Zitronengelb. Albertblau. Bahiarot. Speedwaygrün. Die knalligen Kunstharzlacke machen schnell klar, dass dieses Porsche-Treffen etwas ganz Besonderes ist. Ebenso populär wie die Farbpalette der Fahrzeuge ist der Initiator: Patrick Long hat „Luftgekühlt“ ins Leben gerufen. Eine lockere Zusammenkunft mitten in Los Angeles, deren Name Programm ist: luftgekühlte, historische Modelle bilden die Kulisse. Da steht zum Beispiel ein Porsche 914/6 GT Lufthansa, jener leichte Rennwagen, der zwischen 1970 und 1972 auf dem Nürburgring und in Hockenheim Rundenrekorde erzielte. Nicht weit davon glänzt das Porsche-Urmodell, ein Gmünd Coupé aus dem Jahr 1949. Nur 52 Exemplare wurden davon gebaut, ehe die Porsche-Produktion von Österreich nach Stuttgart übergesiedelt ist. Daneben steht ein 904 GTS aus der Sammlung des Star-Comedians Jerry Seinfeld, der ganz unspektakulär neben seinem Auto steht und mit einem Besucher plaudert. Eine weitere Rarität ist ein Deutsch-Italiener: der 356 B Carrera GTL Abarth, Baujahr 1960. Drei Gran-Turismo-Weltmeisterschaften in Folge fuhr der Wagen für Porsche ein. Lediglich 20 dieser Fahrzeuge wurden gebaut; nur wenige sind heute noch erhalten.
Auch Schauspieler und Rennfahrer Patrick Dempsey ist da. Sammlerlegende Magnus Walker mit seinen coolen Dreadlocks schlendert vorbei. Doch für einen Moment richten sich die Augen der meisten Besucher auf einen Porsche 911 Carrera 3.2 von 1984 in Grandprixweiß. Unter der Schirmherrschaft von „Luftgekühlt“ wird der Wagen von einem Auktionator von RM Sotheby’s für einen guten Zweck versteigert. In Zehntausend-Dollar-Schritten geht es nach oben. Erst bei 275.000 US-Dollar findet der Porsche einen neuen Besitzer. Das Geld kommt dem Autumn Leaves Project des Musikers Butch Walker zugute. Es fördert die Erforschung von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Gestiftet haben den 911 Unterstützer des Treffens.
Patrick Long blickt begeistert auf den weißen Carrera: „Im Grunde könnte dieser Wagen direkt bei der nächsten Rallye starten. Er hat alles, was ein Porsche dafür braucht.“ Der 35-Jährige trägt Shorts, Baseball-Kappe und Flip-Flops. Hier in Vernon, bei seinem Treffen nahe Downtown Los Angeles, ist Long trotz seiner legeren Kleidung ein Star. Er, der aktuell einzige US-Werksfahrer von Porsche. Zwei Le-Mans-Siege hat er bereits erzielt. Den ersten 2004 im Porsche 911 (996) GT3 RSR mit den Co-Piloten Jörg Bergmeister und Sascha Maassen. Der zweite folgte 2007 mit einem Porsche 911 (997) GT3 RSR, seine Co-Piloten diesmal: Raymond Narac und Richard Lietz.
Long liebt den Rennsport. Aber verfallen ist er den frühen Sportwagen von Porsche. Beiläufig sprach er damals mit einem Freund über die Idee für ein loses Treffen von Porsche-Enthusiasten. Keine große Sache, nur so, ein „Get-together“. Doch dann wurde es größer als gedacht. Drei Mal hat Long bisher zu „Luftgekühlt“ eingeladen. Zuletzt waren 450 Sportwagenklassiker zu sehen. Die vierte Auflage folgt am ersten Mai-Wochenende 2017. Aus einer fixen Idee ist längst eine Institution geworden – mit Long als Chef, wie am Steuer seines RSR.
Schon als Kind hatte Long ein Faible für Motorsport. Mit sechs Jahren kurvte er in einem Kart herum, gebaut von seinem Vater. Mit acht fuhr er sein erstes Rennen. Nachdem er als 18-Jähriger einen Kurs für Nachwuchsrennfahrer in Le Mans absolviert hatte, wurde Porsche Motorsport auf ihn aufmerksam. Long gewann die Sichtung und wurde anschließend als Porsche-Junior gefördert. 2003 stieg Long in seinen ersten Dienstwagen, ein 911 (996) GT3, und bestritt mit Mike Rockenfeller sein erstes Rennen im Carrera Cup. Nach seinem Sieg auf dem Nürnberger Norisring holte Porsche den Rookie ins Werksfahrer-Team.
Zwischen Historie und Gegenwart
Noch vor dem vierten „Luftgekühlt“-Treffen hat der Rennfahrer mit seinem Porsche 911 GT3 R die ersten Rennen der diesjährigen Pirelli World Challenge absolviert. In dieser Phase hat Long wenig Zeit für seine private Leidenschaft: dem Fahren klassischer Porsche-Modelle. Dennoch wird er versuchen, seinen elfenbeinfarbenen Porsche 911 E von 1973 so oft wie möglich aus der Garage zu holen. Neben dem beliebten Modell mit mechanischer Saugrohr-Einspritzung steht noch ein zweiter Klassiker aus Zuffenhausen: ein irischgrüner 912 aus dem Jahr 1966. Das Vierzylinder-Modell wurde zwischen 1965 und 1969 produziert – vor allem als Einstiegsmodell für den US-Markt.
Neben den beiden Klassikern stehen in Longs Garage noch ein Cayenne und ein Panamera S E-Hybrid. Die beiden Viertürer sind die Alltagsautos von Long und seiner Frau Lauren. Ganz klar: Porsche ist seine Berufung – das erkennt der Besucher beim Rundgang durch die Wohnräume der Familie Long. Ein knappes Dutzend Rennhelme garniert das Büro. Jeden Helm ziert ein Kleeblatt, das Nationalsymbol Irlands, der Heimat seiner Vorfahren. Es ist Longs einziges Zugeständnis an so etwas wie Aberglauben. Ansonsten verlässt er sich auf seine Fitness und auf sein Wissen über die Rennstrecken dieser Welt.
Auch beim Thema „Luftgekühlt“ denkt der US-Amerikaner international: „Am liebsten würde ich das Treffen bald auch in Deutschland und Japan steigen lassen. Erst in München oder Stuttgart, dann in Tokio.“
Patrick Long
Der 35-Jährige US-Amerikaner begann seine Karriere im Kartsport. Mit 18 Jahren wechselte er in den Automobilsport und fuhr schnell aufs Siegertreppchen. Von Porsche erhielt er 2003 einen Vertrag als Junior. Während seiner ersten Saison startete er vor allem bei Cup-Rennen. Seit 2004 ist er Porsche-Werksfahrer und aktuell der einzige Pilot im Kader aus den USA.
Info
Text erstmalig erschienen im Porsche-Kundenmagazin Christophorus, Nr. 381
Text: Bastian Fuhrmann // Fotos: Theodor Barth, Linhbergh Nguyen