Der Erste war es, und der Jüngste ist es ebenfalls – offen. 66 Jahre liegen zwischen dem legendären 356 Nummer 1 von Ferry Porsche und dem neuen 911 Targa. 66 Jahre, in denen Porsche-Fahrer jederzeit eins mit den Elementen da draußen sein konnten. Ungefiltert hören, sehen, fühlen und riechen. Ein Fahr-Erlebnis, das ursprünglicher, direkter und intensiver nicht sein könnte. Porsche pur. 

Für die ruhigeren Momente gibt es das Verdeck. Auch seit 66 Jahren. Was die Kapuze der Nummer 1 und das Dach des 911 Targa verbindet, ist die äußere Hülle aus Stoff. Was sie unterscheidet, ist der Stoff selbst – und was sich darunter verbirgt. Das Verdeck eines Porsche ist heute ein Mikrokosmos edelster Werkstoffe, innovativer Technologie und raffinierter Kinematik. 

Neuer Maßstab für Faltverdecke

Und eine Charakterfrage. So individuell wie die Sportwagen, so individuell sind ihre Dachkonzepte: Der Boxster hat sein ganz spezielles, der Elfer mit Cabriolet und Targa gleich zwei. Der Supersportwagen 918 Spyder ist noch mal ganz anders zu öffnen, und wer erinnert sich nicht an die unkonventionellen Dächer von Boxster Spyder und den verschiedenen 911 Speedster? 

Top of the Tops ist das Flächenspriegelverdeck des aktuellen 911 Cabriolet. Mit ihm hat Porsche einen neuen Maßstab für Faltverdecke geschaffen. „Wir haben damit das derzeit qualitativ hochwertigste Verdeck“, sagt Dr. Heinz Soja, Chef der Entwicklung Aufbau Mechanik und eines 17-köpfigen Entwicklerteams für Verdecksysteme. Mit identischer Linienführung wie beim Coupé bildet das Stoffdach des Cabriolets einen eleganten Bogen vom Frontscheibenrahmen bis zum Verdeckkastendeckel. Weder zeichnen sich Spriegel unter dem Stoff ab, noch gibt es Partien, die das fließende Design unterbrechen. 

Leichtbau als Maxime bei Porsche-Verdecken

Die Flächenspriegel machen’s möglich. Das Stoffdach spannt sich – mit Ausnahme der Seitenteile – über eine feste Dachfläche aus vier einzelnen Magnesiumsegmenten, die unmittelbar aneinander anschließen. „Leichtbau ist beim  Porsche-Verdeck extrem wichtig“, sagt Soja. „Je weniger Masse oben, desto weiter unten liegt der Schwerpunkt.“ 

Bei geschlossenem Verdeck genießen die Insassen einen Klima- und Geräuschkomfort, der dem des Coupés näher kommt als jemals zuvor. Unter dem äußeren Stoffüberzug folgt eine Butylschicht, die das Dach absolut wasserdicht macht. Danach folgt vollflächig eine Dämmmatte zur thermischen und akustischen Isolierung.

Ganz innen sind die Dachsegmente mit formstabilen Himmelverkleidungen abgedeckt. Die Seitenteile sind vollständig mit einem seitlichen Spannhimmel aus Stoff bedeckt, sodass bei geschlossenem Verdeck keine technischen Bauteile sichtbar sind. Und noch ein weiteres Detail macht das Verdeckkonzept des Porsche 911 Cabriolets einzigartig: das integrierte und elektrisch bedienbare Klappwindschott. 

Verdeck öffnet in weniger als zehn Sekunden

Die Idee von der völligen Mühelosigkeit im Umgang mit dem Verdeck eines Porsche ließ die Entwickler bei der Konzeption des neuen 911-Targa-Dachs nicht mehr los. Ergebnis: ein vollautomatisch öffnendes Dachmittelstück plus eine bewegliche Heckscheibe mit spektakulärer Choreografie.  Das Stoffdach mit den beiden Flächenspriegeln aus Magne­sium stammt weitgehend aus dem Cabriolet. „Unsere Kunden wollen diese Stoffoptik. Man soll bewusst sehen, dass es ein Faltverdeck ist“, erklärt Soja. 

Porsche-Verdecke geizen nicht mit Superlativen. Von geschlossen bis geöffnet in weniger als zehn Sekunden – und das wie beim 911 Cabriolet auch während der Fahrt bis zu 50 km/h. Und umgekehrt. Das ist Rekord: Kein vollautomatisches Roadster-Dach ist schneller als das des Porsche Boxster. Die Rekordzeit ist mit ein Erfolg der Leichtbauweise. Der vordere Magnesium-Dachrahmen des Boxster-Verdecks spart nicht nur Gewicht, sondern ist auch so dimensioniert, dass er in geöffnetem Zustand das abgelegte Verdeck abdeckt. Ein – schwerer – Deckel entfällt ersatzlos. 

Zwei Carbon-Dachschalen für den 918 Spyder

Aber Porsche kann auch anders. Puristischer. Der Charakter des jeweiligen Sportwagens entscheidet. Für den 918 Spyder zum Beispiel heißt das: zwei Carbon-Dachschalen zum Herausnehmen per Hand, ganz ohne Servo-Unterstützung. Das spart Gewicht und senkt gleichzeitig den Schwerpunkt – was bei einem Porsche-Supersportwagen nicht verhandelbar ist.

Oder das Leichtverdeck des 911 Speedster von 2010. Dabei handelte es sich um ein einfach zu bedienendes, kinematisches Meisterstück, das dem puristischen Speed­ster-Gedanken auf besonders anspruchsvolle Weise Rechnung trug. Das hochqualitative vollwertige Verdeck war waschanlagentauglich, winterfest und zog weder offen noch geschlossen irgendwelche Geschwindigkeitseinschränkungen nach sich. 

Dagegen war das Verdeck des Boxster Spyder im Jahr zuvor in der Tat nur ein Sonnen- und Wetterschutz. In erster Linie zum Offenfahren entwickelt, besaß der Zweisitzer eine besonders leichte, flache Stoffmütze, die sich über einen Carbonrahmen zog, der mit wenigen Handgriffen zusammengesteckt werden konnte. Dachkonzepte, die Interesse wecken. „Nicht nur für Autos, auch für Jachten sollten wir schon Verdecke entwerfen“, erzählt Entwickler Soja. Porsche musste ablehnen. Die offenen Sportwagen haben eben Vorrang. 

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