Das war nichts für schwache Nerven. Bis kurz vor dem Ziel tobte beim Sechsstundenrennen in Watkins Glen am Sonntag der Kampf um den Sieg in der Klasse GTLM. Der neue Porsche 911 RSR mit der Startnummer 912 lag nur Sekunden hinter dem Spitzenreiter aussichtsreich auf dem dritten Platz. Doch dann überschlugen sich beim fünften Saisonrennen der IMSA SportsCar Championship die Ereignisse. Anstatt einen letzten Angriff auf die Spitze starten zu können, musste Gianmaria Bruni wegen eines Reifendefekts die Box ansteuern. Der Italiener hätte sein Debüt als Porsche-Werksfahrer mit einem Podium krönen können – so blieb für ihn und seinen Teamkollegen Laurens Vanthoor (Belgien) am Ende der sechste Platz. Im zweiten vom Porsche GT Team eingesetzten 911 RSR mit der Startnummer 911 kamen Patrick Pilet (Frankreich) und Dirk Werner (Würzburg) als Siebte ins Ziel. Wie hart die Klasse GTLM auch in Watkins Glen wieder umkämpft war, zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass sieben der acht Starter mindestens einmal in Führung lagen.
911 RSR mit der Startnummer 911 war nach der Hälfte der Distanz Zweiter
Das Rennen auf dem 5,472 Kilometer langen Traditionskurs Watkins Glen International im US-Bundesstaat New York lief lange gut für die Startnummer 911. Nach der ersten Rennstunde hatte sich der als Fünfter gestartete Patrick Pilet bei Temperaturen von bis zu 30 Grad Celsius auf den dritten Platz vorgekämpft. Einige Runden später war er schon Zweiter. Auf dieser Position übergab er den 911 RSR an seinen Teamkollegen Dirk Werner. Der Würzburger lag in dem spannenden und dramatischen Sportwagenklassiker, in dem das Starterfeld durch zahlreiche Gelbphasen immer wieder zusammengeführt wurde, auch nach der Hälfte der Distanz noch auf dieser Position. Doch dann passierte es: In der Schikane drehte er sich von der Strecke und beschädigte dabei seinen linken Hinterreifen. In der an dieser Stelle großzügig bemessenen Auslaufzone konnte er seinen 911 RSR zwar abfangen und die Box anlaufen – trotzdem verlor er eine Runde und damit auch jede Hoffnung auf einen Spitzenplatz.
Im zweiten 911 RSR übernahm Laurens Vanthoor den Start, bevor er das Cockpit beim ersten Boxenstopp nach 34 Runden für Gianmaria Bruni räumte. Der neue Porsche-Werksfahrer absolvierte seine ersten Rennrunden mit dem 911 RSR und konnte bis auf den vierten Platz nach vorne fahren. Noch besser lief es danach für Laurens Vanthoor: Nach vier Stunden ging der Belgier erstmals in Führung. Der einige Runden später fällige Boxenstopp warf die Startnummer 912 zunächst auf den vierten Platz zurück, doch Gianmaria Bruni fuhr in seinem zweiten Stint als Dritter schon bald wieder auf Podiumskurs. Zwei Runden vor dem Ziel war das Spitzentrio nur durch wenige Sekunden getrennt. Doch bevor er noch einmal seine Chance suchen und angreifen konnte, wurde der Italiener von einem Reifenschaden ausgebremst.
Stimmen zum Rennen
Marco Ujhasi, Gesamtprojektleiter GT Werksmotorsport: „Der 911 RSR war für das Rennen sehr gut abgestimmt. Wir haben auf heiße Temperaturen gesetzt, und das hat super funktioniert. Heute waren wir absolut wettbewerbsfähig. Doch dann haben wir als Team Fehler gemacht und hatten auch noch Pech mit Reifenschäden. Da kann man nicht viel machen, doch in der Summe war das einfach zuviel, um gegen so starke Konkurrenz ein so schwieriges Rennen gewinnen zu können. Die Pace war da, daran lag’s heute nicht. Darauf werden wir aufbauen und in einer Woche in Kanada wieder angreifen.“
Patrick Pilet (911 RSR #911): „Das war nicht unser Wochenende. Wir lagen an zweiter Stelle, als uns der Reifenschaden das Rennen gekostet hat. Die verlorene Runde war nicht aufzuholen. Vielleicht hätten wir eine Chance gehabt, wenn es zum Schluss richtig geregnet hätte. Trotzdem schauen wir nach vorne, denn die Pace hat gestimmt. In einer Woche fahren wir in Kanada. Diese Strecke passt sehr gut für den 911 RSR, das haben wir beim Testen gesehen.“
Dirk Werner (911 RSR #911): „Ich habe mich in der Schikane gedreht, danach war der linke Hinterreifen defekt. Schade, dass dieses Rennen so für uns zu Ende ging. Das war sehr unglücklich. Der 911 RSR hat heute sehr gut funktioniert und das Team hat wie immer hart gearbeitet, um uns zu unterstützen. Alle hätten ein besseres Resultat verdient gehabt.“
Laurens Vanthoor (911 RSR #912): „Eigentlich hätten wir zum Schluss um den Sieg kämpfen müssen. Der 911 RSR hatte die nötige Pace. Doch dann ist plötzlich alles gegen uns gelaufen. Jetzt versuchen wir, es in Kanada besser zu machen.“
Gianmaria Bruni (911 RSR #912): „Ich bin enttäuscht und glücklich zugleich. Enttäuscht, weil wir viel Pech hatten und trotz einer guten Leistung nicht das Resultat holen konnten, das wir verdient gehabt hätten. Glücklich bin ich, weil wir heute zeigen konnten, was für ein großes Potenzial wir als Team haben. Schade, dass uns zwei Reifenschäden und eine Durchfahrtstrafe das fast schon sichere Podium gekostet haben. Ich habe ein GTD-Auto überholt, als plötzlich die gelbe Flagge gezeigt wurde. Doch da war ich schon vorbei. Ich habe mich zwar gleich wieder zurückfallen lassen, doch die Rennleitung blieb hart. Das war heute mein erstes Rennen für Porsche und mein erstes nach acht Monaten Pause. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich dieses Gefühl vermisst habe.“
Rennergebnis
Klasse GTLM
1. Auberlen/Sims (USA/GB), BMW M6, 192 Runden
2. Westbrook/Briscoe (GB/USA), Ford GT, 192
3. Garcia/Magnussen (E/DK), Corvette, 192
4. Hand/Müller (USA/D), Ford GT, 192
5. Gavin/Milner (GB/USA), Corvette, 192
6. Vanthoor/Bruni (B/I), Porsche 911 RSR, 192
7. Pilet/Werner (F/D), Porsche 911 RSR, 191
8. Edwards/Tomczyk (USA/D), BMW M6, 161
Klasse GTD
1. Lally/Legge (USA/GB), Acura NSX, 187 Runden
2. Balzan/Nielsen/Cressoni (I/DK/I), Ferrerari 488, 187
3. Klingmann/Marks (D/USA), BMW M6, 187
7. Christensen/Morad/de Quesada (F/CAN/USA), Porsche 911 GT3 R, 187
8. Lindsey/McMurray (USA/USA), Porsche 911 GT3 R, 187
13. Bennett/Braun/Jonsson (USA/USA/S), Porsche 911 GT3 R, 186
Punktestand Klasse GTLM nach 5 von 11 Rennen
Fahrer
1. Garcia, Magnussen, Chevrolet, 154 Punkte
2. Müller, Hand, Ford, 145
3. Auberlen, Sims, BMW, 144
4. Westbrook, Briscoe, Ford, 139
5. Pilet, Werner, Porsche, 134
6. Gavin, Milner, Chevrolet, 128
7. Vanthoor, Porsche, 126
8. Edwards, Tomczyk, BMW, 119
9. Fisichella, Vilander, Ferrari, 104
Hersteller
1. Chevrolet 163 Punkte
2. Ford 159
3. BMW 149
4. Porsche 146
5. Ferrari 112
Teams
1. #3 Corvette Racing, 154 Punkte
2. #66 Ford Chip Ganassi Racing, 146
3. #25 BMW Team RLL, 144
4. #67 Ford Chip Ganassi Racing, 139
5. #911 Porsche GT Team, 134
6. #4 Corvette Racing, 128
7. #912 Porsche GT Team, 126
8. #24 BMW Team RLL, 119
9. #62 Risi Competizione, 104
10. #68 Ford Chip Ganassi Racing, 50
Das ist die IMSA SportsCar Championship
Die IMSA SportsCar Championship ist eine Sportwagenrennserie, die seit 2014 in den USA und Kanada ausgetragen wird. Sie ist aus dem Zusammenschluss der American Le Mans Series und der Grand-Am Series entstanden. Sportprototypen und Sportwagen starten dabei in vier verschiedenen Klassen: GTLM (GT Le Mans), GTD (GT Daytona), P (Prototype) und PC (Prototype Challenge). Der Porsche 911 RSR fährt in der Klasse GTLM, der neue Porsche 911 GT3 R in der Klasse GTD.
Info
Der sechste Lauf der IMSA SportsCar Championship wird am 9. Juli im Canadian Tire Motorsport Park in Bowmanville/Kanada ausgetragen.