Es war kein leiser Abschied von der großen Tennisbühne. Obwohl ihr letztes Grand-Slam-Match auf Court 7 angesetzt war, einem der Außenplätze des Billie Jean King National Tennis Center in New York, lieferte Andrea Petkovic der Schweizer Olympiasiegerin Belinda Bencic einen harten Kampf. In einem hochklassigen Dreisatzmatch musste sie sich nur knapp geschlagen geben. Als sie danach winkend und mit Tränen in den Augen auf den Platz zurückkehrte, wurde sie vom Publikum mit lauten „Petko, Petko“-Rufen gefeiert.
Sie wolle „nochmal einen raushauen“, hat die 34-jährige Darmstädterin bei ihrer Rücktrittsankündigung in den Tagen vor den US Open gesagt – und das hat sie bei ihrem 48. Grand-Slam-Turnier trotz anfänglicher Nervosität dann auch getan. Auch wenn sie möglicherweise noch ein Turnier in Europa dranhängt, bei dem ihre Familie und Freunde dabei sein können, so war New York doch der Schlusspunkt hinter ihrer erfolgreichen Karriere. Jetzt will sie „erstmal eine Pause machen und sehen, was in meinem Leben dann kommt.“
30 Matches für Deutschland
Nicht nur die Zuschauer in New York werden Andrea Petkovic und ihren legendären „Petko Dance“ vermissen, mit dem sie so manchen Sieg gefeiert hat. Fehlen wird sie auch beim Porsche Tennis Grand Prix, bei dem sie insgesamt zwölf Mal am Start war. Und im Porsche Team Deutschland hinterlässt sie eine große Lücke. Am 9. September 1987 im bosnischen Tuzla geboren, gehörte sie zur „Goldenen Generation“ im deutschen Damentennis, zusammen mit Porsche-Markenbotschafterin Angelique Kerber, Julia Görges und Sabine Lisicki. Als das Nationalteam 2014 erstmals nach 22 Jahren wieder das Fed-Cup-Finale erreichte, war sie dabei. Insgesamt 30 Partien in Einzel und Doppel bestritt sie für Deutschland, 15 davon hat sie gewonnen.
Ihren ersten Auftritt für Deutschland im Fed Cup, dem Vorgängerwettbewerb des Billie Jean King Cup, hatte sie am 22. April 2007 in Fürth. Nachdem Deutschland gegen Kroatien schon uneinholbar vorne lag, durfte sie mit Tatjana Maria, die damals noch Malek hieß, im abschließenden Doppel auf den Platz. „Das hat eigentlich keinen mehr interessiert, die meisten Zuschauer waren schon gegangen“, erinnert sie sich. „Doch wir haben alles gegeben, und als wir schließlich gewonnen hatten, waren wir so stolz und glücklich, als wären wir gerade Weltmeister geworden.“ Für sie war dieser Auftritt in der Tennis-Provinz ein einschneidendes Erlebnis. „Diese Erfahrung hat mich geprägt und mir die Motivation gegeben, zu kämpfen und nicht aufzugeben, wenn ich mal verletzt war.“
Starker Auftritt in der Porsche-Arena
Ihr Debüt beim Porsche Tennis Grand Prix gab Andrea Petkovic 2005 in der Qualifikation. 2009 erreichte sie ihr erstes Hauptfeld in der Porsche-Arena, musste sich nach erfolgreicher Qualifikation jedoch in der ersten Runde der späteren Siegerin Svetlana Kuznetsova geschlagen geben. Ihr erstes Hauptfeldmatch gewann sie 2011 gegen die Österreicherin Tamira Paszek und erreichte nach einem Überraschungserfolg gegen die Serbin Jelena Jankovic, die Gewinnerin von 2008, das Viertelfinale. Erst dort musste sie sich der Weltranglistenersten Caroline Wozniacki geschlagen geben. Doch nach dem Finale jubelte eine Deutsche: Julia Görges, ihre Teamkollegin vom Porsche Team Deutschland, holte überraschend den Turniersieg. Auch abseits des Centre- Courts gehörte sie beim Porsche Tennis Grand Prix zu den beliebtesten und spannendsten Spielerinnen für Besucher, Medien und Kolleginnen.
Im Verlauf ihrer Karriere gewann sie insgesamt sieben WTA-Einzeltitel. Den ersten holte sie 2009 in Bad Gastein. 2011 siegte sie in Straßburg, 2014 in Charleston, Bad Gastein und Sofia, 2015 in Antwerpen. Danach musste sie sechs Jahre warten, ehe ihr 2021 im rumänischen Cluj-Napoca der nächste Coup gelang. In diesem Jahr holte sie mit Kveta Peschke in Chicago auch ihren einzigen Doppeltitel. Erfolge erreichte sie auch mit dem Porsche Team Deutschland, für das sie zuletzt im November 2021 bei der Finalrunde des Billie Jean King Cup im Einsatz war.
Größter Grand-Slam-Erfolg bei den French Open
Ihren größten Erfolg bei einem Grand-Slam-Turnier feierte sie 2014 mit dem Halbfinaleinzug bei den French Open in Paris. In Rio de Janeiro gehörte sie 2016 zum deutschen Olympia-Team. Ihre beste Platzierung in der WTA-Weltrangliste erreichte sie am 10. Oktober 2011 als Nummer 9, nachdem sie bei den Australian Open und den US Open jeweils im Viertelfinale stand. Aktuell wird sie an Position 92 geführt.
Andrea Petkovic war schon immer eine Spielerin, deren Blick weit über die Grundlinie eines Tennisplatzes hinausging. Die Hessin, die in ihrer WTA-Biographie den Porsche Tennis Grand Prix als ihr Lieblingsturnier angab, interessiert sich für Politik, Kunst und Kultur, ist weltoffen, ehrgeizig und modebewusst. Sie verfasste Kolumnen für große Zeitungen, und von ihren Erfahrungen als Profisportlerin erzählte sie in ihrem vielgelobten Buchdebüt „Zwischen Ruhm und Ehre liegt die Nacht“. Auch als Sportmoderatorin im ZDF macht schon sie eine gute Figur.
So schwer ihr der Abschied auch fällt – sie ist überzeugt, dass nach 16 Jahren auf der Profitour jetzt der richtige Zeitpunkt ist: „Ich vertraue da voll auf mein Herz und mein Gefühl.“