Danke, Zuffenhausen!

Mit dem 911 Carrera 4S Cabriolet erfüllt sich Jean Hamacher einen Kindheitstraum. Bei einer besonderen Werksführung wurde der Kunde Zeuge, wie aus vielen Einzelteilen sein individueller 911 entsteht.

Gleichmäßig trägt das Band den Sechszylinder-Boxermotor durch die Halle, bis er vor Aydin Balci Halt macht. Er greift nach dem Drehmomentschlüssel, der über ihm an einem Stahlseil baumelt, und zieht routiniert die Verschraubung der Kraftstoffleitung nach. „Das sitzt“, stellt der Mitarbeiter im Graumann fest. Dann setzt das zukünftige Herzstück eines Carrera 4S seine insgesamt viereinhalbstündige Reise durch den Motorenbau fort. „Woher wissen Sie, dass Sie nicht zu locker angezogen haben?“, hakt Jean Hamacher nach. „Ansonsten hätte sich der Schrauber schon gemeldet“, sagt Balci. „Der kennt das genaue Drehmoment und rotiert so lange, bis es passt.“ Handarbeit trifft innovative Technik. 

Diese Verbindung schätzt der Kunde und Geschäftsführer einer IT-Firma an Porsche. Und so hat Hamacher nach einem Targa und einem Carrera Cabriolet nun zum dritten Mal Ja zur Marke, Ja zum 911 gesagt. „Porsche hat es geschafft, den Elfer konsequent weiterzuentwickeln und trotzdem seine Identität zu wahren“, betont der 40-Jährige. „Das macht den unbezahlbaren Wert der Sportwagenikone aus.“ 

Ausschlusskriterium Mückenstich

Die Nähmaschine rattert im Takt. Unermüdlich. Trotz des hohen Tempos, das Natalie Pasymowski mit Hilfe des Fußpedals angibt. Der Porsche-Enthusiast merkt sofort: Es ist ein eingespieltes Team, das ihn in der Sattlerei begrüßt. „Und eine verhältnismäßig hohe Frauenquote“, bemerkt Hamacher. Geschickt zieht die Frau das schwarze Leder, das einmal eine Tür verkleiden soll, über die Stichplatte. Jede Unregelmäßigkeit wäre später sichtbar – bei den Nähten, aber auch beim Material. Deshalb erreichen nur makellose Teile Pasymowskis Arbeitsplatz, selbst Mückenstiche sind ein Ausschlusskriterium. Das Leder wird nun „just in sequence“, also zum richtigen Zeitpunkt und in der benötigten Reihenfolge, in die Fahrzeug-Montage gebracht – das gibt es so bei keinem anderen Hersteller. Der Unternehmer streicht noch einmal liebevoll über die veredelte Kuhhaut. Das nächste Mal kann er das im eigenen Porsche tun. 

Eine echte Allzweckwaffe 

Das und noch vieles mehr. Denn für den sportbegeisterten Kunden aus Karlsruhe ist das Carrera Cabriolet eine echte Allzweckwaffe – ob auf dem Hockenheimring oder im Winterurlaub in Sölden. „Bei 70 Zentimeter Neuschnee auf der Gletscherstraße macht es besonders viel Spaß“, betont er und schmunzelt. „Wenn wir oben dann unser Snowboard und das ganze Equipment aus dem Sportwagen holen, sind die Blicke der anderen Gäste unbezahlbar.“ Auffallen wird der studierte Betriebswirt auch mit seinem neuen Elfer. Schon aufgrund der besonderen Lackierung: Ätnablau. Apropos – wie kommt die Farbe auf das Fahrzeug? 

Nur ein Zentimeter trennt Hamachers Nasenspitze von der Scheibe der bodentiefen Fenster. Sein Blick folgt den Bewegungen der Maschine, die die Rohkarosse Stück für Stück absenkt, bis sie kopfüber in der blauen Flüssigkeit des Riesenbeckens verschwindet. Kathodische Tauchlackierung (KTL) lautet das Stichwort. Dieses elektrochemische Verfahren verhindert Korrosion. Vorbei an in großen Becken badenden Autos geht es zur nächsten Station: dem Füller. „Er sorgt – innen wie außen – für eine gleichmäßige Oberfläche der Aluminium-Stahl-Karosse“, erklärt Meister Manfred Pilz. Je weiter die beiden Männer im 192 Meter langen und 52 Meter breiten Gebäude kommen, desto stechender wird der scharfe Geruch der Farben. „Chanel N˚ 911“, sagt Hamacher und hält sich den Ärmel seines Besucher-Kittels vor die Nase. „Das nehme ich gar nicht mehr bewusst wahr“, kommentiert der 52-jährige Profi. „Ohnehin basieren die Lacke inzwischen auf Wasserbasis, die 2011 eingeweihte Lackiererei auf modernster Technik.“ Auch der Umwelt zuliebe. Ein weiteres Argument für Porsche. „Wenn ich schon viel investiere, möchte ich es auch gut angelegt haben“, so der Kunde. Das Credo „Made in Germany“ beziehungsweise „Engineered by Porsche“ ist wichtig für ihn. Sein Geld soll in der Heimat bleiben. „Es macht mich stolz, dass mein Elfer aus dem Ländle stammt.“ 

„Das beste Auto der Welt“ 

Heute kann er sogar Trauzeuge bei seinem 911 sein. Denn die Hochzeit – die Zusammenführung von Karosserie und Motor – steht kurz bevor. Zu dieser Zeit sitzt das Cockpit bereits fest an seinem Platz, die Kabelstränge sind verlegt und die Pedalerie eingebaut. Zeit für einen Qualitätscheck. Springer Werner Schneider taucht unter die geöffnete Fronthaube. Seit 23 Jahren arbeitet er bei Porsche, durfte selbst schon einmal 911 fahren. Seiner Meinung nach ist es schlichtweg „das beste Auto der Welt“. Auch dank seiner Hände Arbeit. Denn Schneider weiß genau, worauf es ankommt: Sind die Scheinwerfer fest? Sitzt der Kraftstoffbehälter? „Passt alles“, zeigt sich der Experte zufrieden. Er tippt ein paar Mal auf den Bildschirm neben dem Band und gibt somit auch dem System das Okay. 

Von all dem bekommt der Kunde nur wenig mit. Stattdessen wandert sein Blick die sanft geschwungene Silhouette entlang. Dem sonst so redegewandten Mann fehlen die Worte. Hamacher ist in einer anderen Welt. Nur er und das Auto. Es ist das erste Mal, dass er ihm begegnet. Und zum ersten Mal sieht er die Speziallackierung Ätnablau. Bisher kannte er sie nur von der Farbtafel des Beraters. „Besonders, aber nicht aufdringlich“, nickt der 1,90 Meter große Mann Mitarbeiter Schneider zu. Damit ist er zurück im geschäftigen Treiben der Montagehalle. 

Rechtzeitig für den großen Augenblick. Die Gehängestrecke befördert den 911 um eine 90- Grad-Kurve. Parallel dazu erreicht das Fahrwerk samt Motor den Ort des Geschehens. Perfektes Timing. Einer Hochzeit steht nun nichts mehr im Wege. Ömer Fidan und Uwe Klotz, links und rechts am Band, dirigieren die Komponenten an die passenden Stellen. „Dabei ist Teamarbeit gefragt“, sagt Fidan. Nun senkt sich die Karosserie langsam ab, während er das Fahrwerk per Knopfdruck anhebt. Auf Augenhöhe des künftigen Besitzers begegnen sie sich und verschmelzen schließlich miteinander. Fidan und Klotz besiegeln die Hochzeit mit ihren Akkuschraubern. „Das hält länger als so manche Ehe“, scherzt einer der Kollegen. „Na, dann bin ich ja erleichtert“, kontert Hamacher. „Jetzt kann also nichts mehr schiefgehen.“

Er wird Recht behalten. Wenige Tage später bekommt er in Zuffenhausen den Schlüssel zum Cabrio-Glück überreicht. Vor seinen Augen: sein nagelneues Fahrzeug, das Porsche Exclusive nach seinen Wünschen veredelt hat. Und das waren einige. „Ich habe bei den Extras einfach alles angekreuzt, was möglich war“, sagt der Kunde und grinst. 

Vor der Schule zum 911 

Eine Belohnung – und die Erfüllung eines Kindheitstraums. Jean Hamacher denkt dabei sofort an einen siebenjährigen Nachbarsjungen. „Der geht erst in die Schule, wenn er meinen Porsche auf dem Parkplatz gefunden hat. Dann schaut er ihn minutenlang mit großen Augen an – Tag für Tag“, erzählt er. Der Geschäftsmann steigt in seinen 911, steckt den Schlüssel ins Zündschloss und öffnet das Dach seines Cabriolets. „Als ich klein war, ging es mir ganz genauso.“

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