Darf ein zweiter Porsche dem Vorgängermodell ähneln? Dies war eine der Kernfragen, als fähige Köpfe wie Erwin Komenda sich um das Styling eines Porsche in der Mid-Century-Ära kurz vor dem Space Age Gedanken machten. Während die Motorenkonstrukteure bald schon merkten, dass ein Sechszylinder-Aggregat mit zentraler Nockenwelle nach alter Väter Sitte in die Irre führen würde, dauerte es im Design noch ein wenig, bis man weg kam von Entwürfen, die zwar schon 901-Gene nicht leugnen konnten, doch teils noch klobig wirkten.
Es war die Entscheidung für einem mehr oder weniger reinen Zweisitzer mit zwei Notsitzen im Fond, der die Richtung vorgab. Jetzt konnte das Heck geradlinig abfallen, ein Merkmal der Formgestaltung, das in dieser Zeit weltweit im Fahrzeugbau mit Verkaufserfolgen belohnt wurde. Ferry Porsche spricht in seinen Memoiren von einem „Machtwort”, das er gesprochen habe, als er merkte, dass die Entwürfe eines Nachfolgers für den 356 dessen Zartheit immer mehr vermissen ließen.
Der Begründer der Marke Porsche traute es seinem Sohn zu, den richtigen Ton im Design zu treffen. F. A. merkte bald: „Es ist einfacher, für andere Firmen zu arbeiten als für die eigene.”
Am Ende erstand nach vielen Varianten der Typ 901, eine Ikone bis in unsere Zeit. Gib einem Kind ein Blatt Papier und lass es einen Sportwagen zeichnen. Sehr oft wird ein Porsche dabei herauskommen. Alles hätte schön werden können mit diesem neuen Wagen, doch es gab da zwei Probleme: Der Preissprung vom Porsche 356 1600 SC Coupé (16.450 D-Mark) zum Porsche 911 war recht üppig: 5.450 D-Mark mehr (21.900 D-Mark) musste man aufwenden. Es fehlte ein Verbindungsglied zwischen alter und neuer Welt. Auch schon deshalb, weil einige der gusseisernen Porsche-Fans den Sechszylinder schmähten und auf den ursprünglichen Boxer mit vier Brennräumen schworen.
Hier beginnt die Geschichte von Peter Ellinghorst und seiner silbernen Liaison
An dieser Stelle kam dann der Porsche 912 ins Spiel: Design und Technik des neuen Porsche, jedoch bestückt mit dem bewährten Vierzylinder des Vorgängers. All das für 16.250 D-Mark im Jahr 1965. Ein Brückenbauer, einer mit Strahlkraft für einen, der im Grunde dem Porsche 356 mit Haut und Haaren verfallen war. Hier beginnt sie, die Geschichte von Peter Ellinghorst und seiner silbernen Liaison mit zwei ungleich/gleichen Porsche-Brüder.
„Wie ein Jet auf Rädern” steht zu lesen in dem Fotobuch, das mit Peters Geburt startet und mit dem Foto von Vater, Sohn und 356 endet. An diesem Tag führte er den restaurierten Wagen den Eltern erstmals vor. „Das Album hat mir meine Mutter zum bestandenen Examen geschenkt. Meine Eltern wussten, wie viel ich in den Semesterferien gearbeitet habe, um meinen großen Traum in die Tat umzusetzen: den Kauf eines Porsche 356”, so Peter. Es wurde ein C in restaurierungswürdigem Zustand. Das Geld für eine (nach den Maßstäben jener Zeit) professionelle Restaurierung war eingeplant, als er am 22. März 1991 den ersehnten Kaufvertrag unterschrieb.
Aus dem schlanken Twen von damals ist inzwischen ein versierter Geschäftsführer in den besten Jahren geworden. Der 356 diente ihm als Hochzeitswagen und ist ein geliebtes Familienmitglied. An dieser Stelle könnte die Geschichte vorbei sein: Happy End! Doch manchmal keimt er auf, der Wunsch nach mehr. Peter wollte schon lange Zeit seinem treuen 356 einen weiteren Spielkameraden zur Seite stellen, einen, der statt seines ersten Porsche mal die langen Kilometer einer Rallye oder eines Urlaubes auf sich nimmt.
Wie ein Dekostück: ein Porsche 912
Die Suche führte ihn in die Niederlande, wo ein hoffnungsvolles Porsche-911-Online-Inserat in der realen Welt zu einem Häufchen Rost mit Lack schrumpfte. Doch da war ja noch was: Eher wie ein Dekostück stand da auf der Empore zwischen Gartenmöbeln ein Unfallwagen, ein Porsche 912, wie sich herausstellte. Und dazu noch einer, den der Händler unbedingt lieber heute als morgen loswerden wollte. Der Treffer vorn rechts war unschön, der Rost wirklich schlimm. Doch der US-Reimport (mit einem der begehrten California-Black-Plate-Nummernschilder) erwies sich als technisch so weit fit.
„Den Unfall hatte der Wagen vor ewigen Zeiten in den USA gehabt. Und wenn er so konsequent aufgehoben worden ist, dann wird die Technik wohl gut gewesen sein”, schlussfolgerte Peter Ellinghorst und sollte Recht behalten.
Der zweite wichtige Punkt: Abgesehen von kleineren Reparaturen war der Porsche 912 unangetastet: gutes Chrom, gute Türen, originale Armaturen, erster Himmel, erste Innenausstattung, Motor und Getriebe mit Matching Numbers. Auf der Richtbank passten alle Fixierpunkte perfekt; die Karosserie war nicht verzogen. Eine perfekte, aber durchaus anspruchsvolle Basis!
Der Ami aus den Niederlanden zog nach Ostwestfalen, wo Peter mit einiger Faszination 912 und 356 C verglich. „Das ist schon erstaunlich, was da alles gleich ist”, resümmiert er. Die komplette Bremsanlage, die Felgen (die Peter allerdings gegen 14-Zoll-Füchse der ersten Generation tauschte), der Außenspiegel, der Innenspiegel, der Motor und viele Kleinteile unterscheiden sich nicht. So war die Idee schnell geboren, beide Fahrzeuge in der gleichen Farbe lackieren zu lassen.
Der Mann hat Ansprüche!
Beim 356 hatte sich Peter Anfang der 1990er Jahre für einen Jaguar-Farbton, Satin Silver, entschieden, der viele der englischen Klassiker ziert. „Der ist ein wenig dunkler als das Silber von Porsche in jenen Tagen, changiert sogar ein wenig ins Grün”, erklärt Peter. „Hätte ich mich für Originallack entschieden, wäre das Chrom einfach nicht richtig zur Geltung gekommen.” Zu stählern der Ton. Nun wurde die Farbkarte von einst erneut bemüht. Demontage und Montage erledigte Peter mit seinem Freund Peter Neitzel in dessen Halle auf einem Bauernhof. „Peter ist ein Vollprofi und ich im zweiten Lehrjahr”, sagt Peter 1 über Peter 2.
Der lächelt, zu viel der Ehre, will er sagen. Doch spätestens, wenn er mit leuchtenden Augen von dem Samba-Bus erzählt, den er gerade von Grund auf schweißt, dann wird klar: Der Mann hat Ansprüche! Genau das spiegelt sich auch im Porsche 912 wider, dessen Karrosseriekur, Lack, Interieurbezug, Motorbau und Getriebeüberholung zwar in Fachwerkstätten stattfand, doch mit überzeugender Akkuratesse von den beiden Petern komplettiert wurde.
Zwei silberne Porsche, eine Generation trennt sie, viele Gleichteile aber verbinden sie. Und letztlich sind sie im Abstand von nur zwei Jahren (1964 und 1966) gebaut worden.
Was bedeutet das denn nun beim Fahren? Peter Ellinghorst wiegt mit dem Kopf: „Ein wenig schwer zu sagen. Der 356 ist über 30 Jahre nach seiner Restaurierung kein frisches Auto mehr. Deshalb täuscht das knackig Exakte des 912 wohl ein wenig. Dennoch: Fahrwerk und Lenkung kann der 912 besser. Der 912 ist zudem spritziger. Klar: mehr PS und das Fünfganggetriebe. Aber letztlich sind beide Fahrzeuge weniger weit auseinander, als man glauben möchte. Sitze und Sitzposition, Bremsverhalten, der Klang. Beide sind Porsche, ganz unverwechselbar – und alltagstauglich.” Demnächst möchte Peter den 356 zusammen mit Peter nochmals restaurieren. Dann akkurater, als es in den 1990ern geschehen ist. Erst danach wird er wissen, wie eng die beiden Vierzylinder wirklich beieinanderliegen. Ein schönes Experiment!
Technische Daten (Werksangaben): Porsche 356 C Coupé
Motor | Vierzylinder-Boxer, luftgekühlt |
Hubraum | 1.582 cm³ |
Verdichtung | 8,5:1 |
Gemischaufbereitung | zwei Doppel-Fallstromvergaser Zentih 32 NDIX |
Max. Leistung | 75 PS (55 kW) bei 5.200 U/min |
Max. Drehmoment | 123 Nm bei 4.800 U/min |
Getriebe | 4-Gang |
Leergewicht | 935 kg (nach DIN) |
0−100 km/h | 14 s |
Höchstgeschwindigkeit | 175 km/h |
Bauzeitraum | 1963 bis 1965 |
Gebaute Exemplare | 16.668 |
Technische Daten (Werksangaben): Porsche 912 (1600)
Motor | Vierzylinder-Boxer, luftgekühlt |
Hubraum | 1.582 cm³ |
Verdichtung | 9,3:1 |
Gemischaufbereitung | zwei Doppel-Fallstromvergaser Weber 40 IDF (anstatt Solex 40 PJJ) |
Max. Leistung | 90 PS (66 kW) bei 5.800 U/min |
Max. Drehmoment | 122 Nm bei 3.500 U/min |
Getriebe | 5-Gang |
Leergewicht | 995 kg (nach DIN) |
0−100 km/h | 13,5 s |
Höchstgeschwindigkeit | 183 km/h |
Bauzeitraum | 1965 bis 1969 |
Gebaute Exemplare | 30.745 |
Info
Text erstmalig erschienen im Magazin Porsche Klassik 28.
Autor: Thorsten Elbrigmann
Fotografie: Thorsten Doerk
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