Als einer der führenden britischen Automobil-Fotografen würde Dominic Fraser gerade eigentlich um die Welt reisen und Fahrzeuge fotografieren. Doch die aktuellen Reisebeschränkungen machten ihm einen Strich durch die Rechnung, und so saß er nun zu Hause, vermeintlich ohne ein kreatives Ventil. Er ließ seinen Blick durch sein Haus an der Südküste Englands schweifen, und plötzlich erregten die Lego-Steine seiner Kinder seine Aufmerksamkeit.
„Ich hatte das ganze Haus voller Kameras, die einfach nur herumlagen; das war so frustrierend für mich, denn alles, was ich wollte, war, etwas Kreatives zu schaffen“, erklärt Fraser. „Statt einfach nur nichts zu tun, entschied ich mich daher, Lego Speed Champions Modelle zu nehmen und zu versuchen, damit einige meiner Lieblings-Bilder aus der Automobilgeschichte nachzustellen. Ich begann mit Audi und dem Quattro, da wir dieses Lego-Modell zu Hause hatten, aber dann beschloss ich, eine Reihe Porsche-Bilder nachzustellen, weil die Autos und die Fotos so ikonisch sind.“
„Der konzeptionelle Prozess war viel umfangreicher, als ich das von der Fotografie echter Autos gewohnt bin.“ Dominic Fraser
Fraser ist seit seinen ersten Fotoaufnahmen von Fahrzeugen im Jahr 1991 großer Fan der Marke, wobei sein Interesse an Porsche zu einem großen Teil auch aus einer frühen Begegnung mit Rallye-Legende und Porsche-Botschafter Walter Röhrl herrührt. „Wir machten Fotos in der Motorsport Arena Oschersleben und brauchten ein paar Aufnahmen aus einem 964 Rennwagen heraus. Walter war gerne bereit, mich herumzufahren – die Geschwindigkeit und den Sound werde ich nie vergessen. Und man kann sich sicher denken, dass ich mich kaum halten konnte! Dieser Mann ist eine Legende.“
Bei seinen Shootings mit Lego-Steinen hatte Fraser zwar nicht mit schlechtem Wetter, Verkehr oder technischen Problemen zu kämpfen, dafür aber mit ganz anderen Herausforderungen. „Es hat mich in meiner Fotografie sogar eher weitergebracht, denn ich musste mir viele Gedanken über die technischen Aspekte der Aufnahmen machen und mir vorher genau überlegen, welche Art von Bild ich möchte. Der konzeptionelle Prozess war viel umfangreicher, als ich das von der Fotografie echter Autos gewohnt bin: Im echten Leben fotografiert man wesentlich spontaner.“
Der 919 Hybrid in der Box
„Wenn ich mir ein ikonisches Bild ausgesucht hatte, das ich nachstellen wollte, schaute ich mir die Details genau an und überlegte, was ich eigentlich genau dabei sehe. Es ist schon faszinierend, wie unser Gehirn bei normalen Fotos einfach Fehlendes ergänzt, doch bei Fotos mit Lego ist das etwas anders. So zum Beispiel beim 919 Hybrid in der Box von Le Mans 2017: Es ist keine Rennstrecke zu sehen, das kann ich also außer Acht lassen, und auch die Haupttribüne ist meilenweit entfernt. Aber bei der Lego-Aufnahme musste ich die Haupttribüne näher heranrücken und dann mit der Brennweite experimentieren, denn bei der Nachstellung brauchte ich so viele Elemente im Fokus wie möglich. Im echten Leben kann die Haupttribüne verschwimmen, und der Betrachter füllt diese Lücke dann gedanklich durch sein angenommenes Wissen. Aber bei kleinen Bausteinen aus Kunststoff funktioniert das nicht.
Außerdem muss ich Sachen so anordnen, dass ihre Position in der Kameraeinstellung korrekt aussieht. Es bedarf vieler Versuche, bis die Szene realistisch erscheint. Auch die Beleuchtungsposition ist bei der Nachbildung von Fotos entscheidend. Ich habe eine Taschenlampe verwendet, die das Sonnenlicht nachstellen sollte, das am oberen Bildrand hereinstrahlt. Bei echten Aufnahmen muss sich ein Fotograf über solche Dinge keine Gedanken machen, denn er konzentriert sich nur auf den Moment – aber wenn man die Szene selbst bauen muss, macht das einen riesigen Unterschied.“
Der 917K beim Goodwood Festival of Speed
Trotz der Unterschiede waren die Fähigkeiten, die sich Fraser in seinem Beruf angeeignet hat, zweifellos hilfreich bei seinen in der Phase des Lockdowns nachgestellten Bildern. Mit einem Bild des 917 K an der Startlinie des Goodwood Festival of Speed aus dem vergangenen Jahr gelang Fraser die Nachstellung einer Kamerafahrt mit Car-to-Car-Technik im Miniaturformat.
„Die Unschärfe erreichte ich mit einer langen Belichtungszeit und einer Kamera, die auf einem „Auto“ montiert war, das vor dem 917 fuhr – eben genau so, wie es in Original-Größe der Fall gewesen wäre. Um sicherzugehen, dass alles fokussiert blieb, habe ich eine Schnur zwischen dem 917 und dem Kamerawagen gespannt, sodass die beiden Fahrzeuge mit genau der gleichen Geschwindigkeit gezogen wurden. Anschließend ließ ich das selbstgebastelte Abschleppseil einfach mit Bearbeitungssoftware verschwinden.“
Der fliegende 930 Turbo
„Bei dem ikonischen Bild des 930 Turbo, das im Original von Jeff Zwart aufgenommen und als Hintergrund in der US-amerikanischen Sitcom „Seinfeld“ berühmt wurde, wollte ich den Staub nachstellen, der in dem Foto aufgewirbelt wird. Dafür habe ich etwas Splitt auf der Lego-Platte verstreut und dann einen Kamera-Sensorlüfter eingesetzt, um ihn in die Luft zu wirbeln.
Es ist wichtig, über den Hintergrund in Ihrem Bild nachzudenken. Die Originalaufnahme, an der ich hier gearbeitet habe, hat eine verschwommene Landschaft, deshalb beschloss ich, diese Szene in meinem Garten einzurichten. Die Büsche am unteren Rand meines Gartens haben den richtigen Grünton, und da sie weit genug entfernt sind, ist es mir gelungen, sie so zu verwischen, dass man sie nicht im Detail erkennen kann - genau wie im Original.
Der letzte Trick bei diesem Bild bezieht sich auf die Räder. Wenn ein Auto im wirklichen Leben springt, fallen die Räder aus den Bögen, weil die Federung abfällt. Legomodelle haben keine Federn oder Dämpfer. Damit die Räder niedriger erscheinen, habe ich einen zweiten "falschen" Boden gebaut.
Es ging dann einfach darum, das Auto mit einer Schnur - die ich anschließend mit Photoshop ausgeschnitten habe - aufzuhängen und den Auslöser der Kamera zu drücken. Es sind diese kleinen Details, die anfangs nicht leicht zu erkennen sind, aber sie machen den Unterschied in einer realistischen Nachbildung aus.
Wenn jemand das einmal selbst ausprobieren möchte, würde ich empfehlen, eine Pinzette zu benutzen und die passenden Sticker aufzukleben; das ist zeitaufwendig, zahlt sich aber aus. Denn wenn man sich so genau auf das Auto konzentriert, fallen einem solche Einzelheiten auf.“
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