Die Frühschicht: relaxed und routiniert
Mindestens zweieinhalb Stunden vor der Startzeit steht Charl Schwartzel auf. Das kann schon ganz schön früh sein, denn es passiert nicht selten, dass die Profis an einem Turniertag eine Startzeit um sieben Uhr zugeteilt bekommen. In diesem Fall würde der Wecker dann um 4.30 Uhr klingeln. „Ich mag es nicht, am frühen Morgen Stress zu haben. Es muss alles entspannt laufen“, sagt er über seine Morgenroutine. Nach einem leichten Frühstück geht es für etwa 15 Minuten ins Fitnessstudio. Der Körper wird mobilisiert: Ein kurzes Aktivierungstraining mit viel Stretching steht auf dem Programm. Schwartzel hat auch immer einen speziellen Schläger mit viel Gewicht dabei, der vergleichsweise langsam geschwungen wird. Damit schult er seine Körperrotation. Nach der Dusche geht es in das Arbeitsoutfit, das natürlich an das Wetter angepasst ist. In Schottland kommt schon mal der Rollkragenpullover zum Einsatz, normalerweise sind es aber Poloshirt und lange Hosen. Lang übrigens deshalb, da dieser Dresscode nicht nur auf der European Tour zwingend vorgeschrieben ist.
Ab auf die Range: 45 Minuten Schwung holen
Einschlagen ist Typenfrage. „Eine feste Routine habe ich nicht. Das hängt von den Wegen zum Abschlag ab.“ Charl Schwartzel ist kein Spieler, der sich sehr lange einspielt, mit einer Dreiviertelstunde zum Warmwerden fährt der 31-Jährige am besten. Er ist keiner wie John Daly, der in seiner Hochphase oftmals erst auf den letzten Drücker am Tee erschienen ist. Im Fokus stehen bei Schwartzel das Putten und das lange Spiel. Zur Orientierung für alle Golf-Enthusiasten: Auf der Range beginnt er wie fast alle Profis mit den kurzen Wedges, schlägt dann die Eisen und geht erst am Schluss der Session zu den Hölzern über. Ein Hybrid findet sich nicht in seinem Golfbag. Vielmehr setzt er auf einen sogenannten Combo-Satz. Auf den Chipping- und Pitching-Grüns verbringt Schwartzel im Vergleich etwas weniger Zeit, circa zehn Minuten.
Es wird ernst: den Platz erkunden
Der Caddie ist bereits dabei. In letzter Zeit war das oftmals sein jüngerer Bruder Adrian, in Bad Griesbach ist Shaun Jacobs mitgekommen. Die Caddies wohnen oft nicht im selben Hotel wie die Spieler, es ist aber unabdingbar, dass sie schon auf dem Platz stehen, wenn das Einspielen beginnt. Die Anlaufphase ist enorm wichtig.
Charl Schwartzel ist meist ab Dienstag am Turnierort. Dann spielt er das Pro-Am am Mittwoch, so lernt er schon mal den Platz kennen. Wenn er diesen überhaupt noch nicht kennt, was nach seiner mehr als zehnjährigen Karriere als Profi eher eine Seltenheit ist, spielt er auch am Dienstag schon eine Proberunde. Die vier Majors (Masters, US Open, Open Championship und PGA Championship) bilden als die vier bedeutendsten Turniere des Jahres eine Ausnahme: „Bei den Majors spielt man den Platz im Vorfeld deutlich öfter.“
Auf der Turnierrunde: viereinhalb Stunden aufs Ganze
Bei der Arbeit herrscht Ruhe. „Man unterhält sich definitiv nicht so viel wie auf einer Privatrunde. Ich will nicht abgelenkt werden, sonst mache ich vermeidbare Fehler“, sagt Schwartzel über Turniergolf. Mit wem er spielt, ist dem Südafrikaner nicht so wichtig. „Das einzige Manko sind Spieler, die sehr langsam sind. Das kann dann schon das eigene Spiel beeinträchtigen.“ Das Abkapseln hat System: „Am Ende des Tages spielt man für sich selbst.“ Essen ist auf dem Platz nicht so sein Ding, stattdessen nimmt er nur den einen oder anderen Energy-Riegel und einen Protein-Shake zu sich. Dazu wird viel Wasser getrunken.
Nach dem letzten Schlag: Zahlen, bitte!
Nach dem letzten Putt geht es direkt ins Scoring Tent, denn dort muss die Karte vom Spiel unterschrieben werden. Zuvor vergleicht man den Score mit Mitspielern. „Da passieren durchaus Fehler, denn wenn man einen falschen Score unterzeichnet, wird man disqualifiziert“, weiß der Profi. Große Spieler hat es schon erwischt, darunter Nick Faldo, Pádraig Harrington oder Davis Love. Wenn der Spieler offiziell mit der Runde durch ist, warten in der Media Area auch schon die Journalisten – zumindest wenn das Ergebnis gut war. In Bad Griesbach wird Schwartzel am Ende Platz 20 erreichen, der Thailänder Thongchai Jaidee sich den Sieg sichern. Interviews und Filmaufnahmen dauern in der Regel eine gute Viertelstunde. Bei ganz großen Events wie den Majors oder World Golf Championships gibt es neben Einzelgesprächen auch eine große Medienrunde mit den Führenden.
Nach der Runde: Der Kopf ist gefordert
Der Amateur ist am 19. Loch – dem Clubhaus – meist ziemlich erschöpft und genießt ein kühles Bier. Dazu werden dann die besten Schläge noch einmal ausgeführt und die schlimmsten Demütigungen dieses so schwierigen Sports erörtert. Bei den Berufsspielern sieht das allerdings etwas anders aus. „Die Tage von früher, als man in die Bar gegangen ist, sind vorbei. Das wäre zwar immer noch lustig, aber das Spiel ist heute einfach deutlich professioneller geworden“, sagt Schwartzel. Deshalb geht es für ihn in die Analysephase: Was lief gut, was nicht? Mit welchen Problemen hatte er unter diesen Bedingungen zu kämpfen? Das Ganze ist bei Schwartzel „eher ein Selbstgespräch“. Anschließend arbeitet er auf der Range konzentriert an der Optimierung seines Spiels. In besonderen Fällen auch zusammen mit einem Coach.
Zum Abschluss: entspannen
Der Turniertag ist damit aber immer noch nicht gelaufen, im Anschluss geht es ins Fitnessstudio und dann zum Physiotherapeuten. Work-out und eine Massage entspannen Körper und Kopf. Das ist Entspannung und Regeneration. Zwei, maximal zweieinhalb Stunden nach der Runde ist das Spiel für Charl Schwartzel in der Regel vergessen. Auf ein Neues!
Abendprogramm: Steak und Schlaf
„Ich mag Fleisch, am liebsten ein gutes Steak“, sagt Charl Schwartzel. Nach einem erfolgreichen Turniertag geht er am liebsten mit seiner Familie essen. Wenn er alleine unterwegs ist, müssen die Kollegen von der Tour mithalten, so wie Louis Oosthuizen, der 2010 die Open im berühmten St. Andrews gewann. Die beiden sind zusammen aufgewachsen, enge Freunde. „Ich brauche viel Schlaf“, sagt Schwartzel in Bad Griesbach und verabschiedet sich früh. Der lange Flug von Südafrika nach Südbayern hängt ihm noch etwas nach. Morgen ist schließlich auch wieder ein Turniertag.
Charl Schwartzel spielt auf der US PGA Tour und der European Tour. 2011 holte er mit dem Sieg beim berühmten Masters in Augusta seinen ersten Major-Titel. Seine beste Platzierung war Position sechs in der Weltrangliste. Der Südafrikaner wechselte mit 18 Jahren ins Profilager und konnte bislang neun Turniersiege auf der European Tour feiern und sich mehrfach auf der südafrikanischen Sunshine Tour durchsetzen. In seiner Karriere hat Schwartzel bisher mehr als 20 Millionen Euro Preisgeld gewonnen. Der 31-Jährige lebt mit seiner Frau Rosalind und Tochter Olivia in Florida und Südafrika. Sein Trainingsstützpunkt ist der Old Palm Golf Club in Palm Beach (Florida).
Tipps vom Profi
Auf die Frage eines Amateurs, wie er seinen Slice am besten kurieren könne (ein Schlag, der gerade startet und dann eine ungewollte Rechtskurve macht), antwortet Charl Schwartzel mit der Gegenfrage: „Wie wäre es mit einem anderen Sport?“ – Wer will da noch behaupten, dass Profigolfer nicht witzig sein können? Dann ist Schwartzel aber wieder ganz Profi: „Das ist ein klassischer Fehler bei Amateuren. Meistens liegt es an der Flexibilität des Körpers. Der Spieler kann nicht ,durch‘ den Ball gehen, kippt nach hinten und der Schläger kommt mit offener Schlagfläche an den Ball. So entsteht der Slice. Um das zu vermeiden, muss man auf die Range und an der eigenen Flexibilität feilen. Daher mein Tipp: Leben Sie damit und richten Sie sich einfach weiter nach links aus.“
Charl Schwartzel und die Mobilität
Sie hatten an Ihrem Wohnsitz in den USA einen Porsche Panamera. Was gefällt Ihnen besser: ein SUV oder ein klassischer Sportwagen wie der 911?
„In einem reinen Sportwagen erkenne ich sofort einen Porsche. In Südafrika und den USA sehe ich auch häufig den Cayenne. Das Gute ist, dass man ihn auf jeder Straße fahren kann, das Einsteigen praktisch ist und er mehr Platz für Kinder oder die Golfschläger hat. Optimal wären deshalb ein Sportwagen und ein SUV.“
Sie sind nördlich von Johannesburg auf dem Land aufgewachsen. Hat das Ihre Auffassung von Mobilität geprägt?
„Ich bin auf einer Farm aufgewachsen, dort haben wir große Pick-ups. Daher ist es für mich kein Problem, mit einem Traktor oder einem größeren Wagen unterwegs zu sein. Jetzt lebe ich aber nicht mehr in Südafrika, sondern überwiegend in den USA. Ich kann versichern: In die Garage in Palm Beach passt jeder Porsche bestens hinein.“
Info
Text erstmalig erschienen im Porsche-Kundenmagazin Christophorus, Nr. 374
Text: Timo Schlitz // Fotografie: A. Hassenstein/Getty Images, Sammy Minkoff