Bei konstant trockenen Streckenbedingungen und Lufttemperaturen um 20 Grad legten Mark Webber und seine Partner Brendon Hartley (NZ) und Timo Bernhard (DE) insgesamt 95 Runden zurück. Im ersten Training hatten die amtierenden Weltmeister Platz sechs belegt (1.26,097 Minuten).
Das Trio Romain Dumas (FR), Neel Jani (CH) und Marc Lieb (DE) verlor im ersten der beiden 90-minütigen Sitzungen fast eine Stunde durch einen Reparaturstopp und kam auf insgesamt 64 Runden. Auf der Installationsrunde am Morgen war ein Ölleck aufgetreten, weshalb das Getriebe für den Elektromotor an der Vorderachse gewechselt werden musste. Die WM-Führenden kamen in beiden 90-Minuten-Trainings auf Platz vier (1.25,962/1.25,078 Minuten).
Teamchef Andreas Seidl erklärte: „Danke an die Mechaniker-Crew unseres Nummer-2-Autos, die das vordere Getriebe in Rekordzeit gewechselt hat. Fest steht: Wir konnten in beiden Trainingssitzungen unser geplantes Programm größtenteils absolvieren. Dabei standen neben der Basisarbeit an der Abstimmung heute Dauerläufe der Reifen und der Test verschiedener Aerodynamik-Konfigurationen im Mittelpunkt. Wir haben beide 919 Hybrid kontinuierlich verbessert. Wie erwartet liegen alle sechs LMP1-Fahrzeuge sehr, sehr dicht beeinander, wir freuen uns auf ein erneut spannendes Rennwochenende. Jetzt analysieren wir die gesammelten Daten und versuchen, bis morgen einen weiteren Schritt zu machen.“
Hintergrund
Nach fünf Saisonsiegen – inklusive der 24 Stunden von Le Mans – führt Porsche in der Herstellerwertung mit 238 Punkten vor Audi (185) und Toyota (137). In der Fahrer-WM liegt das Trio Romain Dumas (FR), Neel Jani (CH) und Marc Lieb (DE) mit 130 Zählern an der Spitze. Sie haben 37,5 Punkte Vorsprung auf das beste Audi-Trio und einen halben Punkt mehr auf den besten Toyota. Unter besonderen Umständen wäre sogar ein vorzeitiger Titelgewinn in Japan möglich. Für einen Sieg gibt es 25 Punkte – diesen Jackpot holte sich zuletzt die Besatzung des Schwester-Porsche drei Mal in Folge. Dadurch haben sich Timo Bernhard (DE), Brendon Hartley (NZ) und Mark Webber (AU) auf den vierten Tabellenplatz (78,5 Punkte) nach vorne geschoben.
Der Speedway am Fuße des malerischen Vulkans ist bezüglich der Fahrzeugabstimmung sehr anspruchsvoll. Die mit 1500 Metern ausgesprochen lange Gerade verlangt geringen Luftwiderstand; in den 16 teilweise sehr engen Kurven der nur 4,549 Kilometer langen Rennstrecke ist hingegen Anpressdruck gefordert. Die aerodynamischen Anpassungen sind in der WEC limitiert. Die Feinabstimmung zur Streckenanpassung ist diffizil und der Wettbewerb in der Topkategorie der Le-Mans-Prototypen der Klasse 1 derart eng, dass kleinste Vor- oder Nachteile über den Gesamtsieg entscheiden.
Enzinger: „Die Leistungsdichte an der Spitze ist atemraubend“
Der in Weissach entwickelte Porsche 919 Hybrid bringt es auf eine Systemleistung von gut 662 kW (900 PS). Sein Verbrennungsmotor ist ein wegweisendes Downsizing-Triebwerk: Als kompakter Zweiliter-Vierzylinder treibt der aufgeladene Benziner die Hinterachse mit knapp 368 kW (500 PS) an. Zwei unterschiedliche Energierückgewinnungssysteme – Bremsenergie von der Vorderachse und Abgasenergie – speisen über eine Lithium-Ionen-Batterie einen Elektromotor, der auf Abruf die Vorderachse mit zusätzlich über 294 kW (400 PS) antreibt.
„Die Leistungsdichte an der Spitze ist atemraubend“, sagt Fritz Enzinger, Leiter LMP1. „Auch beim zurückliegenden Rennen in Austin waren alle drei engagierten Werke bei der Siegerehrung vertreten. Rahmenbedingungen wie sich ändernde Asphalttemperaturen führen zu entscheidenden Performance-Unterschieden. Das Risiko bei Überrundungsmanövern der schnellen Prototypen versus GT-Rennwagen ist allgegenwärtig. Angesichts der Punktestände liegen wir gut auf Kurs, um unsere beiden WM-Titel zu verteidigen. Aber in den verbleibenden 18 Rennstunden kann alles passieren.“
Hohes Abtriebsniveau des Porsche 919 Hybrid
Teamchef Andreas Seidl ergänzt: „Generell sollte uns in Fuji helfen, dass es dort nicht so heiß sein wird wie zuletzt in Texas. Auch in den anspruchsvollen Kurvenpassagen dürfte der 919 dank seines recht hohen Abtriebsniveaus stark sein. Beim Vorjahresrennen in Japan hat es lange und heftig geregnet. Das kann uns zu dieser Jahreszeit wieder blühen, aber unsere Mannschaft hat gezeigt, dass sie auch mit schwierigen Situationen umgehen kann.“
Zahlen und Fakten
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2015 sicherten sich Bernhard/Webber (1.22,763 Minuten) und Dumas/Lieb (1.23,071 Minuten) die erste Startreihe. Im Qualifying der WEC zählt die Durchschnittszeit der jeweils schnellsten Runden von zwei Fahrern für die Startposition.
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Bernhard/Hartley/Webber gewannen das Vorjahresrennen vor Dumas/Jani/Lieb.
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Das Effizienzreglement der WEC begrenzt die Energiemenge, die der 919 pro Runde einsetzen darf. In Fuji sind es 4,15 Megajoule elektrische Energie aus den Rückgewinnungssystemen und 1,169 Kilogramm bzw. 1,559 Liter Benzin.
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Bei normalem Rennbetrieb (ohne Safety-Car-Phase) muss der Porsche 919 Hybrid spätestens alle 38 Runden tanken.
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Betankung und Reifenwechsel dürfen nur nacheinander durchgeführt werden. Beim Radwechsel dürfen nur vier Mechaniker gleichzeitig arbeiten, und es darf nur ein Schlagschrauber eingesetzt werden. Der Boxenstopp dauert also viel länger als etwa in der Formel 1.
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Ein Fahrerwechsel wird normalerweise nur vorgenommen, wenn auch neue Reifen gebraucht werden.
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Ein Satz Michelin-Trockenreifen sollte idealerweise zwei Tankfüllungen halten.
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Die Reifenauswahl umfasst drei unterschiedlich harte Mischungen Slicks für trockene Strecke, einen ebenfalls profillosen Hybrid-Reifen mit weicherer Lauffläche für gemischte Bedingungen sowie Regenreifen. Es stehen 6,5 Sätze Trockenreifen pro Fahrzeug für Qualifying und Rennen zur Verfügung.
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Eine Runde auf dem Fuji International Speedway ist 4,549 Kilometer lang und hat 16 Kurven – zehn Rechts- und sechs Linkskurven.
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Die Rennstrecke wurde 2005 sicherheitsrelevant modernisiert und war 2007 und 2008 auch wieder Austragungsort von Formel-1-Rennen.
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Von 1982 bis 1988 hatte die Sportwagen-WM einen Lauf in Fuji. 1983 fuhr Stefan Bellof in einem Porsche 956 die schnellste dort je gemessene Runde in 1:10.02 Minuten – allerdings auf dem alten Kurs, der nur 4.360 km lang war.
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2015 wurde das WEC-Rennen wegen Regens hinter dem Safety Car gestartet.
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2014 war es trocken geblieben, aber das Wetter ist in den japanischen Alpen um diese Jahreszeit oft unbeständig. Es kann zu Starkregen kommen wie 2013, als das WEC-Rennen gar nicht ausgetragen werden konnte. Legendär ist der Regenguss beim Formel-1-Rennen von 1976, der Niki Lauda aufgeben ließ, wodurch James Hunt Weltmeister wurde.
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Der Mount Fuji ist ein nicht erloschener Vulkan (letzte Eruption 1707) und mit 3.776 Metern der höchste Berg Japans. Er gilt als heilig.
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Die Rennstrecke liegt rund 100 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Tokio auf der japanischen Hauptinsel Honshu.
Stimmen vom ersten Trainingstag
Fahrer Porsche 919 Hybrid Startnummer 1
Timo Bernhard (35, Bruchmühlbach-Miesau): „Für uns lief heute alles glatt. Ich bin zwar nicht sehr viel gefahren, aber ich genieße jede Runde auf dem Fuji Speedway; er ist schön und technisch anspruchsvoll.“
Brendon Hartley (26, Neuseeland): „Mark fuhr eine klasse Qualifying-Simulation und brachte uns damit an die Spitze der Zeitenliste. Ich bin dann mehr als ein Rennintervall gefahren, wir haben also eine Menge Runden mit demselben Reifensatz absolviert. Das sah recht vielversprechend aus, es war auf jeden Fall ein guter Tag für uns.“
Mark Webber (40, Australien): „Das waren heute herrliche Streckenbedingungen für uns alle. Die Konkurrenzsituation mit Toyota und Audi ist eng. Ich bin am Nachmittag eine Qualifying-Simulation gefahren, das hat funktioniert. Diese Rundenzeit sieht gut aus, aber bei den Dauerläufen wird es knapper für uns. Wir werden morgen noch ein paar Punkte abarbeiten, dann rechne ich mit einem sehr spannenden Qualifying.“
Fahrer Porsche 919 Hybrid Startnummer 2
Romain Dumas (38, Frankreich): „Ich war am Nachmittag zum ersten Mal an der Reihe, das Auto fühlte sich sofort gut an. Meine erste Runde fuhr ich in einer Minute 26 Sekunden. Danach absolvierte ich mit den gebrauchten Reifen einen Dauerlauf. Alles in allem sieht es nach dem ersten Tag gut aus.“
Neel Jani (32, Schweiz): „Die Zeit aus dem ersten Training fehlt uns natürlich. Wir konnten unser Programm nicht wie geplant abarbeiten, aber wir versuchen aufzuholen. Ich denke, bis morgen sind wir sortiert.“
Marc Lieb (36, Ludwigsburg): „Es war nicht ganz einfach heute, weil wir im ersten Training Zeit verloren haben. Im zweiten haben wir dann etwas probiert, und das geht auch in die richtige Richtung. Unser Auto ist im letzten Sektor stark. Die Kurvengeschwindigkeiten sind in Ordnung. Auf der sehr langen Geraden haben wir noch ein bisschen das Nachsehen, und an der Balance wollen wir noch arbeiten. Es gibt hier sehr viele Verschiebungen durch unterschiedliche Kurvenradien, da müssen wir das richtige Mittel finden.“
Info
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Das Sechsstundenrennen auf dem Fuji International Speedway ist der siebte von neun Läufen zur FIA WEC 2016 und startet am 16. Oktober um 11:00 Ortszeit (04:00 Uhr in Deutschland). Das Qualifying der LMP1-Fahrzeuge findet am Samstag von 14:30 bis 14:50 Uhr Ortszeit statt.
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Eurosport 1 überträgt das Rennen komplett live und bietet obendrein einen kostenlosen und englisch kommentierten Live-Stream des gesamten Rennens online.
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Die offizielle FIA WEC App ist in der Basis kostenlos und bietet gegen Gebühr ebenfalls einen Live-Stream des kompletten Rennens. Live-Features wie Onboard-Kameras, Zeitnahme und GPS-Verfolgung sind außerdem in der kostenlosen Porsche Motorsport App sowie auf porsche.com/fiawec integriert.