Am Ende der Saison war er Meister. „Das war schon Wahnsinn, im ersten Jahr gleich zu gewinnen. Manchmal kam es mir vor wie ein Film“, sagt Bamber.

Auch junge Ingenieure bekommen eine ganz besondere Förderung

Die Nachwuchsförderung von Porsche, die 1997 mit dem UPS Porsche Junior Team begann, ist in der Tat ein Erfolgsmodell. Die Talente lernen nicht nur alles über Rennfahren und Renneinsätze. Auch was sie über Fitness, den Umgang mit Medien, Zeitmanagement und all die anderen Dinge wissen müssen, die einen perfekten Rennfahrer ausmachen, bekommen sie mit auf den Weg. Alle Talente, die bisher gefördert wurden, haben den Sprung zum Profirennfahrer geschafft. Rückblickend sagt Bamber: „Das war für mich die Chance meines Rennfahrerlebens. Ich fühlte mich von Anfang an in guten Händen. Das professionelle Training hat mich nicht nur sportlich weitergebracht, es hat mir auch viel Selbstvertrauen gegeben. Ich bin großartigen Menschen begegnet und habe in allen Bereichen ein neues Level erreicht.“

Und da Siege im Team eingefahren werden, fördert Porsche nicht nur talentierte Rennfahrer. Auch junge Ingenieure kommen, wenn sie entsprechendes Wissen, Engagement und Passion mitbringen, in den Genuss einer ganz besonderen Förderung. So wie Steffen Höllwarth. Der 32-jährige Ludwigsburger, der in dieser Saison als Programmmanager die Einsätze von Porsche North America in der Tudor United SportsCar Championship betreut, ist ein Eigengewächs.

„Als Student der Fahrzeugtechnik habe ich ein Praktikum in der Karosserieentwicklung in Weissach gemacht. So fing alles an. 2006 konnte ich dann als Werksstudent wichtige Erfahrungen in der Fahrwerksentwicklung Achssysteme sammeln“, sagt Höllwarth. Ein weiteres Praktikum führte ihn 2007 zu Porsche Motorsport North America ins kalifor­nische Santa Ana. Und auch seine Diplomarbeit über Motorsport-Performance mit dem Titel „Identifikation von Dämpferparametern mit Hilfe von Mehrmassenschwingungsmodellen“ hat er bei Porsche geschrieben.

Earl Bamber, Porsche 911 RSR, Elkhart Lake, 2015, Porsche AG
In Elkhart Lake fährt Earl Bamber mit seinem 911 RSR auf den zweiten Platz

„Der Rennsport war schon immer meine Leidenschaft – und Porsche. Beides beruflich miteinander verbinden zu können, ist ein Geschenk“, erklärt Höllwarth. Als Ingenieur hat er seit Oktober 2008 verschiedene Stationen im Porsche-Motorsport durchlaufen. Dabei war er unter anderem für die technische Betreuung des Supercups und des weltweiten Porsche-GT-Sports verantwortlich sowie als Produkt­manager für den Vertrieb der GT-Fahrzeuge.

Seit Mai 2015 leitet er den Werkseinsatz in der in den USA und Kanada ausgetragenen Tudor United SportsCar Championship. Einer seiner Fahrer in dieser hart umkämpften Sportwagenmeisterschaft ist Earl Bamber. „Obwohl Steffen ein junger Ingenieur ist, kann ich von ihm lernen. Wir verstehen uns gut, auch abseits der Rennstrecke. Woran wir noch arbeiten müssen, ist unser Tennis. Wir haben einmal in Weissach zusammen gespielt, es war fürchterlich“, erzählt Bamber.

„Wir sind sehr stolz auf Earl.“

„Das stimmt“, erwidert Höllwarth, „aber es macht unheimlich Spaß, mit ihm zusammenzuarbeiten und seine Entwicklung mitzuerleben.“ Er spielt darauf an, dass Bamber erst vor der Saison 2015 zum Werksfahrer befördert worden ist. Nach erfolgreichen Tests mit dem Porsche 919 Hybrid machte dieser dann gleich auch noch den nächsten Karriere­sprung direkt ins LMP1-Programm.

Die 24 Stunden von Le Mans waren erst sein zweites Rennen in der Königsklasse des Langstreckensports. „Doch Bamber hat auch diese Aufgabe mit Bravour gelöst, hat selbst die ex­tremsten Situationen so souverän und fehlerlos gemeistert, als sei er auf dem Circuit des 24 Heures groß geworden“, resümiert Porsche-Motorsportchef Dr. Frank-Steffen Walliser und ergänzt: „Wir sind sehr stolz auf Earl. Sein Sieg in Le Mans ist ein weiterer Beleg für den Erfolg und die Nachhaltigkeit der Porsche-Nachwuchsförderung.“

Die meisten kommen schon als Praktikant zu Porsche

Darüber hinaus unterstreicht er die Bedeutung der Porsche-Markenpokale als Karrieresprungbrett für junge Rennfahrer, die wie Bamber das nötige Talent, Lernbereitschaft und den erforderlichen Durchsetzungswillen mitbringen. „Wer richtig schnell ist, dem stehen bei Porsche alle Türen offen“, sagt Walliser.

Ähnlich sehe es bei den Motorsport-Inge­nieuren aus. „Vor allem mit Training on the Job nehmen wir die Leute sehr früh in die Verantwortung. Der Weg vom Uni- oder Fachhochschulabschluss bis zum eigenständigen Leiten eines Testteams dauert nicht lange. Nach einem Jahr erwarten wir, dass sie das können.“ Großen Wert legt er darauf, dass seine Motorsportingenieure auch mit der Serien­entwicklung verlinkt sind und dadurch zum bei Porsche konsequent praktizierten Austausch zwischen Rennstrecke und Straße beitragen können. Dass die meisten schon als Praktikant zu Porsche kommen, hält er für wichtig: „Wenn man mit einem Praktikanten ein halbes Jahr zusammenarbeitet, lernt man ihn gut kennen und sieht, was er kann.“

Höllwarth und Bamber zeigen jeden Tag, was sie von der Pike auf bei Porsche gelernt haben.

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