Für viele von uns bleibt ein Roadtrip ein Wunschtraum, eine Tagträumerei eines Büroangestellten, ein sehnsüchtig notierter Punkt auf der Wunschliste für die Zeit im Ruhestand. Und dann gibt es da noch Menschen wie den Porsche-Enthusiasten und eingefleischten Kilometerfresser Anthony Coyne, der sich und damit auch uns diesen Traum erfüllt.
Coyne wollte keine der altbekannten Reisen mit Flugzeug und Auto, bei denen man am Flughafen ein Allerweltsauto als Mietwagen entgegennimmt. Er suchte daher nach Möglichkeiten, seinen aktuellen Alltagswagen, einen 993 Carrera, zum Ausgangspunkt der Reise in den USA zu verschiffen. Es kostete ihn viel Zeit, alle Dos and Don'ts zu recherchieren, den Papierkram zu erledigen, Fallstricke zu vermeiden und Schwierigkeiten zu meistern, sodass er beschloss, seine Erkenntnisse festzuhalten.
Was als eine Art Anweisungs- und Infoseite begann, entwickelte sich zu einem lebendigen und ausgedehnten Blog über die gesamte Reise mit allem, was dazu gehört – darunter einer der großartigsten Sportwagen der Welt, der Tausende von Kilometern auf traumhaften Straßen zurücklegte.
Coynes Porsche-Reise begann eigentlich schon vor zwölf Jahren, mit einem 986 Boxster S. Dieser wurde von einem seltenen 964 Carrera in Non-Metallic-Dunkelblau abgelöst, einem Wagen, dessen Verkauf er bis heute bereut. Doch er entschied sich damals für den Verkauf, um einen Boxster Spyder der ersten Generation finanzieren zu können, der ihn mit seiner hohen Leistung auf den Geschmack brachte, letztendlich aber einem weiteren luftgekühlten 911, seinem derzeitigen 993, Platz machen musste.
Sprung ins Jahr 2019: Coyne und Logsdon stehen Anfang Juni im Hafen von Charleston, South Carolina. Nach mehreren Wochen auf See hatte der 993 das amerikanische Festland erreicht und Coyne feierte 6.000 Kilometer von zu Hause entfernt das Wiedersehen mit seiner zweiten großen Liebe. Das erste, woran er sich erinnerte, als er in der glühenden Sommerhitze im tiefsten Süden der USA in sein Fahrzeug stieg, war, dass die Klimaanlage des 911 nie richtig funktioniert hatte.
Die erste Fahrt landeinwärts nach Charleston war deshalb kaum auszuhalten. Ein erster Versuch, die Klimaanlage wieder zu befüllen, war nahezu erfolglos und als die beiden die Straße vor sich sahen, die im Zick-Zack durch Arizona, New Mexico bis nach Texas führt, wussten sie, dass sie nur eine Möglichkeit hatten: das zu tun, was ein alter Freund einst als „die Klimaanlage Gottes“ bezeichnete – Fenster runter und Gas geben.
Diese epische Reise führte anfangs durch Nashville und Kansas zum Mount Rushmore. Die vielen Stunden am Lenkrad wurden durch die Eigenschaft des 993 wettgemacht, auch bei 3.000 Umdrehungen pro Minute gemütlich cruisen zu können – und durch den überaus günstigen Benzinpreis in den USA.
Die beiden mussten jeden Tag sehr früh aufbrechen, um in den noch kühleren Morgenstunden eine längere Strecke hinter sich zu bringen und ihren straffen Reiseplan einzuhalten, für den die beiden oft 12 Stunden am Tag unterwegs waren und dabei 1.100 bis 1.300 Kilometer zurücklegten. Der Badlands-Nationalpark bot ihnen dafür eine atemberaubende Szenerie, während die kurvenreichen Straßen durch die Rocky Mountains oberhalb von Denver eine willkommene fahrerische Herausforderung darstellten.
Etwa eine Woche nach Beginn der Reise begann ein beißender Benzingeruch den Innenraum des Wagens zu durchdringen. Daraufhin rief Coyne vorsorglich bei einem Porsche-Händler in Albuquerque an, der eigens Aufträge verschob, um bei Ankunft des 993 eine Rampe frei zu haben. Die Diagnose: ein defekter Einspritzer, dessen Reparatur aufgrund fehlender Ersatzteile mit einer langen Wartezeit verbunden gewesen wäre.
Coyne schlug vor, den defekten Einspritzer abzuschalten und nach Palm Springs weiterzufahren, wo sie planmäßig eine Woche lang bleiben wollten – genügend Zeit, die Lieferung der Ersatzteile abzuwarten und die notwendigen Reparaturen durchzuführen. Der Plan ging auf: Mit deutlich verminderter Leistung, aber weitgehend frei von Lecks, ging es langsam voran, doch nun war der 911 nicht nur mit einem, sondern zwei Feuerlöschern ausgestattet.
Sie nahmen eine Abkürzung nach Palm Springs, die sie aber noch durch Sedona und über die Route 66 führte – mit der Hitze durch die fehlende Klimaanlage und dem schwachen Benzingeruch als ständige Erinnerung daran, dass nicht alles zum Besten stand. Doch der 993 kämpfte sich tapfer voran, erklomm in den Black Mountains Höhen von 1.100 Metern, ließ das Mohave Valley hinter sich und erreichte schließlich das rettende Palm Springs. Dort steuerte Coyne das offizielle Porsche-Zentrum an.
Durch die einwöchige Auszeit in Palm Springs konnte Coyne seinen Wagen zur vollständigen Inspektion an Porsche geben. Die Werkstatt machte sich daran, den Einspritzer zu reparieren, und stellte Coyne und Logsdon einen fast neuen Panamera als Ersatzwagen zur Verfügung. Die Unterschiede bei Größe, Komfort und Technik waren verblüffend und so war der Panamera das ideale Gefährt für diese Woche Luxusurlaub, in der sie am Pool lagen und sich für den noch vor ihnen liegenden Teil der Reise erholten.
Sobald der 993 wieder aus allen Zylindern blies und endlich auch die Klimaanlage funktionierte, ging es wieder hinaus auf einige der schönsten Straßen Kaliforniens. Auf dem berühmten „Palms to Pines Scenic Byway“, einem Mekka für alle leidenschaftlichen Autofahrer im Umkreis von mehreren hundert Kilometern, trafen sie sogar einen weiteren 993 und einen Boxster GTS.
In Kalifornien stiegen die Temperaturen auf mehr als 49 °C an und die Klimaanlage machte erneut Schwierigkeiten, was auch die Gemüter im brühend heißen Innenraum des 993 erhitzte. Auf dem Weg nach Osten in Richtung Tucson wurde die Fahrt zu einem ständigen Kampf gegen Hitze und Dehydratation. Die Route verlief dabei entlang der Grenze zu Mexiko in Richtung Texas. Die Nationalparks Saguaro und Big Bend mit ihren fahrerisch anspruchsvolleren Routen und dem ein oder anderen Zusammentreffen mit der örtlichen Polizei sorgten für Abwechslung. Einige Tage später verließen sie Texas und kamen nach Louisiana, wo New Orleans und der Mississippi eine kleine Atempause boten.
Es spricht für den 22 Jahre alten 993 und die Beziehung zwischen Coyne und Logsdon, dass beide das Auf und Ab dieser transkontinentalen Fahrt bei geradezu unfassbarer Hitze überstanden. Als das Paar durch Alabama, die Great Smoky Mountains und Tennessee zurück nach South Carolina fuhr, hatte es in weniger als zwei Monaten die schier unglaubliche Strecke von 12.800 Kilometern zurückgelegt. Und abgesehen von einem defekten Kraftstoff-Einspritzer und einer eigenwilligen Klimaanlage machte das Auto keine Probleme.
Info
Den gesamten Blog von Coyne und Logsdon, in dem das Paar auch Tipps zu Orten für den kulinarischen Genuss und für Aufenthalte entlang der gesamten Strecke verrät, können Sie hier lesen. Dieser Blog ist ein großartiger Reiseführer und eine Heldengeschichte zugleich. Und nicht zuletzt eine Inspiration für uns alle ...