Als das Rennen um den FIA GT World Cup in Macau abgebrochen und nicht mehr neu gestartet wurde, lag der Neuseeländer Earl Bamber im Porsche 911 GT3 R an der Spitze. Doch der prestigeträchtige Sieg auf dem legendären Stadtkurs in der einstigen portugiesischen Kolonie wurde von der Rennleitung dem Belgier Laurens Vanthoor zuerkannt – ausgerechnet dem Fahrer, der zuvor von dem Porsche in einem sensationellen Manöver überholt worden war und durch seinen schweren Unfall für den Rennabbruch gesorgt hatte. Der zweite Platz ging an Kévin Estre (Frankreich) im zweiten 911 GT3 R. Earl Bamber, nach dem Start mit einer Fünf-Sekunden-Strafe belegt, wurde nur als Vierter gewertet.
Die Verwirrung war groß bei den Zuschauern auf den vollbesetzten Tribünen entlang der 6,115 Kilometer langen Strecke. Sie waren gekommen, um das spektakulärste Stadtrennen der Welt zu erleben. Doch die faszinierenden Sportwagen der sieben Automobilhersteller am Start absolvierten nur wenige Runden im Renntempo, warteten die meiste Zeit in der Boxengasse. Und dann wurde auch noch das Auto zum Sieger erklärt, das das Rennen auf dem Dach über die Strecke rutschend beendete. Für zusätzliche Verwirrung unter den Fans sorgte das Rätselraten darüber, wer nun eigentlich gewonnen hat.
Earl Bamber lag vor dem endgültigen Rennabbruch vorne
Klar war zu diesem Zeitpunkt nur, wer vor dem endgültigen Rennabbruch vorne lag – das war Earl Bamber. Mit dem Kundensportrenner, der in Weissach für die weltweiten GT3-Serien auf Basis des Seriensportwagens 911 GT3 RS konstruiert wurde, war er als Zweiter des Qualifikationsrennens aus der ersten Reihe gestartet. Doch schon nach vier Runden wurde das Rennen um den FIA GT World Cup wegen eines Unfalls erstmals unterbrochen. Als es nach der Reparatur der beschädigten Leitplanken fortgesetzt wurden, standen wegen der langen Pause nur noch gut 15 Minunten auf der Uhr.
Beim Re-Start ging Earl Bamber mit einem bravourösen Überholmanöver an dem führenden Laurens Vanthoor vorbei, der seinen Audi nach einem Fahrfehler kurz darauf aufs Dach legte. Kévin Estre war dadurch Zweiter. Das Rennen musste erneut unterbrochen werden. Als die Fahrer in der Boxengasse und die Fans auf den Tribünen darauf warteten, dass es fortgesetzt wird, verkündete die Rennleitung den endgültigen Abbruch. Für das Rennergebnis wurde dem Reglement entsprechend der Stand eine Runde vor Abbruch herangezogen.
Stimmen zum Qualifikationsrennen
Dr. Frank-Steffen Walliser, Porsche-Motorsportchef: „Dieses Rennen wird keiner so schnell vergessen. Auf der Strecke haben wir ein eindeutiges Ergebnis gesehen. Earl hat sich mit einem sensationellen Überholmanöver den ersten Platz erkämpft, alles lief sauber ab, es gab keine Berührung der Autos. Der Unfall des Audi hat dann leider zum Abbruch geführt. Unsere Fahrer und das Team haben in Macau eine extrem starke Leistung gezeigt, sind aber nicht mit dem verdienten Ergebnis dafür belohnt worden. Wir sind die Sieger der Herzen, was in so einem bitteren Moment allerdings nur ein schwacher Trost ist.“
Earl Bamber (911 GT3 R #911): „Wir sind ein faires Rennen gefahren und wurden trotzdem bestraft. Das verstehe ich nicht. Wir hätten den Sieg verdient gehabt.“
Kévin Estre (911 GT3 R #912): „Ich habe mich auf ein spannendes Rennen gefreut und mir gute Chancen ausgerechnet. Unser 911 GT3 R war perfekt abgestimmt. Leider ist es anders gekommen. Schade, dass wir den enthusiastischen Fans keine bessere Show bieten konnten. Ich hoffe, dass ich irgendwann nach Macau zurückkommen und um den Sieg kämpfen kann.“
Rennergebnis FIA GT World Cup
1. Laurens Vanthoor (B), Audi R8, 12:21,870 Minuten
2. Kévin Estre (F), Porsche 911 GT3 R, + 3,500 Sekunden
3. Maro Engel (D), Mercedes GT3, + 5,605
4. Earl Bamber (NZ), Porsche 911 GT3 R, + 6,878
5. Adderly Fong (HK), Bentley, + 7,365
6. Renger van der Zande (NL), Mercedes GT3, + 10,492
7. Nicky Catsburg (NL), BMW M6, + 12,508
8. Fabian Plentz (D), Audi R8, + 14,486
Das Rennen
Das Rennen in der 65 Kilometer westlich von Hongkong gelegenen ehemaligen portugiesischen Kolonie ist eine der weltweit spektakulärsten Motorsportveranstaltungen. Die 6,115 Kilometer lange Strecke, eine Kombination aus schnellen Geraden und sehr engen Kurven, stellt höchste Anforderungen an die Piloten. Das erste Autorennen in Macau wurde 1954 ausgetragen. Dank Tourismus und Glücksspiel hat sich Macau, das 1999 an China fiel, zu einer der reichsten Regionen der Welt entwickelt.
Die Porsche-Fahrer
Der Neuseeländer Earl Bamber, mit Porsche Le-Mans-Gesamtsieger 2015, fühlt sich auf den Rennstrecken in Asien wie zu Hause. 2013 und 2014 hat er den Carrera Cup Asia gewonnen, er lebte lange in Kuala Lumpur und wohnt jetzt in Peking. In Macau war er 2013 zum ersten Mal am Start. Sein Werksfahrerkollege Kévin Estre (Frankreich) gewann 2013 den Porsche Carrera Cup Deutschland und feierte 2015 seine Macau-Premiere. In dieser Saison holte er mit dem 911 GT3 R vier Rennsiege beim ADAC GT Masters.
Der Porsche 911 GT3 R
Der Kundensportrenner wurde in Weissach für die weltweiten GT3-Serien auf Basis des Seriensportwagens 911 GT3 RS konstruiert und absolviert 2016 seine erste Rennsaison. Bei der Entwicklung des 911 GT3 R haben die Ingenieure besonderes Augenmerk auf konsequenten Leichtbau, bessere aerodynamische Effizienz, eine Reduzierung des Verbrauchs sowie eine bessere Fahrbarkeit gelegt. Sein erster Renneinsatz mit dem neuen hochmodernen Vierliter-Sechszylinder-Boxermotor mit Direkteinspritzung war im Januar 2016 das 24-Stunden-Rennen in Daytona. In seiner Premierensaison feierte der 911 GT3 R Erfolge in zahlreichen internationalen Rennserien, etwa in der IMSA SportsCar Championship, der World Challenge sowie in der VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring auf der anspruchsvollen Nordschleife.
Info
Der letzte Werkseinsatz für den Porsche 911 GT3 R in dieser Saison ist am 10. Dezember das Zwölfstundenrennen in Sepang/Malaysia.
Verbrauchsangaben
911 GT3 RS: Kraftstoffverbrauch kombiniert*: 12,7 l/100 km; CO2-Emission kombiniert*: 296 g/km