Das Training
Bei strahlendem Sonnenschein erzielten die amtierenden Weltmeister mit der Startnummer 1, Timo Bernhard (DE), Brendon Hartley (NZ) und Mark Webber (AU), die Tagesbestzeit von 1.58,012 Minuten im ersten von zwei 90-Minuten-Trainings. Romain Dumas (FR), Neel Jani (CH) und Marc Lieb (DE), die sich das Schwesterauto mit der Startnummer 2 teilen, fuhren die drittschnellste Runde des Tages (1.58,577 Minuten) auf der 7,004 Kilometer langen Strecke.
Neue Lichtanlage für den 919 Hybrid
Zum Le-Mans-Paket gehört eine neue Lichtanlage, die dem Porsche 919 Hybrid ein frisches Gesicht verleiht. Die Porsche-typische Vierpunktlicht-Optik bleibt im Tagfahrlicht natürlich erhalten. Jens Maurer, Leiter Systeme im Porsche Team, nennt die wichtigsten Parameter: „Wir konnten die Lichtleistung vor allem hinsichtlich der Seitenausleuchtung und Reichweite verbessern, haben fast 30 Prozent Gewicht eingespart, die Montage vereinfacht und die Kühlung optimiert.“
Die mit LEDs der Firma Osram bestückte Anlage verfügt über drei verschiedene Lichtfunktionen: Pencilbeam (Ultrafernlicht), Mainbeam (Hauptverteilung) und Sidebeam (seitliche Ausleuchtung). Zwölf LED- und Reflektorpaare pro Scheinwerfer sind aufgeteilt in sieben einzeln ansteuerbare Stränge für Fern- und Kurvenlicht, das Steuergerät ist integriert. Die seitliche Ausleuchtung entspricht in einem Winkel von 45 Grad einem guten Abblendlicht eines Straßenfahrzeugs. Die Lichthupe erfolgt als Umschaltung zwischen maximaler und abgeschwächter Ansteuerung der LEDs.
Zusätzlich verfügt jeder Scheinwerfer über 20 so genannte RGB-LEDs (RGB steht für die Ableitung aus dem Rot-Grün-Blau-Farbraum) zur farblichen Kennzeichnung der beiden Fahrzeuge. Der Porsche 919 Hybrid mit der Startnummer 1 leuchtet in Magenta, die Startnummer 2 ist an der blauen Farbe zu erkennen.
Die Anzahl der LEDs wurde gegenüber 2015 verdoppelt, dennoch wurden 1,1 Kilogramm pro Scheinwerfer eingespart. Der Scheinwerfer wird komplett einteilig montiert. Aufgrund der vorab optimal ausgerichteten Reflektorflächen entfällt die Feineinstellung im Fahrzeug. Die Kühlung erfolgt ausschließlich passiv über einen Kühlkanal, der vom Fahrtwind durchströmt wird.
Hintergrund
Fahrer lieben ihre Kurven, Fans begeistert die Atmosphäre, Ingenieure verzweifeln an ihrem Streckenprofil: die Rennstrecke von Spa-Francorchamps (BE). Das Sechsstundenrennen auf der spektakulären Naturrennstrecke gilt gemeinhin als Generalprobe für die 24 Stunden von Le Mans (18./19. Juni). Denn auch auf dem belgischen Kurs mit den langen Volllastpassagen wird mit wenig Abtrieb gefahren. Die aerodynamische Auslegung der Fahrzeuge spielt eine entscheidende Rolle und ist ein Zwitter zwischen den Auslegungen für Silverstone (hoher Anpressdruck) und Le Mans (minimaler Luftwiderstand).
Kurzer Rückblick: Beim Saisonauftakt in Silverstone hatte sich gezeigt, dass die Le-Mans-Prototypen der Klasse 1, zu denen der Porsche 919 Hybrid gehört, trotz acht Prozent weniger Kraftstoff pro Runde keineswegs langsamer geworden sind. Die schnellste Rennrunde (Neel Jani, 1.40,303 Minuten) lag gut eine halbe Sekunde unter der Bestmarke des Vorjahres (Audi, 1.40,836 Minuten) und sogar knapp zwei Sekunden unter der besten Porsche-Rundenzeit von 2015 (1.42,245 Minuten).
Das Porsche-Trio Romain Dumas (FR), Neel Jani (CH) und Marc Lieb (DE) reist als Tabellenführer in der Fahrer-Weltmeisterschaft nach Spa und will diese Position mindestens verteidigen, lieber noch ausbauen. Der Schwester-Porsche mit den amtierenden Weltmeistern Timo Bernhard (DE), Brendon Hartley (NZ) und Mark Webber (AU) war in England mit 45 Sekunden Vorsprung in Führung liegend durch einen Unfall ausgeschieden und will nun dringend aufholen.
Stimmen vor dem Rennen
Teamchef Andreas Seidl: „Wir haben hier in Spa erstmals an einem Rennwochenende unser Aerodynamikpaket für geringen Abtrieb im Einsatz. Es hat erwartungsgemäß funktioniert, aber wir haben dennoch einige Abstimmungsarbeit vor uns, weil wir insgesamt mit der Balance der Autos noch nicht zufrieden sind. Unsere Startnummer 1 hatte zwei reibungslose Trainings, für die Startnummer 2 war der Tag herausfordernd. Es gab mehrfach Probleme mit der FIA-Telemetrie und am Ende des ersten Trainings eine Warnung vom Hybridsystem, weshalb wir hier vorsichtshalber die Hochvolt-Batterie gewechselt haben. Grundsätzlich deuten die Rundenzeiten aber an, dass wir hier konkurrenzfähig sind, und auch der Dauerlauf war ermutigend.“
Zahlen und Fakten
Das Qualifying der LMP1-Fahrzeuge findet am Freitag von 16:40-17:05 Uhr statt. Das Sechsstundenrennen startet am Samstag um 14:30 Uhr.
Der TV-Sender Eurosport überträgt am Renntag von 19:00 – 20:45 Uhr live.
Das Live-Bild über die kompletten sechs Stunden inklusive Zeitnahme und zusätzlichen Informationen kann auch über die kostenpflichtige FIA WEC-App empfangen werden.
Die anspruchsvolle Rennstrecke von Spa-Francorchamps (Spitzname „Arden-nen-Achterbahn“) ist mit 7,004 Kilometern relativ lang, und die Volllastpassagen sind beträchtlich. Lange Bergauf-Abschnitte verlangen den Hybridantrieben alles ab, die Senke Eau Rouge flößt jedem Rennfahrer Ehrfurcht ein. Aufgrund der Streckenlänge kann es, wie in Le Mans, auch in Spa in einigen Streckenabschnitten regnen, während andere trocken bleiben.
2015 war es sowohl im Qualifying als auch im Rennen trocken. Die Sieger legten 176 Runden zurück.
Im Qualifying der WEC zählt die Durchschnittszeit der jeweils schnellsten Runden von zwei Fahrern für die Startposition. 2015 starteten drei Porsche 919 Hybrid von den ersten drei Plätze. Die Poleposition holten Bernhard/Hartley mit einer Durchschnittszeit von 1.54,767 Minuten.
Im Vorjahresrennen kamen Dumas/Jani/Lieb als Zweite ins Ziel. Bernhard/Hartley/Webber wurden durch eine Zeitstrafe und einen Defekt zurückgeworfen und belegten Platz drei. Die schnellste Rennrunde ging an Brendon Hartley (1.57,972 Minuten).
Nach einem von neun WM-Läufen 2016 führen Dumas/Jani/Lieb mit 25 Punkten in der Fahrerwertung. Bernhard/Hartley/Webber sind noch ohne Punkte. Im Klassement der Hersteller rangiert Porsche mit 25 Zählern auf Rang zwei hinter Toyota, dem einzigen Hersteller in der Topkategorie LMP1, der in Silverstone beide Autos ins Ziel brachte.
Der Porsche 919 Hybrid nutzt für eine 7,004 Kilometer lange Runde in Spa 6,37 Megajoule Energie aus Rückgewinnungssystemen und 71,2 Megajoule aus Kraftstoff – das entspricht 1,79 Kilogramm oder 2,47 Liter Benzin.
Betankung und Reifenwechsel dürfen in der WEC nur nacheinander durchgeführt werden. Beim Radwechsel dürfen nur zwei Mechaniker gleichzeitig arbeiten. Das dauert also viel länger als beispielsweise in der Formel 1.
Ein Fahrerwechsel wird normalerweise nur vorgenommen, wenn auch neue Reifen gebraucht werden.
Der Porsche 919 Hybrid hat eine Systemleistung von gut 900 PS. Knapp 500 PS leistet der Zweiliter-Vierzylinder-Turbo-Benziner, mehr als 400 PS steuert der von zwei Energierückgewinnungssystemen gespeiste E-Motor bei.
Die Sportwagen-Weltmeisterschaft WEC
In der Sportwagen-Weltmeisterschaft WEC (World Endurance Championship) starten Sportprototypen und GT-Fahrzeuge in vier Klassen: LMP1 (z.B. Porsche 919 Hybrid), LMP2, LMGTE-Pro (z.B. 911 RSR) und LMGTE-Am (z.B. 911 RSR). Sie fahren gemeinsam in einem Rennen, werden aber getrennt gewertet.
Die WEC-Saison 2016
17. April Silverstone/Großbritannien
07. Mai Spa-Francorchamps/Belgien
18./19. Juni 24 Stunden Le Mans/Frankreich
24. Juli Nürburgring/Deutschland
03. September Mexico City/Mexiko
17. September Austin/USA
16. Oktober Fuji/Japan
06. November Shanghai/China
19. November Sakhir/Bahrain