Mit einem Logo aus den Sechzigerjahren beginnt die Geschichte der „Porsche Heritage Experience“. Alexander E. Klein ist der Ideengeber und Initiator des Veranstaltungsprogramms. Im Interview erzählt der Leiter Fahrzeugsammlung und „Heritage Experience“ wie ihn die Organisationen „Blue Shield“ und UNESCO dazu inspiriert haben, die Kulturoffensive ins Leben zu rufen. Außerdem verrät er, was die Traditionsarbeit von Porsche Heritage und Museum mit den Reisterrassen im chinesischen Yunnan und der Aloha-Kultur auf Hawaii zu tun haben.

 

Sie verantworten seit 2012 die Fahrzeugsammlung des Unternehmens. Wie sind Sie auf die Idee zur „Porsche Heritage Experience“ gekommen?

Alexander E. Klein: Vor vier Jahren haben wir mit einigen Fahrzeugen aus unserer Sammlung am „Gaisbergrennen für historische Automobile” teilgenommen. Wir trugen ein Veranstaltungslogo aus den Sechzigerjahren am Revers. Darauf abgebildet waren drei Rhomben im Stil von Werbegrafiken, die an Berggipfel erinnerten. Eine gelungene Reminiszenz an die Bergrennen vergangener Zeiten. Ein Teilnehmer wies mich darauf hin, dass das Logo dem der „Blue Shield“-Organisation ähnelt. Ich begann zu recherchieren.

 

Worauf sind Sie bei Ihrer Recherche gestoßen? 

Klein: „Blue Shield“ setzt sich für den Schutz von kulturellem Erbe in Konflikt-, Katastrophen- und Notfallsituationen ein. Die Organisation Blue Shield International wurde 1996 gegründet und ist der UNESCO zugeordnet. Gemeinsam entscheiden die beiden Organisationen, welche Kulturgüter schützenswert sind. Das wiederum gab mir den Impuls, mich mit dem UNESCO World Heritage Programm zu beschäftigen. Die UNESCO folgt der Welterbekonvention aus dem Jahr 1972. Grundidee ist es, eingetragene Stätten, die von besonders historischem, künstlerischem oder wissenschaftlichem Wert sind, für die Menschheit zu erhalten. Dabei geht es nicht nur um Bauwerke oder gewisse Abschnitte in der Natur, sondern auch um den Erhalt gefährdeter Traditionen und Handwerke.

 

Hat Sie der Erhalt von Traditionen an Ihre und die Arbeit Ihrer Kolleginnen und Kollegen erinnert? 

Klein: Aber ja doch, ich habe sofort Parallelen erkennen können. Porsche Heritage und Museum hat genau dieses Mandat inne, sich um Traditionsarbeit und den Erhalt von Kulturgut zu kümmern.

 

Welche Ziele verfolgt das Erlebnisformat „Heritage Experience“?

Klein: Wir stellen nicht nur unsere Fahrzeuge, sondern auch die Schaffenskraft des Menschen in den Mittelpunkt. Im Fokus steht der Austausch über Traditionsarbeit – auf Augenhöhe. Im Rahmen unserer Gesamtstrategie „Mission Future Heritage“ – zu der weitere Bausteine in Zuffenhausen sowie auf der ganzen Welt gehören – ist die „Porsche Heritage Experience“ eine von zwei eigenen Fahrerlebnisformaten, die wir regelmäßig durchführen. In Ergänzung zur Reihe „Porsche Legends @“ treffen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Menschen, die ihr Wissen sowie ihre erlernten und gelebten Traditionen von Generation zu Generation weitergeben. Der Kernauftrag der Mission „Future Heritage“ ist es, eine Brücke ins Morgen zu schlagen, die Porsche Werte zu erhalten und modern zu interpretieren. Wir möchten Kultur, Identität und Tradition wortwörtlich erfahren.

 

Die erste Ausgabe der „Heritage Experience“ führte nach China, genauer gesagt in die Provinz Yunnan am Länderviereck China, Myanmar, Laos und Vietnam. Wie sind Sie darauf gekommen?

Klein: China ist eine Volksrepublik der Superlative. Dort unterwegs zu sein ist eine Reise durch spannende Gegensätze: Jahrtausende alte Traditionen treffen dort auf pulsierende Megametropolen, kaiserliche Tempel stehen neben modernsten Hochhäusern. Die Landschaft der Provinz Yunnan ist geprägt von einzigartigen Schönheiten, schneebedeckten Bergen, tiefen Schluchten, seltenen Pflanzen, Rapsfeldern und Reisterrassen. Von allen in China anerkannten Volksgruppen leben mehr als die Hälfte in Yunnan. Weltkultur- und -naturerbe erzählen ihre Geschichte von einer Sehnsuchtsregion. In Yunnan treffen verschiedenste ethnische Minderheiten aufeinander. Dort werden traditionelle Handwerke längst vergessener Zeiten gelebt, es existiert eine besonders hohe Dichte an UNESCO-geschützten Orten und Künsten.

 

Was hat Sie vor Ort am meisten beeindruckt?

Klein: Der Besuch der berühmten Reisterrassen war extrem beeindruckend. Dort haben wir gelernt, wie man solche Felder in traditioneller Weise bestellt und ihren Bestand über Jahrhunderte erhält. Zusammen mit den Einwohnern, den Hani, haben wir das symbiotische Zusammenwirken zwischen Mensch und Natur verstanden und waren Teil deren Alltags: So haben wir zum Beispiel die fürs Düngen der Reisfelder wichtigen Fische mit der Hand gefangen. Wir haben gelernt, dass die Hani kaum Schrift benutzen, Traditionen durch Gesang und Tanz weitergeben und als Bergvolk in ihrer Sprache das Wort Krieg nicht kennen. Wir durften ein Teil ihrer Gemeinschaft sein und erleben, wie stolz sie sind, die Hani-Kultur fortleben zu lassen.

 

Die zweite Ausgabe der „Porsche Heritage Experience“ führte die Teilnehmenden 2021 nach Hawaii. Was hat Sie dort erwartet und wie sind Sie auf die Aloha-Kultur gekommen?

Klein: Die Aloha-Kultur ist viel mehr als nur Blumen im Haar und freundliche Menschen. Die Wurzeln der hawaiianischen Kultur liegen mehr als 1.200 Jahre zurück. Die kulturelle Identität der Hawaiianer ist stark geprägt von der Geschichte der Seefahrer, von Religion und Glaube, von Wind und Wasser. Die Insulaner haben uns Einblicke in ihre Kultur und die Weitergabe von Traditionen durch Sprache, Tanz und Symbole gegeben. Eine ganz besondere Tradition alter hawaiianischer Aquakultur sind Fischteiche. Die Pflege und den Erhalt ihrer jahrhundertealten Aquakultur geben die Hawaiianer traditionell an die nachfolgenden Generationen weiter. Im Rahmen der „Porsche Heritage Experience“ ließen sie auch uns daran teilhaben.

 

Ziel der aktuellen „Porsche Heritage Experience“ ist Deutschland. Was hat Sie dazu bewogen, in der Heimat bleiben?

Klein: Es war für uns Ehrensache, im für uns so wichtigen Jubiläumsjahr im eigenen Land zu bleiben, um möglichst tiefe Einblicke in die Traditionsarbeit und den Kulturerhalt Deutschlands zu erhalten. Deshalb ist es unser Ziel im Jahr 2023, das Traditionsverständnis im eigenen Land vorzustellen.

 

Wie ist die Entscheidung dann auf die Region Rheinland-Pfalz gefallen?

Klein: Die Auswahl war kein Zufall, sondern folgt jedes Mal denselben Parametern: Der Dichte besonders starker Ausprägung von Kultur, Identität und Tradition. Viel Kultur ist in der Regel dort, wo viele Flüsse sind. Flüsse distribuieren Kultur, sind Transportwege für Waren, sie inspirieren Schöngeister. Rheinland-Pfalz trägt sogar den für das Bundesland wichtigsten Fluss im Namen: den Rhein, einen der wichtigsten Transportwege Europas. Gemeinsam mit Mosel, Saar und Lahn durchziehen vier große Bundeswasserstraßen das Bundesland. Für uns war schon das Grund genug, die Gegend samt ihrer Bräuche und Handwerke kennenzulernen.

 

Was erwartet die Teilnehmer der diesjährigen „Heritage Experience“?

Klein: Wir besuchen das Weinessiggut Doktorenhof, das Hambacher Schloss, den Speyerer Dom und sind im Kloster Hornbach untergebracht. Zwischen diesen vier Destinationen sind wir auf traumhaften Strecken unterwegs, die Routenführung orientiert sich zudem größtenteils an den Pilgerrouten des Jakobswegs. Wir tauschen uns mit den Pfälzer Experten des Kulturerhalts in verschiedenen Workshops zu deren Methoden und wissenschaftlichen Ansätzen aus und stellen diese unserer bei Porsche gelebten Traditionsarbeit gegenüber. Das Ziel ist hierbei stets, über den eigenen Tellerrand zu schauen, um von den Besten ihrer Zunft zu lernen. Dass uns dabei historische Sportwagen von einer zur anderen Kulturstätte begleiten, rundet das Kulturerlebnis gelungen ab.

Related Content