Kurz nach dem erfolgreichen Debüt des Cayenne im Jahr 2002 bekam die in Hemmingen ansässige Baureihe den Auftrag, die Modellreihe zu erweitern. Auf dem Wunschzettel des Porsche-Vorstands stand ein Derivat mit gesteigerter Onroad-Performance, das sich zwischen dem Cayenne S und dem Cayenne Turbo einordnen sollte. Oliver Laqua, heute Projektleiter Gesamtfahrzeug für den Cayenne, war bereits 1998 als Konzeptingenieur für die erste Generation des SUV, intern E1 genannt, tätig und sollte diesen in jeder Hinsicht besonders sportlichen Cayenne ab 2004 konzipieren. Unter dem Projektnamen „Roadrunner“ ging der junge Ingenieur konsequent ans Werk, Laqua hatte zunächst ein besonders leichtes Fahrzeug im Sinn: „Wir planten, auf das Verteilergetriebe zu verzichten, denn das allein sparte 80 Kilogramm Gewicht. Und wir dachten zur weiteren Gewichtsreduktion und Emotionalisierung über vier Rennschalensitze nach“, erinnert sich Laqua heute.
Sechsgang-Handschaltung und ein exklusives Fahrwerk-Setup
Dass der „Roadrunner“ nur mit Hinterradantrieb fahren sollte, fand im Vorstand jedoch ebenso wenig Anklang wie die eher unpraktischen Schalensitze. Beim Antrieb setzten sich wiederum die Entwickler durch: V8-Saugmotor statt Turbo.
„Bei diesem Projekt zählte nicht nur die Leistung, der Wagen sollte auch sehr direkt am Gas hängen“, so Laqua. Durch Überarbeitung und Vergrößerung des Ansaugsystems stieg die Leistung des 4,8-Liter-Motors gegenüber dem 283 kW (385 PS) starken Cayenne S auf 294 kW (405 PS). Serienmäßig gab es dazu eine Sechsgang-Handschaltung. Um die Agilität weiter zu steigern, wurde die Achsübersetzung von 3,55:1 auf 4,1:1 verkürzt. Optional gab es eine Sechsgang-Tiptronic S mit sportlich angepassten Schaltpunkten. Das Fahrwerk war GTS-spezifisch abgestimmt: Erstmals wurde die Stahlfederung mit dem geregeltem Dämpfungssystem Porsche Active Suspension Management (PASM) kombiniert – ein Konzept, das bis dato den zweitürigen Sportwagen vorbehalten war.
Feinabstimmung durch Rallye-Weltmeister Walter Röhrl
Für die Abstimmung der Fahrwerk-Systeme der ersten Cayenne-Generation holten sich die Entwickler den Rat eines zweifachen Rallye-Weltmeisters: Walter Röhrl prüfte die E1-Prototypen auf Herz und Nieren, unter anderem auf der legendären Nürburgring-Nordschleife sowie auf Eispisten am Polarkreis. Das Feingefühl des vierfachen Rallye Monte Carlo-Siegers am Lenkrad beeinflusste vor allem das Setup des Allradsystems maßgeblich. Röhrl wirkte auch an der Abstimmung des ersten Cayenne GTS mit.
Das Porsche Traction Management (PTM) musste für dieses neue Modell in seiner Auslegung nicht mehr verändert werden. Weiterhin wurde die Motorkraft im Verhältnis 62:38 zwischen Hinter- und Vorderachse aufgeteilt. Über eine elektronisch geregelte Lamellenkupplung war bei Bedarf jedes andere Kräfteverhältnis zwischen 100:0 und 0:100 möglich. „Wenn ich vom Allrad Sportlichkeit erwarte, dann muss ich schauen, dass ich stets alle vier Räder unter Kontrolle habe“, sagt Röhrl, der 1993 als Versuchsfahrer zu Porsche kam und das Unternehmen heute als Markenbotschafter repräsentiert. „Damit sich nicht die eine Achse schneller dreht als die andere. Da ist das Mittendifferenzial eine gute Hilfe oder auch die Quersperre hinten. Sonst verpufft an dem entlasteten Rad die ganze Kraft.“
Durch die Porsche Dynamic Chassis Control (PDCC) ließ sich das fahrdynamische Potenzial des Cayenne erweitern. In Verbindung mit Luftfederung und PASM war diese Wankstabilisierung optional erhältlich. Zwei aktive Stabilisatoren bauten im Zusammenspiel mit hydraulischen Schwenkmotoren ein Stützmoment auf, bevor sich die Karosserie zur Seite neigen konnte. „Das Wanken des Autos ist das größte Problem, wenn es um Fahrdynamik geht“, sagt Walter Röhrl, der im 20. Jubiläumsjahr des Cayenne seinen 75. Geburtstag feierte. „Das Gewicht lastet dann nur auf den kurvenäußeren Rädern. Die inneren übertragen weniger Kraft, das muss ich unterbinden. Der Wankausgleich war eine der wichtigsten Neuerungen überhaupt. Damit kann man auch einem hohen Auto ein sehr gutes Handling verleihen.“
Darüber hinaus war die Karosserie des neuen Cayenne-Modells deutlich tiefer gelegt. Im Vergleich zum Cayenne S reduzierte sich die Bodenfreiheit um 24 Millimeter beim Stahlfahrwerk und um 20 Millimeter bei der optionalen Luftfederung. Mit Luftfederung wird die Karosserie ab 125 km/h Fahrgeschwindigkeit um weitere neun Millimeter und bei 210 km/h um noch einmal fünf Millimeter abgesenkt.
Sportlicher Auftritt und kerniger Klang
Als weiteren Beleg für die Auslegung auf den sportlichen Straßenbetrieb dienten zudem die großen Lufteinlässe und das dominante Heck – beides an den Cayenne Turbo angelehnt – sowie die um 14 Millimeter weiter ausgestellten Radhäuser. Sie mussten 21-Zoll-Räder mit Reifen der Dimension 295/35 aufnehmen. Wahlweise konnte das Heck mit einem verlängerten Doppelflügel-Dachspoiler bestückt werden. Die schwarzen Fenstereinfassungen, Türgriffe und Blenden über der B- und C-Säule hoben die besondere Sportlichkeit des neuen Modells ebenso hervor wie die verchromten Doppelendrohre der Sportabgasanlage. Deren Klang konnte mit der Sport-Taste auf der Mittelkonsole intensiviert werden. Gleichzeitig änderte der Druck auf diese Taste die Gaspedalkennlinie, was zu einem noch spontaneren Ansprechen des V8 führte. Statt der ursprünglich angedachten Schalensitze gab es ab Werk immerhin neue elektrisch verstellbare 12-Wege-Sportsitze mit erhöhten Seitenwangen.
Inspiration für alle Modellreihen bei Porsche
Bei der Namensfindung wurde man in den Geschichtsbüchern von Porsche fündig – beim 1995 ausgelaufenen 928 GTS, dessen Kürzel wiederum vom Porsche 904 Carrera GTS aus den 1960er-Jahren stammte. Die historischen Modelle mit dem Namenszusatz „GTS“ für „Gran Turismo Sport“ standen für besondere Sportlichkeit bei gleichzeitig hoher Langstreckentauglichkeit – ein Konzept, dem auch der Neuling im Cayenne-Portfolio zu 100 Prozent entsprach und das im Markt sofort großen Anklang fand. Inspiriert vom durchschlagenden Erfolg des ersten Cayenne GTS erweiterten auch die übrigen Porsche-Baureihen nach und nach ihr Angebot um ein GTS-Modell. Das Prinzip war gesetzt: leicht erhöhte Motorleistung, spürbar agileres Fahrverhalten und eine elegante optische Betonung der verbesserten Sportlichkeit.
Vom V8 zum V6 – und wieder zurück
Der Cayenne GTS debütierte nach Einführung der ersten Modellpflege des SUV (intern E1 II) im Jahr 2007 auf der IAA in Frankfurt mit einem 298 kW (405 PS) starken V8-Motor. Nur kurze Zeit später erschien mit dem Cayenne GTS PDE 3 eine auf 1.000 Fahrzeuge limitierte Porsche Design Edition mit besonderer Farbgestaltung und noch exklusiverer Anmutung im Exterieur und Interieur.
2012 wurde in Peking die zweite Generation des Cayenne GTS (E2) vorgestellt. Die Leistung des V8 stieg auf 309 kW (420 PS), im Interieur setzte das neue GTS-Paket in Kontrastfarbe besonders sportliche Akzente. Beim 2014 in Los Angeles vorgestellten modellgepflegten Cayenne GTS (E2 II) stieg Porsche auf einen V6-Motor um. Das Biturbo-Aggregat leistete im Vergleich zum Vorgänger 20 PS Leistung und 85 Nm Drehmoment mehr.
Mit der aktuellen Generation E3 kamen 2020 gleich zwei Cayenne GTS-Derivate auf den Markt: der Cayenne GTS sowie erstmals das Cayenne GTS Coupé. Beide Derivate überzeugen mit beeindruckender Querdynamik und führen die Erfolgsgeschichte der Cayenne GTS-Modelle fort. Ausgestattet mit einem Vierliter-V8-Biturbomotor verfügen beide Modelle über einen kernigen Sound, 338 kW (460 PS; ; ) Leistung und 620 Nm Drehmoment. Serienmäßig sind ein sportlich abgestimmtes Fahrwerk und das GTS-typisch exklusive Innenraum-Ambiente mit an Bord. Die Beliebtheit bei den Kunden ist ungebrochen: In Europa und Nordamerika entschieden sich 2021 jeweils rund 10 Prozent aller Cayenne-Kunden für ein GTS-Modell, im Heimatmarkt Deutschland waren es sogar 16 Prozent.